Private Krankenversicherung: Für wen bietet sie Vorteile?
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Keine guten Nachrichten für privat Krankenversicherte: Von Beitragsschock war die Rede, von Beitragssteigerungen um durchschnittlich 8,1 %.
Die Beiträge der privaten Krankheitskosten-Vollversicherung der Barmenia stiegen 2021 um 11 %, beim Marktführer Debeka waren es sogar durchschnittlich 17,6 %.
Voreilig daraus zu schließen, dass die private Krankenversicherung (PKV) immer teurer sei als die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), ist aber falsch. Die Beitragssteigerungen in der PKV erfolgen erst, wenn die Leistungen in einem Tarif um mindestens 10 % über der Kalkulation liegen. Dadurch kommt es zu nachholenden Beitragssprüngen nach ein paar Jahren, nachdem die Beiträge vorher mehrere Jahre stabil waren.
In den vergangenen zehn Jahren sind die PKV-Beiträge laut wissenschaftlichem Institut der PKV im Jahresdurchschnitt sogar geringer gestiegen als die GKV-Beiträge, und zwar um 3 % pro Jahr in der PKV im Vergleich zu 3,3 % pro Jahr in der GKV.
Im Gegensatz zur GKV, wo die Beiträge im Einklang mit steigendem Einkommen und steigenden Beitragssätzen anziehen, beruhen die gestiegenen PKV-Beiträge auf drei Gründen:
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höhere Krankheitskosten und damit höhere Leistungen der privaten Krankenkassen,
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sinkende Zinserträge beim Aufbau der Alterungsrückstellungen und
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längere Lebenserwartung der privat Krankenversicherten.
Grundfalsch ist es, angesichts hoher Beitragssteigerungen die abgeschlossene PKV zu kündigen und zu einem anderen privaten Krankenversicherer zu wechseln. Dadurch würde man die Alterungsrückstellungen verlieren. Eine Rückkehr zur GKV ist ab einem Alter von 55 Jahren in aller Regel nicht mehr möglich. Daher ist dieser Weg für die Gruppe 55 plus verbaut.
Doch es gibt noch andere Möglichkeiten, den Beitrag zu senken, ohne die aufgebauten Alterungsrückstellungen zu verlieren und ohne in die GKV zurückzuwechseln.
Am besten ist ein Tarifwechsel beim bestehenden Krankenversicherer. Wenn auch dann der Beitrag noch zu hoch ist, könnte man in den günstigeren Standardtarif wechseln, bei dem allerdings die Leistungen nur noch vergleichbar sind mit der GKV.
Welche Kriterien sind bei der Entscheidung zwischen PKV und GKV zu beachten?
Wer als gut verdienender Angestellter beispielsweise ein monatliches Bruttogehalt von 5.500,– € in 2021 bezieht und damit über der Versicherungspflichtgrenze von monatlich 5.362,50 € im Westen liegt, muss einen Arbeitnehmeranteil zur GKV in Höhe von rund 385,– € pro Monat (= 7,95 % der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 4.837,50 € West) zahlen.
Diesen GKV-Beitrag gilt es, zunächst mit einem monatlichen PKV-Beitrag zu vergleichen. Diese liegen momentan zwischen 550,– € und 770,– € monatlich. Wenn der Arbeitgeber die Hälfte dieses PKV-Beitrags als Zuschuss gewährt (maximal aber einen Zuschuss von 385,– € wie beim Höchstbeitrag in der GKV), bleibt für den gut verdienenden Angestellten noch ein PKV-Beitrag zwischen 165,– € und 385,– €.
Auf den ersten Blick schneidet der gut verdienende Angestellte also insbesondere bei günstigen PKV-Versicherern besser ab. Sofern er aber Kinder hat und diese auch über die PKV versichert, muss er mit zusätzlichen Beiträgen von 100,– € bis 200,– € für jedes Kind rechnen. In der GKV wären die Kinder aber beitragsfrei mitversichert bei dem Elternteil, der selbst gesetzlich krankenversichert ist. Zusätzliche GKV-Beiträge fallen dann also nicht an.
Wenn beide Elternteile in der PKV sind, müssen die Kinder ebenfalls privat versichert werden. Sind beide Elternteile gesetzlich krankenversichert, haben sie Anspruch darauf, dass ihre Kinder beitragsfrei bei einem Elternteil in der GKV mitversichert sind. Bei unverheirateten Paaren reicht es für die kostenlose Familienversicherung der GKV aus, dass ein Elternteil gesetzlich krankenversichert ist.
Wenn bei verheirateten Paaren ein Elternteil privat und ein anderer gesetzlich krankenversichert ist, ist eine beitragsfreie Mitversicherung der Kinder in der GKV nur möglich, wenn der privat krankenversicherte Elternteil weniger als monatlich 5.362,50 € im Jahr 2021 verdient. Wenn er mehr verdient, aber weniger als der gesetzlich krankenversicherte Elternteil, kann das Kind auch beitragsfrei mitversichert werden. Nur wenn er mehr als 5.362,50 € im Monat verdient und Hauptverdiener ist, müssen Kinder entweder privat oder freiwillig gesetzlich krankenversichert werden. Dann ist für jedes Kind ein separater Beitrag fällig.
Prüfen Sie auf jeden Fall, ob Ihre Kinder in der GKV kostenlos mitversichert werden können. Auch wer noch keine Kinder hat, aber demnächst eine Familie gründen will, sollte die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern in der GKV mit in Betracht ziehen und sich dann eher für den Weiterverbleib in der GKV entscheiden.
Sogar kinderlose Angestellte mit hohem Gehalt und einem Ehepartner, der mangels Beschäftigung nicht gesetzlich krankenversichert ist, sollten sich nicht von den niedrigeren PKV-Beiträgen in den Anfangsjahren blenden lassen und stattdessen in der GKV bleiben. Schließlich ist dieser Ehepartner ebenfalls beitragsfrei mitversichert in der GKV.
Selbst gut verdienende Angestellte ohne Kinder, deren Ehepartner als Beamter privat krankenversichert ist, sollten die im Alter steigenden PKV-Beiträge im Blick haben. Als künftige gesetzlich krankenversicherte Rentner müssen sie nur den GKV-Beitrag in Höhe von rund 8 % der monatlichen Bruttorente tragen, die typischerweise unter der Hälfte des zuletzt bezogenen Bruttogehalts liegt.
Berücksichtigen Sie bei Ihrer Entscheidung pro oder kontra PKV, wie Ihr Ehepartner krankenversichert ist. Der Wunsch, in der PKV geringere Beiträge zu zahlen als in der GKV, sollte also nicht allein ausschlaggebend sein. Sicherlich bietet die PKV für höher verdienende und auf Dauer ledig bleibende Angestellte Vorteile. Aber auch diese relativ kleine Gruppe sollte für die im Rentenalter anfallenden hohen PKV-Beiträge frühzeitig finanziell vorsorgen.
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) zahlt den privat krankenversicherten Rentnern zwar einen Zuschuss zur PKV von rund 8 % der Bruttorente obendrauf. Dieser PKV-Zuschuss macht aber nur einen geringen Teil aus und liegt in aller Regel deutlich unter der Hälfte des PKV-Beitrags.
Dieser Artikel stellt einen kurzen Auszug auf einem umfassenden Beitrag im Loseblattwerk "Der GeldBerater" dar. GeldBerater: online, auf CD-ROM oder als Loseblattwerk mit ausführlichen Informationen zu privaten und gesetzlichen Versicherungen sowie zahlreichen geldwerten Expertentipps zur Geldanlage.
Ratgeber Private Krankenversicherung im Alter
Auch der Fiskus beteiligt sich an Gesundheitskosten. Wie das funktioniert, lesen Sie im Ratgeber Krankheitskosten: So werden sie in der Steuererklärung berücksichtigt.
Welche Vorteile hat die private Krankenversicherung?
Ein guter Vertrag mit einer PKV sichert den Zugang zur Spitzenmedizin und verschafft Ihnen bei stationärem Aufenthalt außer einem Ein- bzw. Zweibettzimmer eine Behandlung durch den Chefarzt. Es gibt Tarife, die eine Behandlung beim Fachspezialisten und in der Privatklinik bezahlen. Viele Ärzte bevorzugen zudem Privatpatienten bei der Terminvergabe, da sie für die gleiche Behandlung mehr Geld bekommen als bei Kassenpatienten.
Die im Vertrag zur PKV vereinbarten Leistungen werden garantiert und können nicht wie in der GKV reduziert werden. Wer will und es sich finanziell leisten kann, mag einen Tarif mit höchstem Leistungsniveau abschließen.
Welche Nachteile hat die private Krankenversicherung?
Der Hauptnachteil einer PKV für Angestellte besteht auf der Beitragsseite. Höhere Leistungen als in der GKV müssen halt auch finanziert werden. Da die PKV-Beiträge nicht von der Höhe Ihres Einkommens abhängen, sondern von Eintrittsalter, Gesundheitszustand und gewähltem Leistungsumfang, sind sie schwieriger kalkulierbar.
Bei Vorerkrankungen werden Beitragszuschläge erhoben. Es kann auch sein, dass Sie bei einer schwerwiegenden Vorerkrankung überhaupt keine Gesellschaft finden, die Sie noch privat krankenversichert. Auch die Zahlungsabwicklung über Ihre private Krankenkasse ist komplizierter als in der GKV. Sie erhalten als Privatpatient die Rechnungen der Ärzte, Zahnärzte sowie Krankenhäuser und müssen diese innerhalb eines Monats zahlen. Rezepte bezahlen Sie in der Apotheke sofort. Anschließend stellen Sie einen Leistungsantrag bei Ihrer privaten Krankenkasse und erhalten dann erst nach etwa zwei Wochen das Geld zurück zusammen mit einer Leistungsabrechnung.
Eine stationäre Behandlung im Krankenhaus wird allerdings, ähnlich wie in der GKV, meist über eine Chipkarte direkt mit Ihrer privaten Krankenkasse abgerechnet. Nur die Kosten für eine Chefarztbehandlung bekommen Sie direkt in Rechnung gestellt.
Mit welchen Maßnahmen lassen sich Beiträge sparen?
Zum Problem können rasante Beitragssteigerungen in der PKV werden. Wenn sie zu teuer wird, können zusätzlich folgende Maßnahmen zur Beitragsersparnis ergriffen werden:
→ Rückkehr in die GKV (in der Regel nur für noch nicht 55-Jährige),
→ Tarifwechsel in der PKV (bei der bisherigen privaten Krankenkasse),
→ Zehn-Prozent-Zuschlag auf den Beitrag bis zum 60. Lebensjahr,
→ Beitragsentlastungstarif,
→ Beitragsrückerstattung,
→ höherer Selbstbehalt,
→ geringerer Leistungsumfang,
→ Standard-, Basis- und Notlagentarif.
Eine Rückkehr in die GKV ist für Angestellte nur bei Unterschreiten der Versicherungspflichtgrenze von monatlich 5.362,50 € im Westen und einem Alter von weniger als 55 Jahren möglich.
Das kann beispielsweise bei Gehaltskürzungen wegen Teilzeitbeschäftigung oder Bezug von Kurzarbeiter- bzw. Arbeitslosengeld I oder auch Elterngeld der Fall sein. Eine Entgeltumwandlung zur betrieblichen Altersversorgung kann Ihr Bruttogehalt ebenfalls unter die Versicherungspflichtgrenze drücken, da die Beiträge zur Entgeltumwandlung sozialversicherungsfrei sind. Wenn Sie als noch nicht 55-jähriger und privat krankenversicherter Angestellter zurück in die GKV wollen, prüfen Sie alle Möglichkeiten zur vorübergehenden Kürzung Ihres sozialversicherungspflichtigen Bruttogehalts.
Um ausnahmsweise auch noch mit 55 Jahren und mehr in die GKV wechseln zu können, bietet sich eine beitragsfreie Familienversicherung über den gesetzlich krankenversicherten Ehepartner an. Für über 55-jährige Alleinstehende scheidet dieser Sonderweg aber aus.
Meist führt schon ein Tarifwechsel bei Ihrem Krankenversicherer zu einer Beitragsersparnis. Laut § 204 Versicherungsvertragsgesetz haben Sie seit 1.1.2009 Anspruch darauf, innerhalb Ihrer eigenen PKV in einen beitragsgünstigeren Tarif zu wechseln. Die bereits gebildeten Alterungsrückstellungen bleiben – anders als beim Versichererwechsel – beim Tarifwechsel erhalten.
Oft haben Versicherer inzwischen mit Ihrem Tarif vergleichbare, aber beitragsgünstigere Tarife aufgelegt mit den gleichen oder sogar umfangreicheren Leistungen. Sie wechseln also in einen gleichartigen neuen Tarif, zahlen weniger oder profitieren von mehr Leistungen. Sofern der günstigere Beitrag beim Wechsel in einen anderen Tarif aber mit Leistungseinschränkungen erkauft wird, sollte man das neue Verhältnis von Beitrag und Leistung genau prüfen.
Holen Sie bei Ihrer privaten Krankenkasse Angebote für neue Tarife ein und lassen Sie sich bei einem geplanten Tarifwechsel von der örtlichen Verbraucherzentrale oder darauf spezialisierten Beratungsfirmen wie beispielsweise "Minerva-Kundenrechte" beraten.
Damit die PKV-Beiträge im Alter nicht zu stark steigen, wird seit 1.1.2000 ein Zuschlag von 10 % auf den Beitrag bis zum 60. Lebensjahr erhoben. Aus diesem 10 %-Zuschlag wird im Alter ab 65 Jahren eine Beitragssenkung finanziert.
Der Abschluss eines zusätzlichen Beitragsentlastungstarifs in jungen Jahren kann Sinn machen. Sie zahlen zwar zusätzliche Beiträge, fangen aber dadurch spätere Beitragssteigerungen im Alter finanziell zumindest zum Teil wieder auf. Von Vorteil ist es, wenn sich der Arbeitgeber an diesen zusätzlichen Beiträgen zu 50 % beteiligt.
Eine weitere Möglichkeit zur Beitragssenkung bietet die Beitragsrückerstattung für bis zu vier Monate im Jahr, wenn in einem Jahr keine Leistungen in Anspruch genommen werden und die Arznei- oder Arztkosten wegen Unterschreitens dieser vier Monatsbeiträge aus eigener Tasche bezahlt werden.
Prüfen Sie vor Einreichen Ihres Leistungsantrags, ob die Beitragsrückerstattung höher ist als die erwartete Leistung Ihrer privaten Krankenkasse. Sollte dies der Fall sein, verzichten Sie auf das Einreichen Ihres Leistungsantrags.
Ein höherer Selbstbehalt senkt unmittelbar den Beitrag. Bei guten Tarifen sollte die Beitragsersparnis höher sein als der vereinbarte Selbstbehalt.
Teilen Sie den jährlichen Selbstbehalt von beispielsweise 1.000,– € durch zwölf Monate. Wenn die monatliche Beitragsersparnis dann höher ist als 83,33 €, lohnt es sich, eine Selbstbeteiligung an den Kosten zu vereinbaren.
Beiträge lassen sich auch sparen durch Reduzierung des Leistungsumfangs. Geringere Leistungen sollten dann aber zu deutlich niedrigeren Beiträgen führen, damit sich das Beitrag-Leistung-Verhältnis nicht rapide verschlechtert.
Wenn die PKV-Beiträge zu hoch sind und unbezahlbar werden, können PKV-Versicherte auf sog. Sozialtarife (Standard-, Basis- oder Notlagentarif) umsteigen. Allerdings entsprechen die Leistungen der privaten Krankenversicherer im Standard- oder Basistarif auch nur in etwa denen der gesetzlichen Krankenkassen.
Beim Standardtarif (nur möglich für Vertragsabschlüsse vor 2009) liegt der monatliche Beitrag bei rund 300,– € und ist damit noch recht günstig. Dieser 1994 eingeführte Standardtarif bietet Leistungen auf dem Niveau der GKV. Bei Ehepaaren dürfen nur maximal 150 % des Höchstbeitrages in der GKV erhoben werden.
Im deutlich teureren Basistarif, der 2009 zusammen mit der generellen Krankenversicherungspflicht eingeführt wurde, müssen Sie jedoch mit 700,– € bis 800,– € im Monat rechnen, also bis zum Höchstbeitrag in der GKV. Da die Krankenversicherer ihren Kunden zwingend einen Tarif anbieten müssen, sind im Basistarif häufig Menschen mit weniger Geld und oft auch mit Vorerkrankungen. Bei Ehepaaren muss jeder Partner den Höchstbeitrag zahlen.
In den Notlagentarif kommen privat Krankenversicherte, die ihre bisherigen PKV-Beiträge aus finanziellen Gründen nicht mehr zahlen können. Im Jahr 2019 gab es knapp 100.000 Versicherte in diesem Notlagentarif. Versicherte im Notlagentarif, der durchschnittlich nur 100,– € im Monat kostet, haben nur noch Anspruch auf Leistungen bei akuten und schmerzhaften Erkrankungen. Das gilt so lange, bis sie ihre aufgelaufenen Schulden beglichen haben.
(MS)