Private Krankenversicherung: Beitragserhöhung oft unrechtmäßig

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Inzwischen häufen sich die Urteile unterinstanzlicher Gerichte gegen Beitragserhöhungen von privaten Krankenversicherern. Nun hat auch das Landgericht Frankfurt/Oder mit einer Entscheidung vom 18.1.2018 mehrere Beitragserhöhungen der DKV (Deutsche Krankenversicherung AG) kassiert (Az. 14 O 203/16).

Die Begründung der Gerichte ist immer die gleiche: Der Treuhänder, der die Beitragsanpassung geprüft hat, ist nicht unabhängig, da er von den Aufträgen des Versicherungsunternehmens abhängt. Auch gegen dieses Urteil hat der Versicherer Berufung eingelegt. Das letzte Wort hat über diesen wie über eine Reihe anderer Fälle der BGH.

Wie werden die Urteile gegen die PKV-Prämienerhöhungen begründet?

Wer privat krankenversichert ist, hat gute Chancen, alljährlich eine Information über die gestiegene Krankenversicherungsprämie zu erhalten – mit der Anmerkung, dass der Anpassung ein unabhängiger Treuhänder zugestimmt habe. Warum dabei die Prämien bei einzelnen Tarifen in völlig unterschiedlichem Ausmaß steigen, ist für Versicherte kaum nachvollziehbar.

Bei den Urteilen gegen die Anpassungen geht es immer um die Frage: Ist der Treuhänder unabhängig? Nach § 203 Versicherungsvertragsgesetz sind Beitragsanpassungen nur dann statthaft, wenn ein "unabhängiger Treuhänder" die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat.

Das Landgericht Frankfurt/Oder folgt dabei der Rechtsauffassung einer Reihe anderer Gerichte (u.a. Landgericht Potsdam). Salopp formuliert geht es dabei darum, dass Treuhänder durch ihre treuhänderische Tätigkeit für eine einzelne Versicherungsgesellschaft (im verhandelten Fall: DKV) so viel verdienen, dass von einer Unabhängigkeit nicht die Rede sein kann.

Die Gerichte halten dabei die Vorschrift von § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Handelsgesetzbuch (HGB) als (groben) Maßstab für anwendbar. Danach kann – so das Landgericht Frankfurt/Oder – "bei langjähriger Überschreitung eines 30-prozentigen Anteils der Einkünfte aus ein und demselben Mandat ein Indiz für eine fehlende Unabhängigkeit des Treuhänders gegeben" sein.

Im verhandelten Fall sprächen die zu berücksichtigenden Umstände insgesamt dafür, dass der Treuhänder "bei der Zustimmung zu den streitgegenständlichen Beitragsanpassungen nicht unabhängig war". Das Gericht sah es dabei als erwiesen an, dass der Treuhänder alleine aus seinen Verträgen mit der DKV "jährlich Bezüge in einer Größenordnung von 150.000,– €" beziehe. Dieser Betrag lege es nahe, "dass der Treuhänder nahezu seine gesamten Einkünfte oder zumindest einen großen Teil der Einkünfte von der Beklagten bezieht".

Welche Optionen haben Privatversicherte, die sich gegen die Beitragserhöhung wehren?

Zunächst einmal können Betroffene ihre Versicherung bitten, offenzulegen, welcher Treuhänder die Korrektheit der Beitragserhöhungen überprüft hat. Auf diese Information besteht nach einer rechtskräftigen Entscheidung des OLG Stuttgart vom 18.01.2007 (Az. 10 W 84/06) ein Rechtsanspruch.

Hierbei ging es ebenfalls um Beitragserhöhungen einer privaten Krankenversicherung. Das OLG stellte fest, dass der Versicherungsvertrag "die Nebenpflicht des Versicherers begründet, dem Versicherungsnehmer die Informationen an die Hand zu geben, die ihm die eigenständige Überprüfung der Entscheidung über die Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses ermöglichen. Dazu gehört insbesondere auch, dem Versicherungsnehmer auf Nachfrage wenigstens den Treuhänder namhaft zu machen, damit dieser dessen Unabhängigkeit und sachliche Eignung überprüfen lassen kann".

Wer die Rechtmäßigkeit der Beitragserhöhungen überprüfen lassen will, kann sich an eine auf Versicherungsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei wenden. Die Kanzlei, die die Potsdamer Urteile erstritten hat, bietet eine kostenlose Erstüberprüfung an – telefonisch unter 0800/0736462. Ob danach Klage gegen die Prämienerhöhungen eingelegt wird, hängt von der persönlichen Risikobereitschaft und vom Vorhandensein einer Rechtsschutzversicherung ab. Ob der BGH die Position der unterinstanzlichen Gerichte teilt, ist völlig ungewiss.

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