Formaldehyd: Abriss und Neubau eines Wohnhauses nicht absetzbar
Auch bei Formaldehyd-Emissionen sind der komplette Abriss und Neubau eines Wohnhauses nicht immer notwendig.

Formaldehyd: Abriss und Neubau eines Wohnhauses nicht absetzbar

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Die Kosten für den Abriss und Neubau eines formaldehydbelasteten Wohnhauses sind nicht als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzbar, wenn der Abriss und Neubau nicht notwendig waren, um die Formaldehydemission zu beseitigen.

Das geht aus einem Urteil des FG Baden-Württemberg hervor.

Im entschiedenen Fall hatte der Kläger sein Einfamilienhaus abreißen und neu bauen lassen, nachdem eine hohe Formaldehydkonzentration (0,112 ppm) festgestellt wurde.

Die Kosten in Höhe von 191.567 Euro machte er als außergewöhnliche Belastung in seiner Steuererklärung geltend.

Das Finanzamt lehnte den Abzug ab, das Finanzgericht bestätigte diese Entscheidung.

Wann liegen steuerlich abziehbare außergewöhnliche Belastungen vor?

Aufwendungen, die im Zusammenhang mit Gegenständen des existenznotwendigen Bedarfs stehen, können außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sein.

Gehen von einem Gegenstand des existenznotwendigen Bedarfs konkrete Gesundheitsgefährdungen aus, entstehen die Aufwendungen zur Beseitigung dieser Gefährdung dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig und sind deshalb grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

Ab wann ist Formaldehyd gesundheitsgefährdend?

Eine Formaldehydbelastung von Innenräumen kann durch Bauprodukte oder Möbel entstehen, bei deren Herstellung Spanplatten verwendet werden. Bei Spanplatten, die unter Verwendung von Harnstoff-Formaldehydharzen hergestellt werden, kommt es häufig zu einer nachträglichen Formaldehyd-Abgabe bzw. Abspaltung. Als gesundheitsgefährdend gilt eine Formaldehydkonzentration über 0,1 ppm.

Die Rechtsprechung nimmt im Rahmen der steuerrechtlichen Prüfung der Zwangsläufigkeit an, dass Sanierungsmaßnahmen im Hinblick auf Gegenstände, die eine über dem Wert von 0,1 ppm liegende Formaldehydbelastung von Innenräumen verursachen, aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig sind. Dem Steuerpflichtigen ist es nicht zumutbar, abzuwarten, ob er tatsächlich zu den besonders empfindlichen Personen gehört, die bereits bei einer nur knapp über dem Grenzwert liegenden Schadstoffbelastung mit Krankheitserscheinungen reagieren.

Maßnahme zur Beseitigung der Formaldehydemission muss »notwendig« sein

Aufwendungen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG können nur steuermindernd berücksichtigt werden, soweit sie nach den Umständen des Einzelfalles »notwendig«.

Dabei ist im Fall von Formaldehydemissionen zu prüfen, ob die Gesundheitsgefahr durch Versiegelung, Abdichtung, Nachbeschichtung, Lüftungsmaßnahmen oder vielleicht tatsächlich nur durch einen vollständigen Abriss und Neubau beseitigt werden kann.

Hier war das Gericht der Auffassung, dass der Abriss des Bestandsgebäudes und der Neubau nicht notwendig waren. So war zum Beispiel nicht geklärt, auf welche Bauteile des Hauses die erhöhte Schadstoffkonzentration im Schlafzimmer zurückzuführen ist. Denn bei der Untersuchung wurden lediglich Proben aus der Raumluft entnommen, die keine Rückschlüsse auf den konkreten Entstehungsort der Emissionen zulassen.

Der involvierte Baugutachter hatte auch darauf hingewiesen, dass zur Planung von Minimierungsmaßnahmen noch weitere Erkundungen erforderlich gewesen wären; wie zum Beispiel die Entnahme von Materialproben (sog. Bauteilöffnungen). Zudem hatte er lediglich Minimierungsmaßnahmen empfohlen, um die Schadstoffkonzentration und die Geruchsauffälligkeit auf ein unproblematisches Level zu reduzieren.

In einer Gesamtschau sei zudem zu berücksichtigen, so das Gericht, dass der Formalaldehyd-Grenzwert von 0,1 ppm nur geringfügig überschritten wurde und damit die Emissionen mit einem geringeren Aufwand als dem vollständigen Abriss und Neubau auf ein unbedenkliches Niveau hätten gesenkt werden können.

Insgesamt waren also die Kosten die für den Abriss und Neubau nicht notwendig und wurden steuerlich nicht berücksichtigt (FG Baden-Württemberg, vom 1.2.2024, Az. 1 K 1855/21).

(MB)

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