Klage, weil Kfz-Versicherer nicht antwortete
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Lässt ein Kfz-Haftpflichtversicherer nach einem Unfall mehrere Schreiben des Vertreters des Geschädigten unbeantwortet, gibt er (berechtigten) Anlass zur Einreichung einer Klage. Das entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 9 W 37/19).
Verhandelt wurde in Karlsruhe nicht etwa über die Schuldfrage. Es war eindeutig und zweifelsfrei, wer die Schuld an einem Verkehrsunfall hatte, der sich Mitte Januar 2019 im Schwarzwald ereignete. Vielmehr wurde in Karlsruhe über die Regeln verhandelt, die für Kfz-Versicherungen gelten. "Sofortiges Anerkenntnis des Haftpflichtversicherers nach einem Verkehrsunfall" hat denn auch das OLG Karlsruhe sein Urteil überschrieben.
Angesichts der zweifelsfreien Sachlage verlangte der Anwalt des Geschädigten mehrfach von der gegnerischen Versicherung, eine Abschlagszahlung zu leisten. Hierauf reagierte die Versicherung nicht, ebenso wenig auf zwei weitere Schreiben mit Fristsetzung.
Der Anwalt reichte daher gut sechs Wochen nach dem Unfall Klage gegen die Versicherungsgesellschaft ein. Zufällig hatte der Versicherer am gleichen Tag den Anwalt aufgefordert, eine Erklärung zu seiner Legitimation abzugeben. Nachdem dies erfolgt war, regulierte die Versicherung den Schaden. Strittig war nur, wer die Kosten des Verfahrens zu übernehmen hatte. Die Versicherung lehnte die Kostenübernahme ab mit dem Argument, sie sei ja schließlich für die Unfallfolgen aufgekommen. Es habe somit keinen Anlass zur Klage gegeben.
Das sah das OLG Karlsruhe anders. Die Versicherung habe Anlass zur Einreichung einer Klage gegeben, weil sie drei vorgerichtliche Anwaltsschreiben innerhalb der jeweils gesetzten Fristen nicht beantwortet habe. Generell gelte, dass Geschädigte nach einem Verkehrsunfall regelmäßig ein erhebliches Interesse daran haben, dass ihr Schaden von der gegnerischen Haftpflichtversicherung innerhalb kurzer Zeit reguliert wird.
Die meisten Geschädigten seien auf ein Kraftfahrzeug angewiesen und benötigten zeitnahe Zahlungen, um eine Reparatur des Fahrzeugs zu veranlassen oder um ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen. Wenn der Unfallablauf einfach und unstrittig sei, erwarte ein Geschädigter zu Recht, dass sich die gegnerische Haftpflichtversicherung um eine zügige Abwicklung der aus ihrer Sicht erforderlichen Formalitäten bemüht.
Möglicherweise hat das Urteil erzieherische Wirkungen für Versicherungsgesellschaften, die sich bei der Bearbeitung von Unfallakten über Gebühr Zeit nehmen. Unfallopfer können Reparaturen ihres verunfallten Wagens häufig nicht aus der Portokasse bezahlen. Das gilt erst recht, wenn es zu einem wirtschaftlichen Totalschaden kommt und ein neuer Pkw angeschafft werden muss. Betroffene können in jedem Fall – wenn die gegnerische Versicherung die Bearbeitung verzögert – dieser eine Frist zur Bearbeitung setzen und gleichzeitig unter Verweis auf das Urteil des OLG Karlsruhe darauf hinweisen, dass sie nach ergebnislosem Fristablauf Klage einreichen werden.
(MS)