Berufskrankheit: Tätigkeit kann beibehalten bleiben
Berufskrankheiten werden nun leichter anerkannt: Die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit wird nicht mehr verlangt.

Berufskrankheit: Tätigkeit kann beibehalten bleiben

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Berufskrankheiten werden nun leichter anerkannt: Die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit wird nicht mehr verlangt.

Zum 1.1.2021 sind wichtige Änderungen des Berufskrankheitenrechts in Kraft getreten.

Insbesondere ist der sogenannte Unterlassungszwang entfallen. Bislang konnten einige Berufskrankheiten nur dann anerkannt werden, wenn die Betroffenen die Tätigkeit, die zu der Erkrankung geführt hat, dauerhaft aufgegeben haben.

Die Unterlassung der ursächlichen Tätigkeit wird seit Anfang 2021 nicht mehr verlangt. Daher wird künftig weit häufiger als bisher ein Leiden als Berufskrankheit anerkannt.

Zwar sahen bisher nur 9 der derzeit 80 anerkannten Berufskrankheiten diesen sogenannten Unterlassungszwang vor. Hierauf entfielen zuletzt jedoch knapp 40 % der angezeigten Berufskrankheiten.

Zahlenmäßig bedeutsam sind hier vor allem die berufsbedingten Hauterkrankungen (BK 5101), aber auch z.B. berufsbedingte Atemwegserkrankungen (BK 4301/4302).

Auch bandscheibenbedingte Erkrankungen der Wirbelsäule (BK 2108–2110) oder Erkrankungen der Sehnenscheiden (BK 2101) werden nun wegen des Wegfalls des Unterlassungszwangs unter erleichterten Bedingungen als eine Berufskrankheit anerkannt.

Patienten mit Hauterkrankungen profitieren am meisten

Besonders wichtig sind die Rechtsänderungen für die Berufskrankheit 5101 Hauterkrankungen. Hierunter fallen vor allem Hautexzeme.

Diese Krankheiten stehen bei den Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit regelmäßig mit Abstand an erster Stelle. So wurden 2019 den Berufsgenossenschaften 19.883 Verdachtsfälle der BK 5101 gemeldet.

Geht es um die Anerkennung von Berufskrankheiten, rangiert diese Berufskrankheit jedoch ganz weit hinten. Lediglich in 383 Fällen wurde nach der Verdachtsanzeige hier auch eine Berufskrankheit anerkannt.

Die Diskrepanz liegt nicht etwa an der Hartherzigkeit der Gutachter der Berufsgenossenschaft, sondern am bislang geltenden Unterlassungszwang. Da die Betroffenen BK 5101-Fälle bislang ihren Beruf meist nicht aufgegeben haben, sondern weiter als Bäcker, Friseur, Fliesenleger oder in ähnlich gefährdeten Berufen gearbeitet haben, konnte ihr Exzem oder eine andere Hautkrankheit nicht als Berufskrankheit gewertet werden.

Allein bei der BK 5101 ist deshalb künftig jährlich mit mehr als 10.000 neuen Anerkennungsfällen zu rechnen.

Bisherige Verdachtsfälle können nun anerkannt werden

Das wirkt sich auch auf Fälle aus der Vergangenheit aus. Die Unfallversicherungsträger sollen von sich aus rückwirkend bis 1997 alle Fälle ermitteln, bei denen es zwar aus medizinischer Sicht angeraten gewesen wäre, die krankheitsverursachende Tätigkeit aufzugeben, die Versicherten selbst ihre Tätigkeit aber (meist wohl aus finanziellen Gründen) nicht aufgeben wollten.

Das regelt § 12 der Berufskrankheiten-Verordnung. Wenn die seinerzeit festgestellte Erkrankung auch 2021 noch besteht, kann sie seit Januar 2021 als Berufskrankheit anerkannt werden und zu Leistungsansprüchen führen.

Die Überprüfung dieser Fälle erfolgt von Amts wegen. Die Betroffenen müssen also keinen Antrag stellen. Leistungsansprüche resultieren hieraus allerdings erst ab 2021 – und nicht rückwirkend.

Vorteile durch die Neuregelung

Dadurch, dass nun in wesentlich mehr Fällen eine Berufskrankheit anerkannt wird, erhalten die Betroffenen früher und rechtsverbindlich und ohne den Beruf aufgeben zu müssen Anspruch auf eine Behandlung und Rehabilitationsmaßnahmen – finanziert durch die Berufsgenossenschaften.

Vorteil: Die Leistungen der Berufsgenossenschaften sind umfassender als diejenigen der Krankenkassen. Zudem entfällt hier die bei den Krankenkassen bei vielen Leistungen geltende Zuzahlung. Auch die Kosten von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die von ärztlicher Seite auf einem BG-Rezept verordnet werden, übernehmen die Berufsgenossenschaften.

Durch die Neuregelung wurde nicht nur die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit erleichtert. Zugleich sind die Betroffenen auch verpflichtet, angebotene Präventionsmaßnahmen der Unfallversicherungsträger anzunehmen, wenn eine Berufskrankheit anerkannt wurde.

Soweit durch die Berufskrankheit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 % eingetreten ist, haben die Betroffenen Anspruch auf Berufsgenossenschafts-Rente. Die Rente wird auch dann gezahlt, wenn der Beruf weiter voll ausgeübt wird.

(MS)

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