GWG-Abschreibung: So kannst du Betriebs­ausgaben vorziehen

Die Abschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern gehört zu den planmäßigen Abschreibungen. Manchmal wird in diesem Zusammenhang auch von »geringfügigen Wirtschaftsgütern« gesprochen.


Im Gegensatz zur linearen Abschreibung erfolgt hier aber keine Verteilung der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Anlagevermögens auf die gewöhnliche Nutzungsdauer.


Tipp Wenn du über die lineare Abschreibung als die am häufigsten eingesetzte Standardmethode mehr wissen möchtest, kannst du dich in unserem Beitrag »Abschreiben heißt: Anschaffungskosten über die Jahre verteilen« informieren!


Erfüllt das Wirtschaftsgut, welches du für deinen Betrieb gekauft oder aus deinem Privatvermögen in deinen Betrieb eingelegt hast, die Voraussetzungen eines sogenannten »Geringwertigen Wirtschaftsguts«, kurz auch als GWG bezeichnet, dann kannst du dich für die GWG-Abschreibung entscheiden. Somit steht dir dann die Sofortabschreibung oder die sogenannte Poolabschreibung offen.


Wann ist ein Wirt­schafts­gut ein GWG?

Im ersten Schritt solltest du also die Frage beantworten, ob es sich bei deinem erworbenen oder eingelegten Wirtschaftsgut auch tatsächlich um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt. Als GWG gelten Güter,


  • die zum abnutzbaren Anlagevermögen gehören,
  • die beweglich und selbstständig nutzbar sind und
  • bei denen die Anschaffungskosten, Herstellungskosten oder der Einlagewert 800 Euro bzw. 1.000 Euro nicht übersteigen.

Tipp Ein geringwertiges Wirtschaftsgut kann auch vorliegen, wenn du es in deinem Betrieb hergestellt hast. In diesem Fall sind die Herstellungskosten bei der Überprüfung der Grenze heranzuziehen. Da es in kleinen Betrieben nur selten um selbst hergestellte Wirtschaftsgüter und somit um Herstellungskosten geht, haben wir in diesem Beitrag auf die Aufführung der Herstellungskosten verzichtet.


Als abnutzbaren Anlagevermögen deines Betriebs gelten alle Gegenstände, die du längerfristig in deinem Betrieb nutzen möchtest.


Bewegliche Wirtschaftsgüter sind die meisten Gegenstände, wenn es sich nicht um ein Gebäude, ein Grundstück oder ein immaterielles Wirtschaftsgut wie ein Patent oder eine Lizenz handelt.


Was bedeutet aber selbstständig nutzbar? Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Gegenstand ohne Ergänzung durch einen anderen Gegenstand benutzbar ist. So ist beispielsweise ein Schreibtisch selbstständig nutzbar, bei einem Schreibtischaufsatz, der ohne den dazugehörigen Schreibtisch nicht steht, ist hingegen die selbstständige Nutzbarkeit nicht gegeben. Auch ein Pkw-Anhänger ist z.B. nicht selbstständig nutzbar.


Bei einem GWG dürfen die Anschaffungskosten oder der Einlagewert nicht die sogenannte GWG-Grenze übersteigen. Diese liegt entweder bei 800 Euro oder bei 1.000 Euro. Hier hast du die Wahl, dich für eine Grenze zu entscheiden.


Immer unter der Voraussetzung, dass die Grenzen für GWG eingehalten werden, sind daher typische geringwertige Wirtschaftsgüter im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit: Einrichtungsgegenstände wie Lampe, Stuhl oder Schreibtisch, Elektrogeräte und auch Fachbücher und Handys.


Sonderfall: Computer und Software

Eigentlich könnte man denken, dass es sich bei Computer-Hardware wie z.B. einem Desktop-Computer oder einem Laptop um klassische GWG handelt, denn: sie gehören zum abnutzbaren Anlagevermögen, sind beweglich und selbstständig nutzbar und in vielen Fällen liegen die Anschaffungskosten unter 1.000 Euro.


Mit einem BMF-Schreiben erfolgte aber eine Anweisung an die Finanzverwaltung, dass bei sogenannten digitalen Wirtschaftsgütern, das heißt, bei Computer-Hardware und Software, die ab dem Jahr 2021 angeschafft wurden, von einer Nutzungsdauer von einem Jahr auszugehen ist (BMF-Schreiben vom 22.2.2022).


Aufgrund der einjährigen Nutzungsdauer kannst du diese digitalen Wirtschaftsgüter somit sofort im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abschreiben, d.h., du darfst im Anschaffungsjahr die Kosten komplett als Betriebsausgaben bei deiner Gewinnermittlung abziehen. Dies gilt unabhängig davon, ob das angeschaffte Wirtschaftsgut die Voraussetzungen für ein geringwertiges Wirtschaftsgut erfüllt oder nicht. Und es spielt auch keine Rolle, wenn in der AfA-Tabelle eine längere Nutzungsdauer aufgeführt ist.


Tipp Das BMF-Schreiben gilt für die die verschiedensten Arten von Computern wie z.B. Desktop-Computer, Notebooks und Tablets. Aber auch nicht selbstständig nutzbare Peripheriegeräte wie beispielsweise Tastatur, Monitor und Drucker können aufgrund des BMF-Schreibens im Jahr der Anschaffung sofort als Betriebsausgabe abgezogen werden. Software wie die typischen Standardanwendungen als auch individuelle Anwendungen wie zum Beispiel eine ERP-Software fallen ebenfalls unter diese Regelung.


Du brauchst dir somit bei den digitalen Wirtschaftsgütern im Sinne des BMF keine Gedanken darüber machen, ob die Kriterien für ein geringwertiges Wirtschaftsgut vorliegen. Nähere Informationen zur Abschreibung von digitalen Wirtschafsgüter findest du in unserem Beitrag »Abschreiben heißt: Anschaffungskosten über die Jahre verteilen«.


Wahlmöglich­keiten bei der Abschreibung von gering­werti­gen Wirt­schafts­gütern

Bei der GWG-Abschreibung gibt es zwei verschiedene Abschreibungsmöglichkeiten:


  • die Sofortabschreibung (§ 6 Abs. 2 EStG)
  • die Poolabschreibung (§ 6 Abs. 2a EStG)

Für welche Abschreibungsmöglichkeit du dich entscheiden darfst, hängt von den Netto-Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts ab.


Du kannst dich jedes Jahr aufs Neue für eine der beiden Abschreibungsmöglichkeiten entscheiden, das heißt, bis auf eine kleine Ausnahme, darfst du die beiden Varianten nicht mischen.


GWG bis zu Anschaffungskosten von 250 Euro sind dabei diese Ausnahme. Denn diese können immer, egal, für welche Abschreibungsmöglichkeit du dich in einem Jahr entschieden hast, sofort abgeschrieben werden (§ 6 Abs. 2 EStG).


Sofort­abschrei­bung bei An­schaffungen bis 800 Euro netto

Hast du dich für die GWG-Grenze von 800 Euro entschieden, kannst du auch bei allen geringwertigen Wirtschaftsgütern eines Jahres, deren Kosten für die Anschaffung bis 800 Euro liegen, die Sofortabschreibung wählen. Es wird somit nicht über die gewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben.


Pool­abschrei­bung bei Anschaffungen zwischen 250,01 Euro und 1.000 Euro netto

Du kannst dich aber auch für die Grenze von 1.000 Euro entscheiden. Dann sind alle GWG, die von 250,01 Euro bis 1.000 Euro angeschafft wurden, über die sogenannte Poolabschreibung abzuschreiben. Poolabschreibung heißt es, da alle geringwertigen Wirtschaftsgüter in diesem Bereich in einem GWG-Sammelposten landen und gemeinsam abgeschrieben werden. Wichtig: Die Sofortabschreibung ist für geringwertige Wirtschaftsgüter in diesem Bereich dann ausgeschlossen.


GWG-Abschreibung: Bemessungs­grundlage

Bei der GWG-Abschreibung spielt die Überprüfung der Grenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter eine große Rolle. Daher ist es für dich wichtig zu wissen, wie die verschiedenen Werte ermittelt werden.


Tipp Willst du tiefer in das Thema Abschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern einsteigen, empfehlen wir dir unseren Ratgeber »Geringwertige Wirtschaftsgüter: Steuerlast mit GWG mindern«.


Anschaffung: Der Netto-Kauf­preis ist entscheidend

Bei der Überprüfung der Grenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter kommt es immer auf den Netto-Kaufpreis an, das heißt, es ist immer der Kaufpreis ohne Umsatzsteuer heranzuziehen. Ist beispielsweise auf der Rechnung des erworbenen Wirtschaftsguts ein Umsatzsteuersatz von 19% angegeben, kann der Brutto-Kaufpreis 1.190 Euro betragen, damit das Wirtschaftsgut noch die Voraussetzung eines GWG erfüllt.


Wichtig Bei der Überprüfung der GWG-Grenze spielt es keine Rolle, ob du als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt bist oder nicht. Es kommt allein auf die Höhe des Netto-Kaufpreises an.


Wirtschafts­gut aus dem Privat­vermö­gen: Ein­lage­wert bestimmen

Hast du den Vermögensgegenstand nicht gekauft, sondern aus deinem Privatvermögen in den Betrieb eingelegt, kommt es auf den sogenannten Einlagewert an. Hier ist für dich zunächst der sogenannte Teilwert entscheidend, das sind die Wiederbeschaffungskosten des Gegenstands zum Zeitpunkt der Einlage.


Legst du den Gegenstand innerhalb von drei Jahren, nachdem du ihn gekauft hast, in deinen Betrieb ein, darfst du ihn aber höchstens mit den damaligen Anschaffungskosten abzüglich fiktiver Abschreibungen bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Das heißt, du tust so, als hättest du den Gegenstand seit dem Kauf abgeschrieben. Hier wird die bei der Anschaffung in den Kosten enthaltene Umsatzsteuer miteinbezogen, da du im privaten Bereich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt bist.


Liegt der Kauf aber schon mehr als drei Jahre zurück, ist der Einlagewert immer mit dem Teilwert, also den aktuellen Wiederbeschaffungskosten zum Zeitpunkt der Einlage, zu bewerten.


Abschreibung von gering­werti­gen Wirt­schafts­gütern: So geht‘s

Damit es für dich leichter ist, zu verstehen, wie die verschiedenen Möglichkeiten, ein GWG abzuschreiben, funktionieren und vor allem, wann welche Möglichkeit für dich steuerlich sinnvoll ist, bekommst du hier einen Überblick.


GWG mit Anschaffungs­kosten bis 250 Euro

Hat ein neu gekauftes Wirtschaftsgut einen Netto-Kaufpreis von maximal 250 Euro, kannst du die Anschaffung (oder auch die Einlage) sofort im Jahr des Kaufes als Betriebsausgabe abziehen (§ 6 Abs. 2 EStG).


Du kannst dich aber auch gegen die Sofortabschreibung entscheiden und das Wirtschaftsgut kann im Normalfall linear über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Wichtig: Diese Entscheidung ist keine einheitliche Entscheidung für alle Wirtschaftsgüter bis 250 Euro. Du kannst bei jedem einzelnen Wirtschaftsgut überlegen, wie du vorgehen möchtest.


Tipp Hast du einen geringen Gewinn, wirkt sich die Betriebsausgabe aufgrund der Sofortabschreibung gegebenenfalls nicht aus, da du eh keine oder kaum Steuern auf den niedrigen Gewinn zahlen musst. Du solltest also überlegen, ob es für dich sinnvoll ist, die Anschaffung eines solchen Wirtschaftsguts auf ein späteres Jahr mit einem höheren Gewinn zu verschieben.


Die Sofortabschreibung von Wirtschaftsgütern bis 250 Euro kannst du immer wählen, egal, ob du dich bei anderen GWG für oder gegen die Poolabschreibung entschieden hast.


GWG mit Anschaffungskosten von 250,01 Euro bis 800 Euro

Hast du dich in einem Jahr für die Grenze bis 800 Euro entschieden, dann kannst du die Anschaffungskosten oder Einlagewerte aller in diesem Jahr angeschafften oder eingelegten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sofort als Betriebsausgabe gewinnmindernd erfassen.


Tipp Die Sofortabschreibung macht für dich in den Jahren Sinn, in denen du mit deinem Unternehmen hohe Gewinne erwirtschaftest hast. Denn durch die Sofortabschreibung erhöhst du deine steuerlichen Betriebsausgaben und minderst somit deinen Gewinn. Und das bedeutet: weniger Steuern zahlen!


In diesem Fall ist eine Poolabschreibung für Wirtschaftsgüter zwischen 800,01 Euro und 1.000 Euro aber nicht möglich!


Wie auch bei den GWG bis 250 Euro kannst du dich gegen die Sofortabschreibung und für die reguläre Abschreibung über die Nutzungsdauer entscheiden. Diese Entscheidung kannst du für jedes einzelne Wirtschaftsgut unabhängig treffen.


Wichtig GWG in diesem Bereich sind in einem gesonderten Verzeichnis aufzunehmen (§ 6 Abs. 2 Satz 4 EStG). In diesem müssen die einzelnen Wirtschaftsgüter bezeichnet werden und auch der Tag der Anschaffung oder Einlage und die jeweiligen Anschaffungskosten (bzw. der jeweilige Einlagewert) müssen aufgeführt sein.


GWG mit Anschaffungskosten von 250,01 Euro bis 1.000 Euro

Hast du dich in einem Jahr für die Grenze bis 1.000 Euro und somit für die Poolabschreibung entschieden, werden alle in diesem Jahr gekauften oder eingelegten GWG von 250,01 Euro bis 1.000 Euro in einem sogenannten GWG-Sammelposten zusammengefasst. In diesem Fall hast du nicht die Möglichkeit der Abschreibung einzelner Wirtschaftsgüter über die Nutzungsdauer.


Den Sammelposten eines jeweiligen Jahres schreibst du dann über fünf Jahre ab, also jährlich mit 20% (§ 6 Abs. 2a Satz 1 EStG). Bei der Abschreibung des Sammelpostens gibt es keine zeitanteilige Kürzung, beispielsweise weil ein GWG erst im Juni angeschafft wurde. Auch wenn ein einzelnes GWG innerhalb der fünf Jahre verkauft wird, spielt keine Rolle. Der Sammelposten wird unverändert weiter abgeschrieben. Die Sammelposten der einzelnen Jahre sind in deinem Anlageverzeichnis in der Anlage AVEÜR aufgeführt, d.h. in deiner Anlage AVEÜR findet sich eine Auflistung der einzelnen Sammelposten von fünf Jahren.


Wichtig Hast du dich für diese Variante entschieden, hast du keine Möglichkeit, die sogenannte Sonderabschreibung (§ 7g Abs. 5 EStG) zusätzlich in Anspruch zu nehmen. Was es mit der Sonderabschreibung steuerlich auf sich hat, erfährst du in unserem Beitrag »Sonderabschreibung für kleine und mittlere Unternehmen«.


Ob die Poolabschreibung für dich vorteilhaft ist oder nicht, hängt von der Nutzungsdauer der geringwertigen Wirtschaftsgüter ab, die in den Sammelposten des laufenden Jahres eingehen.


Tipp Die Poolabschreibung und die Bildung eines Sammelpostens ist häufig dann für dich vorteilhaft, wenn du in dem Jahr viele GWG im Bereich 800,01 Euro bis 1.000 Euro gekauft hast, die eine längere Nutzungsdauer laut AfA-Tabelle als fünf Jahre haben. Denn dann führt die Abschreibung über den Sammelposten für dich zu höheren jährlichen Abschreibungsbeträgen, also zu höheren Betriebsausgaben und somit zu einer größeren Minderung deines Gewinns.


Investi­tions­abzugs­betrag und gering­wertige Wirt­schafts­güter

Mit einem sogenannten Investitionsabzugsbetrag (IAB) kannst du für zukünftige Anschaffungen die GWG-Grenzen beeinflussen.


Denn durch Bildung eines Investitionsabzugsbetrags kannst du die voraussichtlichen Kosten der Anschaffung bis zu drei Jahre vor dem Kauf als Betriebsausgabe erfassen. Kaufst du dann das Wirtschaftsgut, musst du auf der einen Seite den IAB wieder gewinnerhöhend auflösen. Auf der anderen Seite darfst du aber auch die Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsguts um den IAB verringern. Und diese verringerten Kosten sind dann entscheidend für die Einhaltung der GWG-Grenzen. Der IAB ist in § 7g Abs1 bis 4 und 7 EStG geregelt.


In einer vorausschauenden Steuerplanung gelten der Einsatz von IAB im Zusammenhang mit geringwertigen Wirtschaftsgütern als attraktive Instrumente, um deine Steuerbelastung zu deinen Gunsten zu beeinflussen.


Tipp Dem attraktiven Gestaltungsinstrument Investitionsabzugsbetrag haben wir einen eigenen Beitrag gewidmet: »Investitionsabzugsbetrag: Steuerbelastung verschieben«.



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