Patientenakte: Die erste Kopie darf nichts kosten
Die erste Kopie der Krankenakte darf nichts kosten!

Patientenakte: Die erste Kopie darf nichts kosten

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Als Patient möchten Sie wissen, wie mit Ihrer Gesundheit umgegangen wurde, welche Daten sich dabei ergeben haben und wie die weitere Entwicklung eingeschätzt wird. Deshalb steht Ihnen gegenüber dem Arzt auch ein Anspruch auf Einsicht in Ihre Krankenunterlagen zu. Sie können auch eine Kopie der Patientenakte verlangen. Der Europäische Gerichtshof hat entgegen der Regelung im deutschen Recht entschieden: Für die erste Abschrift müssen Sie nichts bezahlen.

Kosten für die Kopie einer Patientenakte

Als Patient können Sie Abschriften von der Patientenakte verlangen (§ 630g Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Diese können sowohl von einer in Textform erstellten Dokumentation als auch von elektronischen Dokumenten und gegebenenfalls auch in Form maschinenlesbarer Datenkopien oder Dateien in elektronischer Form angefertigt werden. Der Arzt kann also auch verpflichtet sein, dem Patienten die Kopie einer Videoaufnahme auszuhändigen.

Das Bürgerliche Gesetzbuch sagt ausdrücklich, dass der Patient die Kosten für die Abschriften zu tragen hat (§ 630g Abs. 2 Satz 2 BGB).

Diese Regelung wurde jetzt vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überstimmt und das Gericht hat klargestellt, dass ein Patient das Recht hat, unentgeltlich eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten.

EuGH: Patient hat Anspruch auf unentgeltliche erste Kopie seiner Patientenakte

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Patient meinte, seine Zahnärztin habe ihn fehlerhaft behandelt. Um gegen sie Haftungsansprüche geltend machen zu können, verlangte er eine Kopie seiner Patientenakte. Die Ärztin forderte, dass er, wie nach deutschem Recht vorgesehen, die Kosten für die Zurverfügungstellung der Kopie übernimmt.

Hiergegen klagte der Patient. Der Bundesgerichtshof (BGH) brachte die Sache vor den EuGH: Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt seiner Ansicht nach von der Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts, nämlich der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), ab.

In seinem Urteil stellt der EuGH fest, dass in der DS-GVO das Recht des Patienten verankert ist, eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten, und zwar grundsätzlich ohne dass ihm hierdurch Kosten entstehen. Der Verantwortliche könne ein solches Entgelt nur dann verlangen, wenn der Patient eine erste Kopie seiner Daten bereits unentgeltlich erhalten hat und erneut einen Antrag auf diese stellt.

Die betreffende Zahnärztin sei als Verantwortliche für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten ihres Patienten anzusehen. Als solche sei sie verpflichtet, ihm eine erste Kopie seiner Daten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Der Patient sei nicht verpflichtet, seinen Antrag zu begründen.

Selbst mit Blick auf den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Behandelnden dürften die nationalen Regelungen dem Patienten nicht die Kosten einer ersten Kopie seiner Patientenakte auferlegen.

Des Weiteren habe der Patient das Recht, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in seiner Patientenakte befinden, wenn dies zum Verständnis der in diesen Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten erforderlich ist. Dies schließe Daten aus der Patientenakte ein, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten (EuGH, Urteil vom 26.10.2023, Az. C-307/22).

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(MB)

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