Existenzgründer & Finanzamt: Gewinnerzielungsabsicht bei Anlaufverlusten
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Bei der Neugründung eines Betriebes entstehen in den ersten Jahren häufig Verluste, da man zu Beginn der Tätigkeit meist noch keine oder nur niedrige Betriebseinnahmen hat. Zu den laufenden Betriebskosten kommen am Anfang der betrieblichen Tätigkeit häufig noch Ausgaben für Investitionen oder Werbemaßnahmen.
Im Rahmen Ihrer persönlichen Einkommensteuererklärung können Sie solche Anlaufverluste mit anderen positiven Einkünften, beispielsweise als Angestellter oder aus Vermietung, bzw. mit den Einkünften Ihres Ehepartners verrechnen lassen. Dadurch mindert sich die von Ihnen zu zahlende Einkommensteuer.
Voraussetzung für die Berücksichtigung der Verluste ist aber, dass die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Diese liegt immer dann vor, wenn damit gerechnet werden kann, dass sich auf Dauer Gewinne ergeben, die die anfänglichen Verluste nicht nur ausgleichen, sondern zu einem Totalgewinn führen.
Das Finanzamt beäugt anfängliche Verluste aus einer selbstständigen Tätigkeit oft kritisch. Daher erlässt es die Steuerbescheide für die Verlustjahre meist vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung. Ergeben sich in den folgenden Jahren keine oder nur sehr geringe Gewinne, gehen die Finanzbeamten häufig von einer steuerlich unbeachtlichen Liebhaberei aus.
So erging es auch einem Unternehmensberater, über dessen Fall das Finanzgericht Münster zu entscheiden hatte (Urteil vom 13.6.2023, Az. 2 K 310/21 E).
Nach bzw. kurze Zeit während seiner Tätigkeit als angestellter Unternehmensberater übte er eine selbstständige Tätigkeit aus, mit der er in den ersten fünf Jahren einen Gesamtverlust von 19.809 Euro erzielte. Das Finanzamt strich ihm die Verluste wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht und behauptete, der Unternehmensberater nehme die Verluste aus persönlichen Gründen hin, weil er sie mit den positiven Einkünften seiner Ehefrau verrechnen und damit Einkommensteuer sparen wolle.
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Die Richter stellten zunächst klar, dass die Anlaufphase bei neu gegründeten Unternehmen im Regelfall mindestens fünf Jahre andauere. Erst nach dieser Zeit müsse der Unternehmer Korrektur- und Umstrukturierungsmaßnahmen ergreifen, um in die Gewinnzone zu kommen. Obwohl im Fall des Unternehmensberaters dieser Zeitraum schon abgelaufen sei, liege eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht vor. Hierfür sprach nach Ansicht der Richter, dass der Unternehmer ein belastbares Betriebskonzept vorgelegt habe, das geeignet sei, zukünftig zu Gewinnen zu führen. Weiterhin habe sein früherer Arbeitgeber ein Wettbewerbs- bzw. Kontaktverbot zu den im Rahmen seiner Angestelltentätigkeit beratenen Führungskräften. Auch habe der Unternehmensberater seine betriebliche Tätigkeit um eine Dozententätigkeit erweitert, um weitere Kontakte zu potenziellen Kunden herzustellen. Die vom Finanzamt angeführten privaten Motive, nämlich die Verrechnung mit den positiven Einkünften der Ehefrau und die sich daraus ergebende Steuerersparnis, ließen die Richter nicht gelten. Hieraus könne nicht geschlossen werden, dass die selbstständige Tätigkeit aufgrund persönlicher Neigungen oder Gründe ausgeübt wird.
Dieses Urteil zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, bei einer Auseinandersetzung mit dem Finanzamt in der Frage der Gewinnerzielungsabsicht sauber und fundiert zu argumentieren.
Wir raten Ihnen daher zu Beginn einer selbstständigen Tätigkeit ein Betriebskonzept zu erstellen. Nach anfänglichen Verlusten sollten Sie jederzeit darlegen können, wie Sie auf die Verluste reagiert und welche konkreten Maßnahmen Sie ergriffen haben, um Ihren Betrieb in die Gewinnzone zu führen.
(AI)