Ohne Schenkungswillen keine Schenkungsteuer
Ohne Schenkungswillen keine Schenkung - und auch keine Schenkungsteuer.

Ohne Schenkungswillen keine Schenkungsteuer

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Ohne den Willen zur Schenkung, also das Bewusstsein, etwas ohne Gegenleistung zu geben, kann keine Schenkungsteuer erhoben werden. Das geht aus einem Urteil des FG Münster hervor.

Im konkreten Fall war der Kläger neben seinem Vater und seinem Bruder Gesellschafter einer GmbH. Der Vater hatte ursprünglich geplant, seine Anteile an der GmbH gleichmäßig auf seine Söhne zu verteilen und mit diesen einen entsprechenden Erbvertrag geschlossen.

Im Januar 2013 annullierte der Vater den Erbvertrag mit dem Bruder des Klägers, der sich bereit erklärte, dass die ursprünglich ihm zugedachten Anteile an der GmbH auf den Kläger übertragen werden. Am selben Tag verpflichtete sich der Bruder des Klägers zur Veräußerung seiner Beteiligung an der GmbH mit Wirkung zum 1. November 2017 an die GmbH oder einen von dieser zu benennenden Dritten. Als Kaufpreis wurde eine Zahlung von 2.100.000 Euro unter Anrechnung etwaiger nach dem Zeitpunkt der Beurkundung erfolgenden Gewinnausschüttungen vereinbart.

Der Vater starb noch im selben Jahr.

Im Jahr 2017 entschied der Kläger, dass die GmbH die Anteile des Bruders kaufen sollte. Die Übertragung der Anteile wurde 2018 notariell beurkundet.

Das Finanzamt setzte für die Anteilsübertragung gegenüber dem Kläger Schenkungsteuer fest, wobei es als Stichtag auf den 1. November 2017 abstellte. Da der Ertragswert des Anteils an der GmbH am benannten Stichtag nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren 9.688.883 Euro betragen habe, handele es sich um eine gemischte Schenkung (das Gericht spricht an dieser Stelle von einer »(teil)unentgeltlichen Übertragung«).

Der Kläger argumentierte jedoch, dass er mit seinem Bruder zerstritten war und daher kein Wille zur Schenkung vorlag.

Das Gericht stimmte dem Kläger zu und hob den Schenkungsteuerbescheid auf. Es entschied, dass eine Schenkung nur dann vorliegt, wenn der Schenker in dem Bewusstsein handelt, etwas ohne Erhalt einer gleichwertigen Gegenleistung zu geben.

Der Kläger habe nachvollziehbar dargelegt, dass es zwischen den Brüdern ab 2009 immer häufiger zu Differenzen gekommen und die Anteile nicht aus familiären Beweggründen unterhalb eines möglichen Veräußerungsgewinns übertragen worden seien. Für eine Wertfindung unter fremden Dritten habe auch die Einbeziehung von Rechts- und Steuerberatern bei Abschluss der getroffenen Vereinbarungen gesprochen. Ein subjektives Element könne auch nicht alleine aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren abgeleitet werden (FG Münster, Urteil vom 23.5.2024, Az. 3 K 2585/21 Erb; Revision beim BFH wurde eingelegt, ein Aktenzeichen ist noch nicht bekannt).

(MB)

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