Angehörigenpflege: Alo-Sperrzeit droht
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Ein beispielhaftes Verhalten – das fällt wohl vielen Menschen zum folgenden Fall ein: Eine Tochter gibt ihren Job auf, um ihre knapp 1.000 km entfernt lebende Mutter pflegen zu können. Dennoch wurde die Tochter von der Arbeitsagentur mit einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld belegt. Das Sozialgericht Karlsruhe befand das für korrekt, zeigte in seinem Urteil vom 28.6.2019 allerdings gleichzeitig genau auf, wie die Tochter die Sperre der Versicherungsleistung hätte verhindern können (Az. 11 AL 1152/19, rechtskräftig).
Verhandelt wurde über eine Sperrzeit, die die Bundesagentur für Arbeit gegen eine Arbeitnehmerin verhängt hatte, die durch einen Aufhebungsvertrag ihr Arbeitsverhältnis beendet hatte, um ihre Mutter zu pflegen. Wegen einer besonderen Härte war die Sperrzeit von normalerweise zwölf auf sechs Wochen verkürzt worden. Eine solche Härte liegt vor, wenn eine 12-wöchige Sperre in Hinblick auf den Grad des Verschuldens unverhältnismäßig wäre.
Die Betroffene wehrte sich gegen die Sperre der Versicherungsleistung mit dem Argument, sie habe einen wichtigen Grund für die Aufgabe ihres Arbeitsplatzes gehabt. Das sah auch das Sozialgericht anders. Die Verhaltensweise der Tochter sei zwar moralisch nachvollziehbar, die Aufgabe des Arbeitsplatzes und der Umzug zur Mutter sei jedoch nicht erforderlich gewesen.
Insbesondere habe es andere angemessene und zumutbare Lösungsmöglichkeiten zur Betreuung der Mutter durch Unterstützung beispielsweise ambulant, stationär oder durch andere Angehörige, Bekannte und Freunde gegeben. Diese Optionen habe die Betroffene, auch nach eigenen Angaben, nicht wahrgenommen. In der Gesamtschau sei ihr jedenfalls ein anderes Verhalten zuzumuten gewesen.
In vergleichbaren Fällen können Betroffene gegebenenfalls eine Sperrzeit vermeiden, indem sie sich in einer angemessenen Zeitspanne vor der Aufgabe ihres Arbeitsplatzes Arbeit suchend melden und sich an dem Ort, an den sie umziehen möchten, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen. Hierdurch wird das Eintreten einer Arbeitslosigkeit unter Umständen vermieden. Andernfalls hat man als weiteres gutes Argument gegenüber der Arbeitsagentur in der Hand, dass man Anstrengungen unternommen hat, um die Belastung der Versichertengemeinschaft zu vermeiden.
(MS)