Arbeitslosenversicherung: Bei neuer Schwerpunktsetzung gilt der verringerte Beitrag für Gründer
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Wer gründet, kann auch scheitern. Daher kann es sinnvoll sein, sich gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit freiwillig zu versichern. Die Beiträge, die für diese freiwillige Versicherung (genauer: »Versicherungspflicht auf Antrag«) zu zahlen sind, sind allerdings recht happig. Nur in der Gründungsphase sind sie günstig.
Vor dem Bundessozialgericht wurde nun darüber gestritten, ob die Gründungsphase neu beginnt – und die Versicherung damit billiger wird –, wenn ein zuvor bereits bei der Bundesagentur freiwillig Versicherter nach einer zwischenzeitlichen Arbeitslosigkeit sich auf einem neuen bzw. erweiterten Sachgebiet erneut selbstständig macht. Das BSG traf eine Entscheidung »pro Selbstständige«.
Arbeitslosenversicherung für Existenzgründer
Existenzgründer können sich unter anderem dann freiwillig gegen Arbeitslosigkeit versichern, wenn sie in den 30 Monaten vor der Gründung mindestens zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren oder zuletzt die Versicherungsleistung Arbeitslosengeld bezogen haben.
Wie hoch sind die Beiträge?
Die Beiträge, die dabei an die Bundesagentur für Arbeit zu entrichten sind, richten sich nicht nach den Einkünften der Betroffenen, sondern werden pauschal erhoben.
Die Beitragsberechnung erfolgt auf Grundlage der jeweils geltenden Bezugsgröße:
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Die Bezugsgröße West beträgt derzeit 3.395 Euro monatlich, die Bezugsgröße Ost 3.290 Euro.
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Darauf wird der zurzeit geltende Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung von 2,6 % erhoben. Dies ergibt einen Monatsbeitrag von 88,27 Euro (Ost: 85,54 Euro).
Im ersten Jahr der Selbstständigkeit und im folgenden Kalenderjahr muss allerdings nur der halbe Beitrag gezahlt werden, derzeit also 44,14 Euro (Ost: 42,77 Euro). Diese sogenannte Beitragsprivilegierung ist für Gründer also durchaus interessant.
Gilt der halbierte Beitrag auch bei erneuter Gründung?
Im Fall, über den das BSG zu entscheiden hatte, war der Kläger zunächst als Lehrbeauftragter und Bildungsreferent selbstständig tätig und freiwillig arbeitslosenversichert. Zwischenzeitlich war er arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld, übte aber – was möglich ist – nebenher seine Tätigkeit als Lehrbeauftragter weiterhin aus.
Nach dem Ende des Arbeitslosengeldbezugs war er neben seinen bisherigen Tätigkeiten als Übersetzer und Autor selbstständig erwerbstätig und wiederum bei der Bundesagentur für Arbeit freiwillig arbeitslosenversichert.
Gestritten wurde, ob in dieser »neuen« Selbstständigkeit wieder nur der halbierte Beitrag zu entrichten war.
Das Bundessozialgericht bejahte dies – anders als davor das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg. Das BSG entschied: Die Beitragsprivilegierung sei nach dem Gesetz nicht auf (erste) existenzgründende selbstständige Tätigkeiten beschränkt. Das Gesetz fordere für die Beitragsprivilegierung lediglich die »Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit«. Und genau das sei hier erfolgt (BSG-Urteil vom 13.12.2022, Az. B 12 AL 1/21).
Zumindest in Fällen, in denen die Versicherungspflicht auf Antrag zwischenzeitlich durch den Bezug von Arbeitslosengeld endet und danach für einen neuen bzw. erweiterten selbstständigen Tätigkeitsbereich eine »Versicherungspflicht auf Antrag« (freiwillige Arbeitslosenversicherung) festgestellt wird, können Selbstständige nach diesem BSG-Urteil darauf pochen, nur den halben Beitrag zahlen zu müssen.
(AI)