Auch wenn "freie Mitarbeit" vereinbart ist, kann eine abhängige Beschäftigung vorliegen!
Freie oder abhängige Beschäftigung - das sieht man nicht immer auf den ersten Blick.

Auch wenn "freie Mitarbeit" vereinbart ist, kann eine abhängige Beschäftigung vorliegen!

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In der Praxis gibt es oft Zweifel, ob es sich im Einzelfall um einen freien Mitarbeiter oder um einen Arbeitnehmer handelt. Ein aktuelles Urteil dazu kommt vom Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg.

Was ist ein »freier Mitarbeiter«?

Im Gesetz kommt der Begriff »freie Mitarbeit« nicht vor. Im Allgemeinen versteht man darunter einen Selbstständigen, der auf Basis eines Dienstvertrags oder Werkvertrags für einen anderen Unternehmer tätig ist. Im Rahmen einer freien Mitarbeit können die unterschiedlichsten Tätigkeiten ausgeübt werden. Die Palette reicht vom Dozenten oder Ingenieur bis hin zum Subunternehmer im Handwerk, Reinigungs- oder Baugewerbe.

Am anderen Ende der Skala stehen Arbeitnehmer, in der Sozialversicherung auch nichtselbstständige Beschäftigte genannt, die für ein festes Gehalt oder auf Stundenlohnbasis arbeiten und für die der Arbeitgeber gewöhnlich Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abführen muss.

Bei der Abgrenzung zwischen »frei« und »abhängig« gibt es in der Praxis oft Zweifel, ob es sich im Einzelfall um einen freien Mitarbeiter oder um einen Arbeitnehmer handelt. Denn viele Auftragsverhältnisse enthalten sowohl Elemente, die typisch sind für eine freie Mitarbeit, als auch solche Elemente, die typisch sind für ein Arbeitsverhältnis.

Freier Mitarbeiter: Kriterien der Scheinselbstständigkeit

Selbstständige tun gut daran, das Thema »freie Mitarbeit« aus zwei Perspektiven zu betrachten: Zum einen sollten sie den Status »freier Mitarbeiter« für sich selbst klären und herausfinden, ob sie tatsächlich die Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit erfüllen. Oft ist daran sogar die Auftragsvergabe gekoppelt.

Und zum anderen beschäftigen viele Selbstständige ihrerseits freie Mitarbeiter. Und dann ist es aufgrund der damit einhergehenden finanziellen Risiken äußerst wichtig, dass der Status »freier Mitarbeiter« möglichst früh eindeutig geklärt wird.

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Urteil des LSG Baden-Württemberg

Das LSG-Baden-Württemberg beschäftigte sich mit der Tätigkeit einer Koordinatorin eines Jazzclubs, die in die Organisation und den Betrieb des Clubs eingegliedert war und kein wesentliches eigenes Unternehmerrisiko trug.

Dabei, so die Richter, handelt es sich um eine abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung – auch wenn vertraglich eine freie Mitarbeit vereinbart wurde (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.3. 2023, Az. L 4 BA 2739/20).

Kriterien für eine freie Mitarbeit

Relevant für die Abgrenzung von freier Mitarbeit und einer Tätigkeit als Angestellter sind Merkmale wie

  • die Abhängigkeit von Weisungen,

  • die Eingliederung in einen Betrieb und

  • ein eigenes Unternehmerrisiko.

Vor diesem Hintergrund hat das LSG Baden-Württemberg im entschiedenen Fall die Tätigkeit der Gesamtkoordinatorin eines Jazzclubs im Rhein-Neckar-Raum als eine abhängige Beschäftigung eingeordnet. Wie schon zuvor das Sozialgericht (SG) Mannheim hat das Gericht damit die Bewertung der Deutschen Rentenversicherung Bund bestätigt und die Berufung der den Jazzclub tragenden gemeinnützigen GmbH zurückgewiesen.

Darum ging es konkret

Die Gesamtkoordinatorin war für die GmbH zunächst aufgrund mündlicher Absprachen und im Weiteren eines Vertrages über »freie Mitarbeit« tätig. Sie koordinierte u. a. den Spielbetrieb, besetzte die Ticket-Hotline, kommunizierte mit Künstlern, assistierte dem künstlerischen Leiter und managte Konzerte. Zumindest bei Konzerten und für die Ticket-Hotline musste sie zu bestimmten Zeiten anwesend sein.

Das LSG sah dies als eine im Ergebnis abhängige Beschäftigung insbesondere deswegen an, weil der Koordinatorin – über einen Rahmenvertrag hinausgehend – ein fester Aufgabenbereich innerhalb der Betriebsorganisation der klagenden GmbH, nämlich die Koordination des gesamten Spielbetriebs, übertragen worden sei und nicht einzelne Aufträge.

Die Eingliederung in den Betrieb ergebe sich daraus, dass sie nicht etwa einen abgegrenzten Teil von Bürodienstleistungen übernommen habe, sondern eigenverantwortlich dafür zuständig gewesen sei, im Interesse der GmbH alle erforderlichen Arbeiten für den Jazzclub zu erledigen.

Ferner habe sie an vier Abenden und zwei Tagen vormittags vier Stunden zur Verfügung stehen müssen. Auch dies spreche deutlich für die Eingliederung in den Betrieb und die Organisation.

Die Koordinatorin habe auch kein nennenswertes Unternehmerrisiko getragen.

(MB)

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