Selbstständig: Wann liegt der Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer?
Liegt Ihr Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer?

Selbstständig: Wann liegt der Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer?

 - 

Das Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers bedeutet nicht, dass die damit im Zusammenhang stehenden Kosten unbegrenzt als Betriebsausgaben angesetzt werden dürfen: Die Frage nach dem Tätigkeitsmittelpunkt ist entscheidend.

Nur wenn sich auch der Tätigkeitsmittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer befindet, dürfen die Arbeitszimmerkosten in unbegrenzter Höhe oder alternativ die Jahrespauschale als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Um das Finanzamt davon zu überzeugen, dass der inhaltliche Schwerpunkt Ihrer Gesamttätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer liegt, sollten Sie für eine oder zwei typische Arbeitswochen konkret Ihre Einzeltätigkeiten beschreiben. Listen Sie auf, welche Arbeiten Sie wo und wie lange ausführen.

Beispiele: Wann liegt der Mittelpunkt der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer?

Bei den folgenden Berufsgruppen bildet das häusliche Arbeitszimmer in der Regel den Tätigkeitsmittelpunkt:

  • Ingenieure (BFH-Urteil vom 13.11.2002, VI R 28/02) bzw. Bauingenieure (FG Düsseldorf vom 5.5.2011, 11 K 2591/09 E),

  • Konstrukteure (BFH-Urteil vom 9.4.2003, X R 52/01),

  • Verkaufsleiter (BFH-Urteil vom 13.11.2002, VI R 104/01),

  • Praxis-Consultants (BFH-Urteil vom 29.4.2003, VI R 78/02),

  • Fachjournalisten (Hessisches FG vom 8.9.2004, 8 K 1112/00),

  • Kfz-Sachverständige (BFH-Urteil vom 21.2.2003, VI R 84/02),

  • Layouter (BFH-Urteil vom 9.4.2003, X R 75/00),

  • Designer,

  • Übersetzer, Buchautoren, Schriftsteller,

  • Lektoren für Verlage,

  • Programmierer,

  • Illustratoren.

Und auch ein hauptsächlich von Gerichten beauftragter Gutachter, der psychologische Gutachten erstellt, hat seinen Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer, wenn er dort seine Explorationen, vorliegende Befunde und andere Gutachten studiert, beurteilt und schließlich in seinen Gutachten bewertet (FG Münster vom 18.8.2022, 8 K 3168/21 E).

Wahlrecht: So werden die Arbeitszimmerkosten abgesetzt

Wenn das häusliche Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt Ihrer gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit darstellt, haben Sie ein Wahlrecht. Sie können

  • entweder die durch das Arbeitszimmer entstandenen Kosten in unbegrenzter Höhe als Betriebsausgaben geltend machen oder

  • die pauschalen Kosten in Form der Jahrespauschale geltend machen.

Mit der Jahrespauschale können Sie unabhängig von Ihren tatsächlich entstandenen Kosten für Miete, Abschreibung etc. einfach pauschal den Betrag von 1.260 Euro als Betriebsausgaben ansetzen. Der Ansatz der Jahrespauschale ist also sinnvoll, wenn die tatsächlichen Arbeitszimmerkosten in einem Jahr geringer als 1.260 Euro sind.

Überschlagen Sie Ihre tatsächlichen Kosten und prüfen Sie, welche der beiden Möglichkeiten bei Ihnen zu dem steuerlich günstigsten Ergebnis führt. Ist es auf den ersten Blick ersichtlich, dass Ihre tatsächlichen Kosten geringer sind, können Sie sich die aufwendige Ermittlung des genauen Betrags sparen. Auch wenn die tatsächlichen Kosten voraussichtlich etwas höher sind als die Jahrespauschale, können Sie natürlich überlegen: Rechtfertigt die Steuerersparnis den Verwaltungsaufwand bei der Ermittlung der tatsächlichen Kosten?

Wie lange ist man an die Wahl gebunden?

Das Wahlrecht kann nur einheitlich für das gesamte Kalenderjahr ausgeübt werden, ein unterjähriger Wechsel zwischen dem Ansatz der tatsächlichen Kosten und der Jahrespauschale ist nicht möglich.

Die im Rahmen des Wahlrechts von Ihnen getroffene Entscheidung bindet Sie aber nicht für künftige Jahre: Sie können jedes Jahr erneut schauen, ob der Ansatz der tatsächlichen Kosten oder der Ansatz der Jahrespauschale für Sie zu einer größeren Steuerersparnis führt.

Das Wahlrecht zwischen tatsächlichem Kostenansatz und der Jahrespauschale muss außerdem nicht bereits zu Beginn eines Jahres von Ihnen ausgeübt werden, sondern erst mit Erstellung der Steuererklärung. Dann müssen Sie entweder die von Ihnen ermittelten tatsächlichen Kosten oder den Betrag für die Jahrespauschale in Ihrer Gewinnermittlung geltend machen. Damit üben Sie Ihr Wahlrecht aus. Eine bestimmte Form oder Abfrage in den Steuererklärungsvordrucken ist zur Wahlrechtsausübung nicht vorgesehen und auch nicht notwendig.

Auch wenn Sie mit dem Ansatz der Jahrespauschale liebäugeln, sollten Sie dennoch die Belege für die im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer entstandenen Kosten sammeln. Diese benötigen Sie zum einen für den Vorsteuerabzug, zum anderen berauben Sie sich so nicht der Möglichkeit, gegebenenfalls das Wahlrecht hin zu den tatsächlichen Kosten auszuüben.

Hat das Finanzamt im Rahmen der Bearbeitung Ihrer Steuererklärung nicht alle von Ihnen geltend gemachten Kosten als Aufwendungen für das Arbeitszimmer anerkannt und ist somit auf einen Betriebsausgabenabzug von weniger als 1.260 Euro gekommen? Dann können Sie das Wahlrecht auf Ansatz der Jahrespauschale noch nach Ergehen Ihres Einkommensteuerbescheids innerhalb der Einspruchsfrist ausüben, denn dies ist bis zum Ablauf der Einspruchsfrist möglich.

 

Diese Informationen haben wir den »Steuertipps für Selbstständige« entnommen – Ihrem aktuellen und finanzamtssicheren Begleiter durch das Steuerjahr für den betrieblichen und privaten Bereich.

mehr Informationen

(AW, MB)

Weitere News zum Thema
  • [] Aufwendungen von mehr als 110 Euro je Beschäftigten für eine betriebliche Jubiläumsfeier bleiben nur dann in der Sozialversicherung beitragsfrei, wenn sie mit der Gehaltsabrechnung pauschal versteuert werden. Eine spätere Abrechnung führt zur Sozialabgabenpflicht mehr

  • [] Wer Lebensmittel oder zubereitete Speisen verkauft, entnimmt gelegentlich Produkte für den eigenen Bedarf. Diese Entnahme muss versteuert werden. Bei der Berechnung der steuerpflichtigen Entnahme kann auf Pauschbeträge zurückgegriffen werden. Jetzt hat mehr

  • [] Wer Aufträge beispielsweise an Webdesigner oder Grafiker vergibt, muss auf die gezahlten Honorare die Künstlersozialabgabe an die Künstlersozialversicherung abführen. 2023 steigt die Künstlersozialabgabe auf 5 Prozent, 2024 soll sie stabil bleiben. mehr

Weitere News zum Thema