Steigende Heimkosten: Pflege wird teurer – trotz Reform
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Der Hauptgrund für die anschwellenden Kosten für einen Platz im Pflegeheim sind steigende Gehälter für das Pflegepersonal. Das ist zwar politisch so gewollt, doch die Frage bleibt, wer dafür zahlen soll. Die Pflegereform vom 2.6.2021 dürfte kaum Entlastung bringen.
Viele Menschen denken, dass sie im Alter nicht zum Pflegefall werden könnten. Die Realität sieht leider anders aus. Heute gibt es bereits 4.130.000 Pflegefälle, von denen 80 % zu Hause gepflegt werden – im Durchschnitt acht Jahre lang.
Rund 820.000 Pflegebedürftige leben stationär in einem Pflegeheim. Die selbst zu zahlenden Kosten für einen Heimplatz steigen und steigen. Im Durchschnitt werden monatlich 2.125,- € fällig, wie der Verband der Ersatzkassen mit Stand 1.7.2021 bekannt gab.
Vielerorts – insbesondere in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg – beträgt der finanzielle Selbstbehalt bei stationärer Intensivpflege über 2.500,- €. Das können sich die meisten Rentner nicht leisten. Wer auf kein ausreichendes Einkommen und Vermögen zurückgreifen kann, ist auf seine Familie und letztlich das Sozialamt angewiesen.
Urplötzlich tritt der Ernstfall ein: Ein naher Angehöriger ist nicht mehr in der Lage, sich selbst zu versorgen und benötigt Pflege. Jetzt muss alles ganz schnell gehen, und es entstehen unzählige Fragen: "Wie wird die Pflegebedürftigkeit festgestellt", "Wer übernimmt die Pflege?", "Wer trägt die Kosten?".
Auf diese und viele weitere Fragen liefert dieser nützliche Ratgeber fundierte Antworten. Zudem hält er zahlreiche Musterschreiben und Formulare bereit, die den Papierkrieg erleichtern.
Die wichtigsten Änderungen durch die Pflegereform
Aus der geplanten großen Pflegereform wurde ein in aller Eile verabschiedetes Last-minute-Reförmchen, das die langfristige Finanzierung außer Acht lässt. Die Reform bringt finanziell stark belasteten Pflegebedürftigen wenig Erleichterung, denn sie erhalten zwar einen prozentualen Zuschuss, der mit der Pflegedauer wächst, doch wenn die Kosten weiter so rasant steigen wie zuletzt, dürften sie unter dem Strich bald ebenso viel zahlen wie heute. Zudem bezieht sich der Zuschuss ausschließlich auf die Kosten für die Pflege. Doch Unterkunft und Verpflegung machen einen großen Teil der zu tragenden Belastung aus.
Der Zuschlag, den es ab 1.1.2022 gibt, liegt im ersten Jahr bei 5 % des Eigenanteils für die reine Pflege, im zweiten bei 25 % und im dritten bei 40 %. Erst im vierten Pflegejahr beträgt der Zuschuss 70 %. Das wären derzeit rund 638,- € monatlich, doch davon werden die wenigsten Pflegebedürftigen profitieren, denn laut Statistik stirbt mehr als die Hälfte der Bewohner nach einem Jahr im Pflegeheim.
Weitere Neuerungen
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Kostenerstattung nach dem Tod des Pflegebedürftigen: Bisher erlöschen Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen mit dem Tod des versicherten Pflegebedürftigen. Das hat bei der Verhinderungspflege oft dazu geführt, dass vorfinanzierte Ersatzpflegeaufwendungen nicht mehr mit der Pflegekasse abgerechnet werden konnten, wenn nicht vor dem Tod der versicherten Person ein Antrag gestellt worden war. Mit der Gesetzesänderung haben die Angehörigen nun 12 Monate Zeit, um Abrechnungen vorzulegen.
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Anhebung der Leistungsbeträge für ambulante Pflegesachleistungen zum 1.1.2022: Ursprünglich war für Sachleistungen eine Anpassung in Höhe von 5 % für den 1.1.2021 geplant. Jetzt kommt die Erhöhung ein Jahr später und wird nicht mehr mit einem längst fälligen Inflationsausgleich begründet, sondern sie dient zum Ausgleich des sich aus der vorgesehenen Anbindung der Löhne an Tarife ergebenden Kostenanstiegs.
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Anhebung der Leistungsbeträge für Kurzzeitpflege zum 1.1.2022: Auch für die Kurzzeitpflege war eigentlich für den 1.1.2021 eine Anpassung im Rahmen der gesetzlichen Dynamisierung geplant. Jetzt kommt die Erhöhung ein Jahr später. Die Leistungsbeträge für Kurzzeitpflege werden um 10 % angehoben, um die Unterstützung der häuslichen Pflege durch Kurzzeitpflege zu stärken und die sich aus der verbesserten Vergütung der Kurzzeitpflege ergebenden Kostensteigerungen auszugleichen.
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Übergangspflege im Krankenhaus: Ein neuer Anspruch auf eine Übergangspflege im Krankenhaus im unmittelbaren Anschluss an eine Krankenhausbehandlung wird eingeführt. Voraussetzung dafür ist, dass ansonsten vor der Entlassung erforderliche Leistungen der häuslichen Krankenpflege, der Kurzzeitpflege und zur medizinischen Rehabilitation oder für Pflegeleistungen nach dem Elften Sozialgesetzbuch nicht oder nur unter erheblichem Aufwand sichergestellt werden können. Die Leistung kann allein in demjenigen Krankenhaus erbracht werden, in dem die oder der Versicherte zuvor behandelt wurde.
Was ist jetzt zu tun, bevor das Pflegeheim zur Schuldenfalle wird?
Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt bei einem späteren schweren Pflegefall leider bloß den Grundbedarf ab. Bei durchschnittlicher vollstationärer Pflege müssen in der gesetzlichen Pflegeversicherung Versicherte mit einem Eigenanteil von gut 50 % der Gesamtkosten rechnen. Um dann finanziell über die Runden zu kommen, ist für viele die eigene Vorsorge unerlässlich.
Laut Statistischem Bundesamt reichen bei jedem dritten Pflegebedürftigen die Geldmittel aus gesetzlicher Pflegeversicherung, Rente und Vermögen nicht aus, um alle anfallenden Pflegekosten zu decken.
Um diese finanziellen Lücken zu schließen oder zumindest zu verringern, kann der rechtzeitige Abschluss einer privaten Pflegeversicherung helfen. Die finanzielle Absicherung von Pflegerisiken sollte auf den Durchschnittsfall abgestimmt sein.
Eine private Pflegezusatzversicherung verringert zudem das Risiko, dass bei hohen Pflegekosten, die irgendwann die eigenen Finanzen überschreiten, jene Kinder von Pflegebedürftigen, die ein hohes Einkommen erzielen, vom Sozialamt in finanziellen Regress genommen werden.
Ratgeber: Die private Pflegeversicherung. Finanzieller Schutz vor dem Pflegerisiko
Da die gesetzliche Pflegeversicherung bloß einen Teil der Kosten abdeckt, ist die eigene Vorsorge in Form einer Pflegezusatzversicherung unerlässlich, um finanziell über die Runden kommen zu können.
(MS)