Selbst gestaltete Altersteilzeit: Chancen und Risiken eines Langzeitkontos
Möglichst früh in den Ruhestand - das wünschen sich viele Arbeitnehmer -Symbolbild-

Selbst gestaltete Altersteilzeit: Chancen und Risiken eines Langzeitkontos

 - 

Viele Arbeitnehmer können sich nicht vorstellen, erst mit 63 oder gar 67 in Rente zu gehen. Doch wie kann ein vorzeitiger Abschied aus dem Arbeitsleben gelingen? Wenn der Arbeitgeber keine Altersteilzeit anbietet, kann eine selbst gestaltete Altersteilzeit über ein betriebliches Langzeitkonto eine interessante Option sein. Das Modell birgt aber auch Risiken.

 

Inhalt

 

Einige Arbeitnehmer erwägen, mit Arbeitslosengeld (ALG) in die Rente zu gleiten. Dies birgt jedoch Risiken und schränkt die Freiheit erheblich ein, da ein langer Urlaub während des ALG-Bezugs nicht möglich ist.

Vor diesem Hintergrund kann eine selbst gestaltete Altersteilzeit über ein Langzeitkonto oder Lebensarbeitszeitkonto eine attraktive Alternative sein. Diese funktioniert ähnlich wie die Altersteilzeit, jedoch meist ohne zusätzliche Zuschüsse des Arbeitgebers und ohne die besonderen Vorteile bei Sozialversicherung und Steuer.

Modelle für eine selbst gestaltete Altersteilzeit

Sechs-Jahres-Modell mit 5/6-Arbeitsentgelt: Ein Arbeitnehmer arbeitet fünf Jahre lang in Vollzeit, erhält jedoch nur 5/6 seines Arbeitsentgelts. Der Rest wird auf einem Langzeitkonto angespart, um im sechsten Jahr bei unverändertem 5/6-Arbeitsentgelt freigestellt zu werden. Dieses Modell ermöglicht einen um ein Jahr vorgezogenen Ruhestand. Bei einem durchgehenden 2/3-Arbeitsentgelt wäre ein um zwei Jahre vorgezogener Ruhestand möglich. Ein Nachteil dieses Modells ist die lange Laufzeit, die gesundheitliche Risiken birgt.

Drei-Jahres-Modell mit 2/3-Arbeitsentgelt: Dieses Modell funktioniert ähnlich wie das Sechs-Jahres-Modell und ermöglicht bei einer Vereinbarung mit 60 Jahren einen Abschied vom Arbeitsleben mit 62 Jahren.

Besteht ein Rechtsanspruch auf das Ansparen von Arbeitszeit?

Grundsätzlich können alle Arbeitnehmer entsprechende Vereinbarungen mit ihrem Arbeitgeber treffen. Das Flexi-Gesetz von 1998 hat den gesetzlichen Rahmen für die Einrichtung von Wertguthaben geschaffen, die sozialversicherungsrechtlich abgesichert sind. Das Arbeitsentgelt wird durch Mehrarbeit oder Gehaltsverzicht angespart, die Freistellung ist somit selbst finanziert.

Wie funktionieren Zeitwertkonto, Lebensarbeitszeitkonto oder Langzeitkonto?

Normalerweise müssen Arbeitnehmer von ihren Einkünften Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Wer privat für ein Jahr ohne Arbeit vor der Rente anspart, muss dies von seinem Nettolohn finanzieren und sich selbst um seine soziale Absicherung kümmern.

Langzeitkonten sind attraktiv, da ein Teil des Bruttogehalts als Wertguthaben auf einem vom Arbeitgeber geführten Konto gutgeschrieben wird. Sozialversicherungsbeiträge und Steuern werden auf Basis des tatsächlich ausgezahlten Bruttoentgelts erhoben.

Die aufgesparten Einkünfte bleiben allerdings nicht steuer- und sozialversicherungsfrei: Die Zahlung wird lediglich auf die Auszahlungsphase verschoben.

Die Konten nennen sich Zeitwertkonto, Lebensarbeitszeitkonto oder Langzeitkonto. Wichtig ist, dass auf § 7b des Vierten Sozialgesetzbuchs (SGB IV) Bezug genommen wird. Danach muss der Aufbau von Wertguthaben schriftlich vereinbart werden und auf lange Sicht erfolgen. § 7c SGB IV klärt, wie die Guthaben verwendet werden dürfen.

Möglich ist nicht nur die Freistellung vor der Altersrente, sondern auch für Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeitszeitverkürzungen, Pflegezeit und Elternzeit sowie Langzeiturlaube (Sabbatical).

Finanzielle Auswirkungen von Zeitwert-, Lebensarbeitszeit- oder Langzeitkonto

Wer sich auf eines der Ansparmodelle einlässt, hat während der gesamten Laufzeit weniger auf seinem Konto als ein normaler Beschäftigter. Der Netto-Lohn-Abschlag ist jedoch aufgrund der Steuerprogression häufig geringer als vermutet. Wer statt 4.500 € brutto nur 3.000 € brutto monatlich erhält, hat netto nicht Einbußen um ein Drittel, sondern nur um 28,3 %. Wer sein Gehalt von zwei Jahren auf drei Jahre streckt, bezahlt also insgesamt weniger Steuern.

Um die Senkung des monatlichen Entgelts zu begrenzen, kann mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, Weihnachts- und Urlaubsgeld auf zwölf Monate umzulegen.

Da auch die arbeitsfreie Zeit vor der Rente voll sozialversicherungspflichtig ist, zählt diese Zeit als normale Versicherungspflichtzeit und trägt zur Erfüllung der Wartezeit für alle Altersrenten bei. Würde eine arbeitsfreie Zeit durch private Rücklagen finanziert, bestünde in dieser Zeit keine Rentenversicherungspflicht.

Risiken bei Zeitwert-, Lebensarbeitszeit- oder Langzeitkonten

In der Ansparphase gilt: Wer voll arbeitet, aber nicht den vollen Lohn erhält, ist bei Krankheit schlechter gestellt. Denn die Leistungen bei Krankheit bemessen sich nach dem tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt. Bei 2/3-Einkommen gibt es also auch nur rund 2/3 an Krankengeld und Lohnfortzahlung. Das gilt auch bei einer Arbeitsunfähigkeit in der arbeitsfreien Zeit vor der Rente. Das angesparte Wertguthaben wird in Krankheitszeiten weiter aufgebraucht.

Und: Wer Wertguthaben auf einem Langzeitkonto anspart, gibt seiner Firma einen Kredit. Deshalb sollte geklärt sein, wer für die Arbeitszeitkonten einsteht, falls das Unternehmen insolvent wird. Das Vierte Sozialgesetzbuch verpflichtet Arbeitgeber zu einer Insolvenzsicherung.

Wer bereits erhebliche gesundheitliche Einschränkungen hat, sollte nicht per Langzeitkonto für einen vorzeitigen Abschied vom Arbeitsleben sparen. Ansonsten bietet das Modell Vorteile und ist gegenüber einem privaten Ansparen für den Vorruhestand vorzuziehen. Allerdings ist eine selbst gestaltete Altersteilzeit per Wertguthaben immer nur eine zweite Wahl gegenüber einer Vereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz.

(LBW, MB)

Weitere News zum Thema

Weitere News zum Thema