Wann liegt eine Betriebsstätte vor?
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Die Antwort auf diese Frage ist finanziell entscheidend, da für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nur die Entfernungspauschale angesetzt werden darf. Für Fahrten zu anderen Arbeitsorten können hingegen die tatsächlich entstandenen Kosten als Betriebsausgaben abgesetzt werden.
Bei einer weiter entfernten Betriebsstätte kann im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nur eine wöchentliche Familienheimfahrt mit der Entfernungspauschale berücksichtigt werden. Tätigkeiten außerhalb einer Betriebsstätte ermöglichen neben den Übernachtungskosten auch den Ansatz der Fahrtkosten in tatsächlicher Höhe. Zusätzlich stehen für Tätigkeiten außerhalb der Wohnung und der Betriebsstätte Verpflegungsmehraufwendungen zu.
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat sich kürzlich mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen ein Selbstständiger bei einem Kunden eine Betriebsstätte haben kann (Urteil vom 19.6.2024, Az.1 K 1219/21).
Ein selbstständiger IT-Berater hatte von 2016 bis 2018 nur einen Auftraggeber. Der Beratervertrag wurde immer wieder verlängert. Der Berater durfte in den Geschäftsräumen des Kunden arbeiten, wenn es für seine Projekte nötig war. Diese Geschäftsräume waren über 300 km von seiner Wohnung entfernt, daher wurde eine möblierte Wohnung in der Nähe des Kunden angemietet.
Das Finanzamt erkannte die Verpflegungsmehraufwendungen nur für die ersten drei Monate an und behandelte die Fahrten zwischen der Heimatwohnung und dem Sitz des Auftraggebers als Familienheimfahrten. Es argumentierte, dass jede dauerhafte Tätigkeitsstätte eines Selbstständigen, die von der Wohnung getrennt ist, als Betriebsstätte gilt. Da der Berater diese Betriebsstätte dauerhaft aufsuchte, wurde sie als »erste Betriebsstätte« eingestuft. Die Folge: Die Fahrten konnten nur mit der Entfernungspauschale von damals 0,30 Euro/km abgesetzt werden.
Das Finanzgericht bestätigte dies, allerdings mit einer anderen Begründung. Der Firmensitz des Kunden sei eine ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung, die der Berater regelmäßig aufsuchte. Damit seien die Voraussetzungen einer Betriebsstätte erfüllt.
Es stellte jedoch klar, dass die Voraussetzungen einer »ersten Tätigkeitsstätte« nicht erfüllt seien. Dieser Begriff, der seit 2014 für den Werbungskostenabzug bei Arbeitnehmern gilt, setzt eine Zuordnung zur ersten Tätigkeitsstätte voraus. Da der Berater frei entscheiden konnte, wo er arbeitet, und keine festen Arbeitszeiten hatte, fehlte es an dieser Zuordnung.
Ob diese Regelung auch für Selbstständige gilt, muss nun der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen und klargestellt, dass das häusliche Arbeitszimmer keine Betriebsstätte ist.
Wenn das Finanzamt eine Betriebsstätte bei einem Auftraggeber annimmt und die Betriebsausgaben kürzt, sollte Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid eingelegt und auf das anhängige BFH-Verfahren (Az. VIII R 15/24) verwiesen werden. Der Bescheid ruht dann, bis die Richter über die neuen Voraussetzungen einer Betriebsstätte entschieden haben.
(LBW, MB)