Wohngeld-Klagen ohne Gerichtskosten
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Die genaue Berechnung des Wohngelds ist sogar für manche Experten ein Buch mit sieben Siegeln. Mitunter sind Wohngeld-Entscheidungen für Betroffene wenig plausibel. In solchen Fällen kann es zunächst helfen, die örtliche Wohngeldstelle um Aufklärung über die Berechnung des Wohngelds und die Gründe für die Ablehnung des Leistungsantrags zu bitten. Ist ein Wohngeldbescheid nicht plausibel, kann man hiergegen Rechtsmittel einlegen. Klagt man gegen einen Wohngeldbescheid, dürfen neuerdings keine Gerichtskosten mehr erhoben werden, entschied das Bundesverwaltungsgericht am 23.4.2019 und gab damit seine bisherige Rechtsprechung auf (Az. 5 C 2.18).
Welche Rechtsmittel gegen Wohngeldbescheide eingelegt werden können, richtet sich nach den Regelungen in den einzelnen Bundesländern. In den meisten Ländern kann binnen eines Monats nach Zugang des Bescheids Widerspruch bei der Behörde eingelegt werden. Gegen ablehnende Widerspruchsbescheide kann dann geklagt werden. In anderen Ländern muss unmittelbar geklagt werden. Zuständig sind dabei die Verwaltungsgerichte und nicht die Sozialgerichte. Was jeweils genau gilt, muss in der Rechtsbehelfsbelehrung des Wohngeldbescheids stehen.
Wer Widerspruch gegen einen Wohngeldbescheid einlegt, geht kein Risiko ein. Schlimmstenfalls weist ihn die Behörde ab, Betroffenen entstehen keine Kosten. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen. Wer nicht selbst schreiben will, kann seine Angaben in der Widerspruchsstelle des Amts zu Protokoll geben.
Auch Klagen gegen Wohngeld- bzw. Widerspruchsbescheide sind – was die Gerichtskosten angeht – neuerdings kostenfrei: "Streitigkeiten um Wohngeldsachen sind Angelegenheiten der Fürsorge im Sinne von § 188 Satz 1 VwGO, für die nach § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO Gerichtskosten nicht erhoben werden", entschied das Bundesverwaltungsgericht.
Laut Verwaltungsgerichtsordnung würden in Angelegenheiten der Fürsorge keine Gerichtskosten erhoben. Nach heutigem Verständnis sei das Wohngeld den Angelegenheiten der Fürsorge zuzurechnen. Von einer Wohnungsförderung habe es sich zu einer individuellen Sozialleistung gewandelt, stellte das Gericht mit rund 50-jähriger Verspätung nun fest. Wie die Sozialhilfe komme auch das Wohngeld nur Personen mit geringem Einkommen zu. Auch sei ein Streit um Wohngeld mit den in der Regel kostenfreien Verfahren vor den Sozialgerichten vergleichbar.
Wohngeld diene der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. Das spreche ebenso für seine primär fürsorgerische Zwecksetzung wie die Wertung, die der Gesetzgeber mit der Einbeziehung des Wohngeldgesetzes in das Sozialgesetzbuch und den im dortigen Ersten Buch normierten wohngeldbezogenen Regelungen zum Ausdruck gebracht habe. Das Wohngeldgesetz gelte danach als besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs (§ 68 Nr. 10 SGB I).
Doch auch wenn keine Gerichtskosten anfallen, bleibt ja das Risiko der möglichen Anwaltskosten bestehen. Wer Wohngeld benötigt, bezahlt nicht mal so nebenbei einen Anwalt. Doch viele, die Wohngeld beantragen, dürften Anspruch auf Beratungs- und/oder Prozesskostenhilfe haben. Diese werden bei der Rechtsantragsstelle des zuständigen Amtsgerichts beantragt.
Mit Wohngeldrecht kennen sich nicht allzu viele Rechtsanwälte aus. Tipps für die Suche erhält man in der Heimatstadt eventuell bei sozialen Verbänden, Vereinen und Beratungsstellen. Ansonsten empfiehlt es sich, über eine der einschlägigen Anwaltsdatenbanken im Internet zu suchen.
(MS)