Radfahren ohne Helm: weniger Schmerzensgeld?
Wer keinen Helm trägt, verstößt nicht gegen geltendes Recht, sondern nimmt freiwillig ein größeres Risiko auf sich. In einem Gerichtsprozess ging es darum, ob dieses risikoreichere Verhalten im Falle eines Unfalls Folgen für den Schadensersatz hat.

Radfahren ohne Helm: weniger Schmerzensgeld?

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Wer keinen Helm trägt, verstößt nicht gegen geltendes Recht, sondern nimmt freiwillig ein größeres Risiko auf sich. In einem Gerichtsprozess ging es darum, ob dieses risikoreichere Verhalten im Falle eines Unfalls Folgen für den Schadensersatz hat.

Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) befand am 20.8.2020: So außerordentlich gefährlich ist Fahrradfahren zumindest im Alltag auch wieder nicht (Az. 13 U 1187/20). Ergo: Trotz des Helmverzichts mindert sich der Schadensersatz im Falle eines Unfalls nicht.

Wie der Verkehrsunfall ablief, war völlig unstrittig. Ein Autofahrer hatte einer Radfahrerin bei bester Sicht tagsüber im Bereich einer Kreuzung die Vorfahrt genommen.

Die Schuldfrage war damit geklärt. Strittig war die Höhe des Schadensersatzes für die Radlerin, die gestürzt war und dabei schwere Kopfverletzungen erlitten hatte.

Die Versicherung des Vorfahrtnehmers meinte, die Verletzungen seien deshalb so schwerwiegend ausgefallen, weil die Betroffene keinen Helm trug. Sie trage deshalb zwar nicht am Unfall, jedoch an dessen Folgen eine Mitschuld, mithin müsse der Schadensersatz entsprechend gekürzt werden.

Helmverzicht macht nicht mitschuldig

Das OLG wies diese Argumentation genau wie die Vorinstanz zurück. Dabei verwies das Gericht zum einen darauf, dass ein solcher Ansatz dazu führen würde, dass "bei jeder Tätigkeit mit ähnlichem oder höherem Kopfverletzungsrisiko ein Mitverschulden bejaht werden (müsste), wenn der durch einen Sturz Geschädigte keinen Helm getragen hätte. Dies würde dann beispielsweise auch für das Besteigen von Haushaltsleitern gelten".

Derzeit gelte noch immer: "Zumindest im Alltagsradverkehr begründet das Nichttragen eines Helms nach wie vor kein Mitverschulden des verletzten Radfahrers".

Das könne sich allerdings – so deutet das Gericht an – ändern, wenn sich das allgemeine Verkehrsbewusstsein dahin gehend ändere, dass "das Tragen eines Helms beim Fahrradfahren zum eigenen Schutz erforderlich ist". Davon könne allerdings derzeit keine Rede sein. 

Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang auf eigene Erhebungen, nach denen zuletzt in der Nürnberger Innenstadt lediglich 21,46 % der Radfahrer einen Helm getragen hätten.

(MS)

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