GdB-Anerkennung: Betroffene zur Mitwirkung verpflichtet
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Wenn ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden soll, kann das Gericht eine Begutachtung anordnen. Dieser dürfen sich Betroffene nicht verweigern, wie ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Stuttgart zeigt.
Das SG Stuttgart entschied, dass ein Kläger, der eine Schwerbehinderung und bestimmte Merkzeichen aufgrund einer ME/CFS-Erkrankung (Myalgische Enzephalomyelitis/ Chronisches Fatigue Syndrom) anerkannt haben wollte, die Beweislast trägt. Konkret wurde im entschiedenen Fall die Feststellung eines Grades der Behinderung von 100 sowie die Zuerkennung der Merkzeichen G, aG, H, B und RF angestrebt.
Die allein als behandelnde Ärztin angegebene Hausärztin hatte zwar eine Auskunft erteilt. Ihre Angaben reichten dem Gericht jedoch nicht aus, und es ordnete eine Begutachtung durch einen Neurologen an.
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Begutachtung darf nicht verweigert werden
Der Gutachter informierte das Gericht darüber, dass der Kläger mitgeteilt habe, dass er eine körperliche und neurologische Untersuchung nicht wünsche und sicher auch nicht zu einer psychiatrischen Exploration oder einer neuropsychologischen Diagnostik bereit sei.
Weil der Kläger auch dem Gericht gegenüber die Untersuchung durch den Sachverständigen und die Mitwirkung an der gutachterlichen Untersuchung ablehnte, wurde der Gutachtensauftrag schließlich aufgehoben.
Gericht zur Sachverhaltsaufklärung verpflichtet
Das ging natürlich zu Lasten des Klägers, denn ohne Gutachten konnte das SG Stuttgart nicht feststellen, wie stark die Erkrankung den Kläger beeinträchtigt. Im Ergebnis wurde kein GdB (und folglich auch kein Merkzeichen) anerkannt.
Gerichte sind von Amts wegen dazu verpflichtet, Sachverhalte zu erforschen. Die Beteiligten sind verpflichtet, daran mitzuwirken. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet das: Die Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe: Das Gericht muss feststellen, ob es sich um eine nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen handelt. Der Erkrankte muss sich ärztlich begutachten lassen.
Im entschiedenen Fall konnte sich das Gericht nicht davon überzeugen, welche Art von funktionellen Auswirkungen aufgrund des ME/CFS-Syndroms beim Kläger vorlagen. Das Gericht kann zwar niemanden dazu zwingen, sich einer Untersuchung und Begutachtung zu unterziehen, aber die Konsequenzen trägt dann derjenige, der nicht an der Beweisführung mitwirkt, hier also der Erkrankte. (SG Stuttgart, Gerichtsbescheid vom 25.5.2023, Az. S 22 SB 4651/21).
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(MB)