Grundrente 2021/2022: Viele haben Anspruch auf Rentenerhöhung
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Die Grundrente steht Menschen zu, die 33 Jahre gearbeitet bzw. Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben und weniger als 1.250 € Alterseinkommen erzielen.
Mit der neuen Grundrente wird seit dem 1.1.2021 die Lebensleistung derjenigen anerkannt, die Jahrzehnte lang in Vollzeit gearbeitet haben, deren Verdienst jedoch nicht für eine auskömmliche Rente reicht.
Hier erfahren Sie alles Wichtige zur Grundrente und zur Grundsicherung plus.
Inhalt
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Unterschied zwischen Grundrentenzeiten und Grundrentenbewertungszeiten
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Grundrente: Einkommensprüfung durch Rentenversicherung und Finanzamt
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Hat die Grundrente Vorteile für Bezieher der Grundsicherung?
Wer hat Anspruch auf Grundrente?
Anspruch auf die Grundrente haben alle in Deutschland lebende alleinstehende Rentner*innen mit einem Einkommen bis 1.250 € pro Monat sowie Paare in Rente mit einem Einkommen bis 1.950 € pro Monat. Bei Paaren spielt die Art der steuerlichen Veranlagung keine Rolle.
Eingerechnet werden die bisherige Rente und sonstige Einkünfte, beispielsweise aus Vermietung und Kapitalanlagen. Da Rentner*innen mit einem kleinen Hinzuverdienst nicht bestraft werden sollen, werden Einkommen aus Minijobs nicht berücksichtigt.
Wenn Sie die Voraussetzungen für die Grundrente erfüllen, bekommen Sie diese automatisch ausgezahlt, ohne vorher als Bittsteller*in bei einem Amt auftreten zu müssen. Die Bedarfs- und Einkommensprüfung wird routinemäßig von der Deutschen Rentenversicherung in enger Zusammenarbeit mit den Finanzämtern durchgeführt. Anders als bei der Sozialhilfe beziehungsweise Grundsicherung wird Ihr Vermögen und Immobilienbesitz – falls vorhanden – nicht dazugezählt.
Unsere Steuersoftware für Rentner*innen hilft Ihnen dabei, eine Steuererklärung auszufüllen und abzugeben. Die Abgabefrist für das laufende Steuerjahr ist immer zur Mitte des darauffolgenden Jahres. Die Einkommensteuererklärung für 2021 müssten Sie dann bis spätestens Mitte 2022 bei Finanzamt eingereicht haben.
Anspruch auf Grundrente auch bei Minijob?
Gerade für Niedrigverdiener ist das eigentlich Interessante an der Grundrente, die dort vorgesehene Freibetragsregelung bei der Grundsicherung im Alter. Falls Sie zu den Niedrigverdienern gehören, ist es wichtig, dass Sie die für die Grundrente erforderlichen mindestens 33 Versicherungsjahre rechtzeitig zusammenbekommen.
Eine entscheidende Rolle spielen dabei Minijobs – allerdings nur dann, wenn Sie die Rentenversicherungspflicht Ihres kleinen Jobs nicht abwählen. Durch die Abwahl sparen Sie nämlich wenig und verlieren viel, denn ein rentenversicherter Minijob zählt für die Rente als vollwertige Versicherungszeit und damit auch als Grundrentenzeit.
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Unterschied zwischen Grundrentenzeiten und Grundrentenbewertungszeiten
Beim Thema "Minijob" und Grundrente zeigt sich, wie wichtig es ist, zwischen zwei Begriffen zu unterscheiden: Grundrentenzeiten und Grundrentenbewertungszeiten.
Grundrentenzeiten
Zu den Grundrentenzeiten gehören alle Zeiten, in denen Sie versicherungspflichtigen Beschäftigungen nachgegangen sind. Sofern Sie alle Voraussetzungen erfüllen und mindestens 35 Jahre Grundrentenzeit nachweisen können, haben Sie Anspruch auf die Grundrente. Bei 33 Jahren nachweislicher Grundrentenzeit haben Sie bei der Grundsicherung im Alter Anspruch auf den Freibetrag. Letzteres gilt auch im – wahrscheinlich seltenen – Fall, wenn Sie 33 Jahre einem rentenversicherungspflichtigen Minijob nachgegangen sind. Hinzu kommen noch Zeiten, in denen Sie zum Beispiel Angehörige gepflegt oder Kinder erzogen haben. Zu den Grundrentenzeiten gehören:
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Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit,
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Kinderberücksichtigungszeiten (bis zu 10 Jahre pro Kind),
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Pflegeberücksichtigungszeiten,
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Wehrdienstzeiten,
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Zeiten des Bezugs von Krankengeld,
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Zeiten des Bezugs von Insolvenzgeld.
So werden Kinderberücksichtigungszeiten berechnet
Die ersten zehn Lebensjahre Ihres Kindes werden als "Kinderberücksichtigungszeit" gewertet. Bei mehreren Kindern zählt dabei meist die Zeit bis zum 10. Geburtstag des jüngsten Kindes. Wenn Sie im Januar 1993 Ihr erstes Kind zur Welt gebracht haben, 1998 das zweite Kind und im Dezember 2004 Ihr drittes Kind geboren wurden, zählt die Zeit von Januar 1993 bis Dezember 2014 – das sind 22 Jahre – als Kinderberücksichtigungszeit und damit als Grundrentenzeit. Sie benötigen also nur noch weitere 13 Jahre an Pflichtbeitragszeiten, um die erforderlichen Zeiten für einen Grundrentenanspruch zusammenzubekommen.
Grundrentenbewertungszeiten
Als Grundrentenbewertungszeit bezeichnet man alle Zeiten, in denen Sie als Versicherte*r mindestens 30 % des Durchschnittsentgelts aller Rentenversicherten bezogen haben. Während dieser Zeit sammeln sich Grundrentenbewertungszeiten auf Ihrem Rentenkonto an. Minijobs gehören jedoch in diesem Fall nicht dazu, da der Verdienst hierfür zu gering ist. Somit stünde Ihnen – trotz nachweislich 33 Jahre rentenversicherungspflichtigen Nebenjobs – kein Zuschlag zur Rente (Grundrente), wohl aber der Freibetrag bei der Grundsicherung im Alter zu.
Wie wird die Höhe der Grundrente berechnet?
Die Grundrente gilt für Bestands- und für Neurentner und soll auch einen Beitrag zum Schutz vor Altersarmut leisten. Voraussetzung für den Erhalt der Grundrente ist, dass Sie mindestens 33 Beitragsjahre nachweisen können. Für die Berechnung der Grundrente werden die in Ihrem Rentenkonto gespeicherten Entgeltpunkte (EP) zugrunde gelegt. Als Grundrentenbewertungszeiten zählen jedoch nur Grundrentenzeiten, die mindestens einen Wert von 0,025 Entgeltpunkte/Monat (0,3 EP/Jahr) aufweisen. Bei der Grundrente werden somit nur Beschäftigungsmonate berücksichtigt, in denen Sie mindestens 30 %, maximal jedoch 80 %, des Durchschnittseinkommens aller Versicherten erzielt haben. Auf Ihrem Rentenkonto entspricht das dann einem Durchschnittswert an Entgeltpunkten zwischen 0,3 und 0,8.
Alle bis zum Renteneintritt gesammelten Entgeltpunkten aus den Grundrentenbewertungszeiten werden addiert und verdoppelt. Falls dabei im Schnitt pro Jahr weniger als 0,8 Rentenpunkte herauskommen, werden die Entgeltpunkte auf max. 0,8 EP aufgestockt und zur Stärkung des Äquivalenzprinzips um 12,5 % reduziert. Daraus ergibt sich ein maximaler Zuschlag zur Rente in Höhe von:
Maximale Grundrente in Westdeutschland:
à 35 Beitragsjahre x 0,8 Entgeltpunkte = 28 x 34,19 € (Rentenwert West) = 957,32 €
Maximale Grundrente in Ostdeutschland:
à 35 Beitragsjahre x 0,8 Entgeltpunkte = 28 x 33,47 € (Rentenwert Ost) = 937,16 €
Von diesem Betrag müssen jedoch noch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen werden. Wenn der Partner oder die Partnerin noch berufstätig ist, werden ggf. noch Steuern abgezogen.
Beispiel-Berechnung zur Grundrentenhöhe
Ein in West-Deutschland lebender Rentner hat in 35 Grundrentenjahren die Hälfte des Durchschnittseinkommens verdient und somit insgesamt 17,5 Entgeltpunkte erwirtschaftet. Das entspricht einem Schnitt von 0,5 Entgeltpunkten pro Jahr. Soweit er die sonstigen Voraussetzungen erfüllt, hat er damit Anspruch auf die Grundrente.
In einem ersten Schritt werden die durchschnittlichen 0,5 EP verdoppelt, jedoch auf 0,8 EP begrenzt. Hieraus ergibt sich eine Differenz von 0,3 EP (0,8 EP - 0,5 EP). Von den 0,3 EP werden pauschal 12,5 % (0,3 EP / 100 x 12,5 = 0,2625) abgezogen. Auf 35 Beitragsjahre gerechnet, ergibt das zusätzliche 9,19 Entgeltpunkte. Insgesamt beträgt der Zuschlag für unseren Rentner im Beispiel eine Grundrente in Höhe von 314,21 € (34,19 Rentenwert x 9,19).
17,5 EP entsprechen bei dem im Jahr 2021 liegenden Rentenwert von 34,19 € (West) einer Bruttorente von 598,33 €. Durch die Grundrente erhöht sich seine monatliche Bruttorente auf insgesamt 912,54 €. Hiervon gehen jedoch noch etwa 11 % an Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung ab. Die Nettorente beträgt damit nach der Aufstockung 812,16 €.
Grundrente: Einkommensprüfung durch Rentenversicherung und Finanzamt
Der Zugang zur Grundrente erfolgt über die Feststellung des Bedarfs. Dazu findet eine umfassende Einkommensprüfung statt. Da die Grundrente so unbürokratisch wie möglich ablaufen soll, erfolgt der Einkommensabgleich automatisiert durch einen Datenaustausch zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden.
Es gilt ein Einkommensfreibetrag in Höhe von 1.250 € für Alleinstehende und 1.950 € für Paare, unabhängig von der Veranlagungswahl. Gleich hohe Renten sollen gleichbehandelt werden. Daher wird das zu versteuernde Einkommen unter Hinzurechnung des steuerfrei gestellten Anteils der Rente sowie aller Kapitalerträge zugrunde gelegt. Im Falle eines Rentenbezuges im Ausland ist für die Leistungsgewährung ein gleichwertiger Einkommensnachweis Voraussetzung.
Um harte Abbruchkanten bei der Leistungsgewährung zu vermeiden, wurde sowohl beim Einkommensfreibetrag als auch bei den Grundrentenzeiten eine kurze, wirksame Gleitzone eingeführt. Damit die Verbesserung in der Rente nicht durch eine Kürzung des Wohngelds aufgehoben wird, gibt es einen zusätzlichen Freibetrag zur Grundrente beim Wohngeld.
Hat die Grundrente Vorteile für Bezieher der Grundsicherung?
In vielen Fällen sorgt die Grundrente dafür, dass das Gesamteinkommen der Betroffenen oberhalb des Grundsicherungsniveaus liegt. Das gilt insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass die Betroffenen häufig noch Anspruch auf weitere Altersbezüge beziehungsweise sonstige Einkünfte im Alter haben. Doch das wird längst nicht immer der Fall sein. Ganz besonders in Großstädten mit hohem Mietniveau werden auch Grundrenten-Bezieher zusätzlich noch Grundsicherung im Alter beantragen müssen.
Auf den ersten Blick könnte man jetzt fragen: Was ist denn dann der Sinn der Grundrente, wenn ohnehin zusätzlich noch Grundsicherung im Alter bezogen wird? Bringt das Konzept für die Betroffenen dann eine Verbesserung?
Ja, denn für Rentner und Rentnerinnen, die 33 Beitragsjahre geleistet haben und Grundsicherung im Alter beziehen, gibt seit 2021 einen zusätzlichen Grundsicherungs-Freibetrag – quasi eine Art Grundsicherung plus.
Der Freibetrag gilt für das Einkommen aus der gesetzlichen Rente in der Grundsicherung und beträgt 100 €, zuzüglich 30 % der darüber hinausgehenden Ansprüche aus der gesetzlichen Rente bis maximal 50 % der Regelbedarfsstufe 1.
Was das praktisch bedeutet, möchten wir Ihnen anhand eines Beispiels verdeutlichen.
Beispiel Grundsicherungsfreibetrag
Das Grundsicherungsniveau lässt sich einfach errechnen durch die Formel "Warmmiete plus Regelsatz". Seit Juni 2021 beträgt die Summe für Alleinstehende durchschnittlich 852 € pro Monat.
Nehmen wir also einmal an, dass ein alleinstehender Rentner eine Nettorente in Höhe von 500 € bezieht und Grundsicherung beantragt.
Von den 500 € Nettorente geht zunächst der Freibetrag in Höhe von 100 € ab. Es verbleiben somit 400 € Nettorente. Von den 400 € sind 30 % und somit 120 € bei der Grundsicherung anrechnungsfrei. Insgesamt beträgt der Freibetrag des Rentners damit 220 € und die anrechenbare Nettorente nur noch 280 €.
Der Grundsicherungs-Regelsatz für Alleinstehende liegt 2021 bei 446 €. Die Hälfte davon sind 223 €. So hoch ist der Grundsicherungs-Freibetrag 2021 maximal.
Praktisch bedeutet das für den Betroffenen: Von den 500 € Rente, die er bezieht, zählen, wenn Grundsicherung im Alter beantragt wird, nur 280 € als anrechenbares Einkommen. Das hat zur Folge, dass er eine Art "Grundsicherung plus" beziehen kann, bei der er monatlich 220 € mehr für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung hat.
Wenn Sie somit trotz Grundrente weiterhin zusätzlich auf Hilfe vom Sozialamt angewiesen sind, steht Ihnen der Freibetrag für die gesetzliche Altersrente zu. Der Freibetrag gilt jedoch nicht nur für künftige Rentenbezieher*innen, sondern auch für denjenigen, die bereits Grundrente erhalten.
Grundrente auch für Selbstständige?
Auch vor dem Hintergrund der geplanten Grundrente könnte für Selbstständige die Entscheidung für eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung attraktiv sein, denn die Zeit der Zahlung freiwilliger Beiträge zählt nicht als Grundrentenzeit, wohl aber die Monate und Jahre der selbst gewählten Antragspflichtversicherung.
Diese Pflichtversicherung in der Deutschen Rentenversicherung für Selbstständige kann innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme der Tätigkeit beantragt werden. Eine vorherige freiwillige Versicherung ist nicht erforderlich. Der Antrag kann also auch gestellt werden, wenn man schon (fast) fünf Jahre selbstständig tätig ist und bislang keine Beziehung zur gesetzlichen Rentenversicherung hatte.
(MS)