COVID-19 als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall anerkannt
Corona-Kranke, die sich – vermutlich oder sicher – an ihrem Arbeitsplatz infiziert haben, können ihre Erkrankung als Berufskrankheit oder auch als Arbeitsunfall anerkennen lassen. Zuständig sind die jeweiligen Berufsgenossenschaften (BG) bzw. die öffentlichen Unfallversicherungsträger.

COVID-19 als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall anerkannt

 - 

Corona-Kranke, die sich an ihrem Arbeitsplatz infiziert haben, können ihre Erkrankung als Berufskrankheit oder auch als Arbeitsunfall anerkennen lassen. Zuständig sind die jeweiligen Berufsgenossenschaften (BG) bzw. die öffentlichen Unfallversicherungsträger.

Vorteil: Die Leistungen der BGs sind deutlich besser als diejenigen der gesetzlichen Krankenkassen. Die Anerkennung der Infektion als arbeitsbedingt ist auch deshalb wichtig, weil vielfach selbst bei zunächst mildem Krankheitsverlauf Langzeitfolgen zu verzeichnen sind.

Hintergrund: Nicht nur die Krankenkassen, sondern auch die gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaften) sind zuständig, wenn es um die Versorgung von Corona-Kranken geht. Die Ansteckung mit COVID-19 geschieht nicht nur im Privatbereich, sondern auch bei der Arbeit. 

Stichproben zeigen, dass COVID-19-Infektionen innerhalb der Betriebe genauso verbreitet sind wie in der Gesamtgesellschaft. Manche Hotspots werden in Unternehmen verzeichnet (etwa bei Amazon oder in Schlachtbetrieben).

Wer sich bei der Arbeit mit dem Coronavirus infiziert und erkrankt, sollte das bei dem zuständigen Unfallversicherungsträger als Arbeits- oder Wegeunfall, beziehungsweise Berufskrankheit anzeigen. Das gilt vor allem bei COVID-19-Fällen in Hochrisiko-Bereichen (etwa in Kliniken).

Wer ist für die Meldung zuständig?

Der Arbeitgeber und der Arzt müssen die Corona-Erkrankung dem Gesundheitsamt, der Krankenkasse und der Berufsgenossenschaft melden. Die Betroffenen können sich jedoch auch selbst an die für sie zuständige Berufsgenossenschaft wenden.

Für die Beschäftigten im Gesundheitswesen ist die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, kurz BGW, zuständig.

Wann kann die COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit gelten?

Entscheidend ist die berufliche Tätigkeit der Arbeitnehmer. COVID-19 kann in die Schublade der Berufskrankheit Nr. 3101 fallen. Dabei geht es um eine "Tätigkeit mit besonderer Infektionsgefahr". Anerkannt werden kann die COVID-19-Infektion, wenn die Betroffenen im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt waren. "Bei diesen Tätigkeiten ist typischerweise von einem deutlich erhöhten Infektionsrisiko auszugehen", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort vom 8.12.2020 auf eine Anfrage der Linken (Bundestagsdrucksache 19/24982).

Das bedeutet: Wenn beispielsweise Beschäftigte, die in einer Intensivstation arbeiten, an Corona erkranken, muss in aller Regel nicht detailliert nachgewiesen werden, dass die Infektion berufsbedingt ist. Soweit erkannt wird, dass in anderen Berufszweigen vergleichbare Infektionsrisiken mit SARS-CoV-2 wie im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium festgestellt werden, kann die Infektion künftig unter Umständen auch in diesen Bereichen als Berufskrankheit anerkannt werden. Ob das der Fall ist, wird derzeit untersucht.

Wie häufig wurde COVID-19 bisher als Berufskrankheit anerkannt?

Die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand haben bis Ende 2020 insgesamt 30.329 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit im Zusammenhang mit COVID-19 gemeldet. Davon wurden 22.863 Fälle entschieden. Der Anteil noch offener Fälle ist damit bemerkenswert niedrig.

In 18.069 Fällen wurde das Vorliegen einer Berufskrankheit anerkannt. Das ist immerhin eine Anerkennungsrate von knapp 80 % – bezogen auf die entschiedenen Fälle. In 4.794 Fällen hat sich der Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit nicht bestätigt.

Wann kann die Infektion mit COVID-19 als Arbeitsunfall anerkannt werden?

Ergibt sich eine Infektion mit COVID-19 in Bereichen mit geringerem Infektionsrisiko, dann kann COVID-19 nicht als Berufskrankheit, wohl aber als Arbeitsunfall anerkannt werden.

Hier findet jedoch eine konkrete Einzelfallbewertung statt. Der Beschäftigte muss nachweislich während der versicherten Tätigkeit mit einer infektiösen Person in Kontakt gekommen sein. Das kann auch auf dem Weg zur Arbeit oder Rückweg nach Hause gewesen sein, beispielsweise wenn als Mitfahrer ein Kollege im eigenen Pkw mitgenommen wurde und dieser mit COVID-19 infiziert war.

Der Kontakt darf dabei in der Regel nicht kurzfristig gewesen sein und muss auch eine gewisse Intensität gehabt haben. Wer in einer lang gestreckten Halle in 20 m Entfernung von einem Kollegen gearbeitet hat, der sich dann später als infektiös herausgestellt hat, wird kaum plausibel machen können, dass eine später bei ihm festgestellte Infektion ursprünglich am Arbeitsplatz erfolgt ist.

Wenn eine COVID-19-Infektion als Arbeitsunfall angezeigt wird, müssen Sie zudem damit rechnen, dass auch geprüft wird, ob Sie privat Kontakt zu infektiösen Personen hatten. Ist das der Fall, ist es wahrscheinlich, dass die Infektion nicht als Arbeitsunfall gewertet wird.

Wie häufig wurde die COVID-19-Infektion bisher als Arbeitsunfall anerkannt?

Die gesetzlichen Unfallversicherer registrierten bis Ende 2020 12.390 Anzeigen von Arbeitsunfällen (davon 167 Schülerunfall-Meldungen) im Zusammenhang mit COVID-19.

Davon wurden bisher 4.247 Fälle als Arbeitsunfall und 61 als Schülerunfälle aufgenommen.

Was sollten Sie tun, wenn Sie jobbedingt an COVID-19 erkrankt sind?

Wichtig ist zunächst, was Sie nicht tun sollten: Keineswegs sollten Sie in einem solchen Fall den Durchgangsarzt aufsuchen, also den Arzt, der ansonsten für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten zuständig ist.

Durchgangsärzte führen keinen Test und keine Behandlung bei COVID-19-Erkrankungen durch. Wer eine entsprechende Praxis aufsucht, gefährdet sogar deren Mitarbeiter und andere Patienten.

Vielmehr sollten Menschen, die eine Infektion vermuten, sich telefonisch an das zuständige Gesundheitsamt oder ihren Hausarzt wenden. Diese übernehmen die Koordination. Vielfach bieten Hausärzte auch spezielle Sprechstunden für Patienten mit COVID-ähnlichen Symptomen an.

Ist es für die Leistungen der Unfallversicherung wichtig, ob COVID-19 als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit gilt?

Nein. Die Leistungen bei einer COVID-19-Erkrankung (Akutbehandlung, Rehabilitation, Verletztengeld, Rente) sind bei einem anerkannten Arbeitsunfall und einer anerkannten Berufskrankheit identisch.

In beiden Fällen bietet die Unfallversicherung Leistungen, die deutlich über diejenigen der gesetzlichen Krankenkassen hinausgehen. Und im Falle einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit besteht Anspruch auf eine Unfallrente.

Zahlen die Berufsgenossenschaften bei einer längeren Krankheit eine Lohnersatzleistung?

Nach dem Ende der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber gewährt die Unfallversicherung Verletztengeld. Dieses beträgt 80 % des entgangenen regelmäßigen Brutto-Entgelts. Es darf aber nicht höher sein als das regelmäßige Netto-Entgelt.

Davon werden noch die Beitragsanteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung abgezogen. Dadurch fällt das Verletztengeld um etwa 15 % geringer aus als das letzte Nettoentgelt. Es ist aber deutlich höher als das Krankengeld, das die gesetzlichen Krankenkassen zahlen.

Wie lange wird Verletztengeld gezahlt?

Längstens kann es bis zu 78 Wochen gezahlt werden. Besondere Bedingungen gelten, wenn eine Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit nicht möglich ist, etwa wenn eine Umschulung erforderlich ist.

Wann wird eine Unfallrente gezahlt?

Wenn als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 % eintritt.

(MS)

Weitere News zum Thema
  • [] Zuzahlungen bei Medikamenten sowie Kosten für Zahnersatz und die Fahrt zum Arzt können bei der Steuer abgezogen werden – allerdings erst ab der individuellen Belastungsgrenze. Wie ist sie zu berechnen? Welche Optimierungsmöglichkeiten bestehen noch in mehr

  • [] Die Bundesregierung hat einen Bericht zur langfristigen Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung vorgelegt. Der Bericht enthält Szenarien und mögliche Reformen, um die Pflegeversicherung bis 2060 zukunftssicher zu gestalten. mehr

  • [] Wenn ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden soll, kann das Gericht eine Begutachtung anordnen. Dieser dürfen sich Betroffene nicht verweigern, wie ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Stuttgart zeigt. mehr

Weitere News zum Thema