Ende 50 und Abfindung: Was wird aus der Krankenversicherung?
Ende 50 und Abfindung: Was wird aus der Krankenversicherung? Mancher Arbeitnehmer wünscht sich, im Alter von 58 oder 59 Jahren mit einer sechsstelligen Abfindung aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. Doch drohen vor allem die Steuern und teilweise auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Renten- und Arbeitslosenversicherung hiervon einen großen Teil aufzufressen.

Ende 50 und Abfindung: Was wird aus der Krankenversicherung?

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Mancher Arbeitnehmer wünscht sich, im Alter von 58 oder 59 Jahren mit einer sechsstelligen Abfindung aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. Doch drohen vor allem die Steuern und teilweise auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Renten- und Arbeitslosenversicherung hiervon einen großen Teil aufzufressen.

Vielfach kann jedoch bezüglich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge Entwarnung gegeben werden, wie die Betrachtung unterschiedlicher Beispielfälle zeigt.

Die folgenden Fallgestaltungen gelten bei gesetzlich Krankenversicherten. Was für Privatversicherte gilt, können Sie am Ende dieser Nachricht lesen.

Variante 1: Abfindung ohne Ruhen des Arbeitslosengelds, Versicherung über Arbeitsagentur

Abfindungen oder Entlassungsentschädigungen werden in vielen Firmen am Ende eines Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Wenn Sie eine solche Zahlung erhalten, spielt das für Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I) vielfach keine Rolle. Trotz einer Abfindungszahlung bekommen Sie oft ab dem ersten Tag Ihrer Arbeitslosigkeit Arbeitslosengeld I und sind damit, ohne dass Sie selbst einen Beitrag zahlen müssen, über die Arbeitsagentur in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert.

Voraussetzung ist dabei allerdings, dass bei der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses die Kündigungsfrist eingehalten wurde.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer ist seit elf Jahren bei seiner Firma tätig. Für ihn gilt – soweit im Tarifvertrag nichts anderes festgelegt ist – eine viermonatige Kündigungsfrist zum Monatsende. Wenn ihm also Ende August die Kündigung zugestellt wird, kann die fristgemäße Entlassung frühestens zum Jahresende erfolgen. Falls diese Kündigungsfrist eingehalten wird, spielt eine Abfindung, die die Firma zum Ende des Arbeitsverhältnisses zahlt, für die Arbeitsagentur keine Rolle.

Halten sich die Beteiligten dagegen nicht an diese Kündigungsfrist, gibt es zunächst einmal kein Arbeitslosengeld I – sofern gleichzeitig eine Abfindung ausgezahlt wird. Die Arbeitsagentur geht dann davon aus, dass sich der Arbeitnehmer die Kündigungsfrist durch Zahlung der Abfindung hat abkaufen lassen.

Die Folge: Sie zahlt erst später Arbeitslosengeld I, vielfach erst ab dem Zeitpunkt, an dem nach einer fristgemäßen Kündigung durch den Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ausgelaufen wäre. Maximal ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für ein Jahr. Die komplizierten Regelungen finden sich in § 158 SGB III.

Zurück zum Beispiel: Würde der Arbeitgeber Ende August bereits zum 31. Oktober kündigen und gleichzeitig eine Abfindung zahlen, dann gäbe es von der Arbeitsagentur unter Umständen erst ab Anfang Januar des folgenden Jahres Arbeitslosengeld I, denn regulär hätte der Arbeitgeber ja erst zu Silvester kündigen können. Nach dem Ende der Ruhenszeit besteht Anspruch auf die volle Dauer des Arbeitslosengelds.

Das bedeutet: Wer zum Zeitpunkt des Antrags auf Arbeitslosengeld bereits 58 Jahre oder älter war, kann dann für bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld erhalten – und ist damit in dieser Zeit kranken- und pflegeversichert.

Variante 2: Abfindungszahlung bei Einhaltung der Kündigungsfrist, aber Sperrzeit beim Arbeitslosengeld

Nicht selten werden Arbeitslose, die eine Abfindung erhalten, gleichzeitig auch mit einer Sperrzeit belegt. Das gilt dann, wenn sie die Arbeitslosigkeit grob fahrlässig selbst herbeigeführt haben. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld I ruht dann zunächst für bis zu zwölf Wochen.

In diesem Fall beginnen nach einer Neuregelung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, die zum 1.8.2017 in Kraft trat, die Versicherungspflicht und die Übernahme der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung durch die Arbeitslosenversicherung bereits mit dem Eintritt des Ruhenstatbestands.

Früher galt das erst ab Beginn des zweiten Monats des Ruhenszeitraums. Die Versicherungspflicht gilt nun ab dem Tag, an dem Arbeitslosengeld beantragt wird und grundsätzlich Anspruch hierauf besteht – auch wenn die Leistung zunächst ruht.

Sperrzeiten führen damit zumindest für gesetzlich Krankenversicherte nicht mehr zu Problemen bei der Krankenversicherung.

Variante 3: Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei möglicher Familienversicherung

Für den Fall, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen einer Abfindung ruht, gibt es für Arbeitslose, die einen gesetzlich versicherten Ehepartner haben, die Möglichkeit, über diesen beitragsfrei familienversichert zu sein.

Diese Möglichkeit besteht jedoch seit Mai 2019 deutlich seltener. Die beitragsfreie Familienversicherung kommt nämlich nur dann infrage, wenn das Gesamteinkommen des arbeitslosen Ehepartners monatlich 455,– € (gilt für 2020) nicht übersteigt.

Früher wurden bei diesem Gesamteinkommen einmalige Zahlungen wie Abfindungen nicht berücksichtigt. Seit Mai 2019 hat sich das durch eine Neuregelung im Terminservice- und Versorgungsgesetz geändert. Nun werden auch einmalige Zahlungen berücksichtigt. Dabei wird die Abfindung unter Berücksichtigung des zuletzt regelmäßig im Monat erzielten Arbeitsentgelts (bis zur Beitragsbemessungsgrenze) fiktiv auf die Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses verteilt bzw. umgelegt.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer beendet sein Arbeitsverhältnis zum 31.8.2020 und erhält im September eine Abfindung von 24.000,– €. Der Ehepartner ist gesetzlich versichert. Das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt betrug zuletzt 6.000,– €. Die Abfindung ist damit für vier Monate (24.000,– €/6.000,– €) jeweils mit 6.000,– € bei der Familienversicherung zu berücksichtigen. Danach gilt sie als verbraucht – und steht einem Anspruch auf Familienversicherung nicht mehr entgegen.

Gegebenenfalls dauert die Arbeitslosigkeit länger und der Anspruch auf Arbeitslosengeld wird aufgebraucht. Dann besteht – selbst wenn das Vermögen aus der Abfindung nicht aufgebraucht ist – ein Anspruch auf die beitragsfreie Familienversicherung. Jedenfalls dann, wenn das Einkommen des Betroffenen unterhalb der hierfür geltenden Einkommensgrenze liegt.

Abfindung wird erst ab Zufluss angerechnet

Gegebenenfalls wird die Abfindung nicht unmittelbar nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern erst einige Monate später ausgezahlt.

In diesem Fall gilt: Dann ist sie ab dem Tag nach ihrer Auszahlung entsprechend umzulegen. So steht es in den »Grundsätzlichen Hinweisen zum Gesamteinkommen im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen zur Familienversicherung« des GKV-Spitzenverbands vom 12.9.2019.

Günstig kann es sein, den Zahlungszeitpunkt der Abfindung so zu wählen, dass die Ruhenszeit beim Arbeitslosengeld bereits abgelaufen ist, wenn die Abfindungszahlung eintrifft. In diesem Fall kann bis zum Eingang der Abfindung Anspruch auf die beitragsfreie Familienversicherung bestehen und mit dem Einsetzen der Arbeitslosengeld-Zahlung setzt die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ein.

Hinweis: Nach den fachlichen Weisungen zum Arbeitslosengeld kommt es für die Festsetzung des Ruhenszeitraums nicht auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abfindung an. Der Ruhenszeitraum beginnt im Anschluss an das Ende des Arbeitsverhälnisses.

Variante 4: Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, Familienversicherung kommt nicht infrage – freiwillige Versicherung

Wer vor der Arbeitslosigkeit gesetzlich versichert war, ist – soweit sich keine Pflichtversicherung oder beitragsfreie Familienversicherung anschließt – obligatorisch freiwillig versichert, selbst wenn kein Antrag auf freiwillige Weiterversicherung gestellt wird.

Die freiwillige Versicherung schließt sich auch ohne Antrag an. Das regelt § 188 Abs. 4 SGB V.

Soweit die Betroffenen nicht von sich aus aktiv werden, wird der Beitrag auf Basis der Beitragsbemessungsgrenze der Kranken- und Pflegeversicherung berechnet, die derzeit (2020) bei monatlich 4.687,50 € liegt.

Grundsätzlich zählt allerdings das Bruttoentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze, das die Betroffenen vor der Arbeitslosigkeit erzielt haben.

Für alle, deren Einkommen unter dieser Grenze lag, gilt es also, der Krankenkasse einen Nachweis des bisherigen Einkommens zuzusenden.

In der Regel besteht in solchen Fällen die freiwillige Versicherung so lange, bis die Zahlung von Arbeitslosengeld und damit die Pflichtversicherung einsetzt.

Variante 5: Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, Aufnahme einer (kleinen) versicherungspflichtigen Beschäftigung

In der Zeit, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen einer Abfindung (aber auch wegen Urlaubsabgeltung) ruht, können Arbeitslose sich durch die Aufnahme einer kleinen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung kostengünstig den Schutz der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sichern.

Dafür reicht bereits die Aufnahme einer Beschäftigung mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von 450,01,– €. Die kompletten Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen belaufen sich bei einer 450,01-Euro-Beschäftigung im sogenannten Übergangsbereich monatlich auf etwa 46,– €.

Eine solche Beschäftigung können Sie beispielsweise aufnehmen, bis der Ruhenszeitraum beim Arbeitslosengeld endet. Dieser Ruhenszeitraum beginnt grundsätzlich – unabhängig von der Arbeitslosmeldung – mit dem Tag nach dem Ende Ihres Arbeitsverhältnisses. Hierfür sind also weder eine Arbeitslosmeldung noch ein Antrag auf Arbeitslosengeld erforderlich.

Dennoch sollten Sie – auch wenn Sie bereits einen kleinen Job gefunden haben – am ersten Tag Ihrer Arbeitslosigkeit Arbeitslosengeld beantragen. Sie werden diese Leistung – da der Anspruch ruht – zwar nicht erhalten, aber Sie sichern sich ein sogenanntes Stammrecht auf ein Arbeitslosengeld, dessen Höhe sich nach Ihrem Verdienst in Ihrer letzten Beschäftigung richtet.

Würden Sie erst später Arbeitslosengeld beantragen, bestünde die Gefahr, dass durch den kleinen Zwischenjob die Höhe Ihres Arbeitslosengelds gesenkt wird.

Wenn der Anspruch von privat Krankenversicherten wegen einer Abfindung ruht

Zunächst einmal kommt es auf das Alter der Betroffenen an, und zwar am Tag, ab dem Arbeitslosengeld beantragt wird. Wer an diesem Tag bereits 55 Jahre alt ist und in den letzten fünf Jahren durchgängig privat krankenversichert war, kommt im Regelfall nicht mehr in die gesetzliche Krankenversicherung, es sei denn über die beitragsfreie Familienversicherung (siehe Variante 3).

Für alle anderen privat Krankenversicherten gilt: Mit dem Antrag auf Arbeitslosengeld setzt grundsätzlich die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ein – die allerdings abgewählt werden kann.

Wer sich gegen die Versicherungspflicht in der GKV entscheidet, für den übernimmt die Bundesagentur für Arbeit die Beiträge zur privaten Krankenversicherung bis zu dem Betrag, der gezahlt werden müsste, wären die Betroffenen gesetzlich versichert.

Die Versicherungspflicht setzt allerdings erst nach dem Ende des Ruhenszeitraums ein. Bis dahin muss der private Versicherungsvertrag fortgeführt werden.

(MS)

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