Erstattung der Steuer für Verdienstausfallschaden ist steuerpflichtig
Verdienstausfall und Steuer - damit hat sich der BFH beschäftigt -Symbolbild-

Erstattung der Steuer für Verdienstausfallschaden ist steuerpflichtig

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Geschädigte, die eine Entschädigung für Verdienstausfallschäden erhalten, müssen nicht nur diese Zahlungen versteuern, sondern auch die Erstattungen der darauf entfallenden Steuern. Das hat der BFH entschieden.

Das betrifft Fälle, in denen ein Geschädigter aufgrund eines Schadens, wie z.B. einem medizinischen Behandlungsfehler, seinen Beruf aufgeben muss und von der Versicherung des Schädigers eine Entschädigung für den Verdienstausfall erhält. Diese Entschädigungszahlungen müssen als Ersatz für entgangenen Arbeitslohn versteuert werden – und auch die Erstattung der Einkommensteuer für einen Verdienstausfallschaden ist einkommensteuerpflichtig.

Im entschiedenen Fall erhielt die Klägerin jährlich Zahlungen von der Versicherung des Schädigers, um ihren Verdienstausfall zu kompensieren. Zusätzlich erstattete die Versicherung die von der Klägerin bereits gezahlten Einkommensteuern auf diese Entschädigungsleistungen.

Das Finanzamt und das erstentscheidende Finanzgericht Baden-Württemberg waren der Ansicht, dass auch diese Steuererstattungen selbst der Einkommensteuer unterliegen.

Die Klägerin argumentierte hingegen, dass es sich um einen Steuerschaden handele, dessen Ersatz keine Steuer auslösen dürfe.

Der Streit landete vor dem Bundesfinanzhof (BFH), der entschied: Sowohl der Verdienstausfall als auch die Steuererstattungen stellen steuerpflichtige Entschädigungen dar.

Zur Begründung erklärte der BFH, dass der Nettoverdienstausfall und die Steuerlast Bestandteile eines einheitlichen Schadenersatzanspruchs seien, die lediglich zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgezahlt würden.

Eine ermäßigte Besteuerung der Steuererstattungen wurde ausgeschlossen, da die Zahlungen über mehrere Jahre verteilt erfolgten und somit nicht die notwendige »Außerordentlichkeit« für eine ermäßigte Besteuerung gemäß § 34 EStG gegeben war (BFH-Urteil vom 15.10.2024, Az. IX R 5/23).

Methoden zur Schadensberechnung: Bruttolohn vs. modifizierter Nettolohn

Im entschiedenen Fall hatten sich die Versicherung und die Klägerin darauf geeinigt, dass der Schaden »nach der modifizierten Nettolohntheorie abgerechnet« werden sollte. Demzufolge sollte zunächst der ausgefallene Nettoverdienst gezahlt und später die tatsächlich angefallene Einkommensteuer erstattet werden.

Neben der modifizierten Nettolohnmethode gibt es für die Schadensberechnung noch die sogenannte Bruttolohnmethode.

Beide Methoden sind gleichberechtigt und führen, wenn sie korrekt angewendet werden, zu denselben Ergebnissen. Das hebt der BFH in der Urteilsbegründung ausdrücklich hervor.

Vorteile und Nachteile der Bruttolohnmethode und der modifizierten Nettolohnmethode

Bruttolohnmethode

Bei der Bruttolohnmethode wird der entgangene Bruttoverdienst des Geschädigten als Maßstab für die Schadensberechnung herangezogen, wobei Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bereits enthalten sind.

Vorteile:

  • Die Berechnung des Schadens erfolgt auf Basis des entgangenen Bruttoverdienstes, was die Berechnung relativ einfach und transparent macht.

  • Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind von vornherein enthalten, was die Berechnung klar und nachvollziehbar gestaltet.

Nachteile:

  • Die Bruttolohnmethode berücksichtigt nicht die individuellen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse des Geschädigten, was zu Ungenauigkeiten führen kann.

Modifizierte Nettolohnmethode

Die modifizierte Nettolohnmethode berücksichtigt das fiktive Nettoeinkommen des Geschädigten und addiert alle weiteren Nachteile, die aus dem Schadenereignis resultieren, einschließlich der auf die Schadenersatzleistung geschuldeten Steuer.

Vorteile:

  • Die modifizierte Nettolohnmethode berücksichtigt das fiktive Nettoeinkommen des Geschädigten und alle weiteren Nachteile, einschließlich der auf die Schadenersatzleistung geschuldeten Steuer, was zu einer genaueren Schadensberechnung führt.

  • Die Methode passt sich besser an die individuellen steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse des Geschädigten an.

Nachteile:

  • Die Berechnung ist komplexer und erfordert eine detaillierte Analyse der individuellen Verhältnisse des Geschädigten.

  • Die Methode kann zeitaufwendiger sein, da sie eine genaue Ermittlung aller relevanten Faktoren erfordert.

(MB)

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