Wie die Bundesregierung die Riester-Rente schönrechnet und was Sparer daraus lernen können
Endlich in Rente - hoffentlich finanziell gut abgesichert!

Wie die Bundesregierung die Riester-Rente schönrechnet und was Sparer daraus lernen können

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Wird mir das, was ich einmal im Alter an Einkommen haben werde, für ein finanziell sorgenfreies Leben als Rentner reichen? Die Bundesregierung gibt darauf eine überraschend optimistische Antwort.

Übernimmt man eins zu eins, was in ihrem neuen Rentenversicherungsbericht 2022 und im jüngsten Alterssicherungsbericht von 2020 steht, dürfte es künftigen Rentnerinnen und Rentnern sogar besser gehen als den Ruheständlern heute, unter einer Voraussetzung: Sie müssen zusätzlich privat vorgesorgt haben.

Aber kann das stimmen? Ausgerechnet die Rentenberater der Regierung melden da immer wieder erhebliche Zweifel an – und wer sich die Mühe macht, mal in die amtlichen Berichte genau hineinzuschauen, versteht schnell, dass sich die Bundesregierung da einiges schönrechnet. Das aber ist gut zu wissen, um die eigene zusätzliche Altersvorsorge richtig optimieren zu können.

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Das Gesamtversorgungsniveau

Als eine Art Allparteien-Koalition 2002 die Rentenreformen beschloss, hofften SPD, Grüne und Union darauf, dass die staatlich geförderte private Altersvorsorge (»Riester-Rente«) Einbußen durch das sinkende Rentenniveau ausgleichen kann. Gerechnet wird dabei mit dem sogenannten Gesamtversorgungsniveau. Das beschreibt das Verhältnis der Alterseinkünfte zu den früheren Arbeitseinkünften.

Diese Gesamtversorgung setzt sich zusammen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (RV), der ausgezahlten Riester-Rente – und, was weithin unbekannt ist, aus einer zweiten privaten Zusatzrente. Diese ergibt sich, wenn die Versicherten die Steuerersparnis aufgrund ihrer Einzahlungen in die Rentenkasse in einen weiteren Vorsorgevertrag anlegen. Denn seit 2005 werden die Rentenbeiträge von der Besteuerung zunehmend freigestellt. Im Gegenzug wird ein immer größerer Teil der Rente besteuert. Fachleute sprechen von der sogenannten nachgelagerten Besteuerung.

Ursprünglich war nun vorgesehen, dass 2040 dann volle 100 % der Rente der Besteuerung unterliegen sollten. Um eine Doppelbesteuerung der Rente zu vermeiden, soll die volle Besteuerung laut Koalitionsvertrag aber erst von 2060 an gelten. Bei ihren Modellrechnungen unterstellt die Bundesregierung also, dass nicht nur jeder die Höhe dieser Steuerersparnis kennt, sondern diese »angespart und in einen privaten Rentenversicherungsantrag eingezahlt« werde.

Entsprechend positiv fällt das Ergebnis für die zukünftigen Rentner aus: Die Modellrechnungen zeigten, »dass das Sicherungsniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung durch zusätzliche Vorsorge deutlich gesteigert werden kann«. Das Netto-Gesamtversorgungsniveau werde »auch für künftige Rentenzugänge langfristig aufrechterhalten bzw. sogar leicht gesteigert«, heißt es im Alterssicherungsbericht 2020, der in jeder Wahlperiode einmal, also alle vier Jahre herauskommt.

Und weiter steht hier: »Die Dämpfung der Rentensteigerung und der Einfluss des Übergangs auf die nachgelagerte Besteuerung auf das Netto-Gesamtversorgungsniveau werden kompensiert, wenn ein geförderter Altersvorsorgevertrag bedient und die Steuerersparnis aus der Steuerfreistellung der RV-Beiträge für eine zusätzliche private Altersvorsorge verwendet wird«.

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Wie wirkt sich dies nun konkret nach den Berechnungen der Bundesregierung aus?

Ein Rentner, der 45 Jahre lang stets wie der Durchschnitt (2023: 3.595 Euro brutto im Monat) verdient und wie von der Regierung vorgesehen zusätzlich vorgesorgt hat, hätte demnach 2034 genau 73,5 % netto von seinem Erwerbseinkommen. Zum Vergleich: 2012 sollen es 70,6 % gewesen sein und 2025 sollen es 72,6 % werden. Zwar gehe der Anteil der Rente an dieser Gesamtversorgung zurück, heißt es im Alterssicherungsbericht, doch »dieser Rückgang wird vor allem durch den Aufbau der Riester-Rente, aber auch durch die Privat-Rente kompensiert«. Gerechnet wird in den Alterssicherungsberichten stets für 15 Jahre im Voraus; da der Bericht bereits vor drei Jahren herauskam, wird hier nicht weiter als bis 2034 gerechnet.

Das klingt gut, Sie sollten sich als kritischer Leser von amtlichen Statistiken aber noch einmal klarmachen, welche Basis diese schönen Modellrechnungen haben: Sämtliche Bundesregierungen, egal welche Koalition regiert, unterstellen, dass nicht nur jeder Bürger die Steuerersparnis aufgrund der Absetzbarkeit von Rentenbeiträgen als Vorsorgeaufwendungen in Euro und Cent kennt, sondern auch tatsächlich in eine weitere private Rentenversicherung einzahlt.

Aber mal ehrlich: Könnten Sie als interessierter Laie das berechnen? Tatsächlich dürfte es so sein: Die Steuerersparnis, die sich auch noch jedes Jahr ändert, können nur versierte Steuerberater berechnen. Wer aber lässt sich das schon ausrechnen? Und wer legt dann auch noch genau dieses Geld für den Ruhestand zurück? Tatsächlich dürfte kaum einem Bürger bewusst sein, dass sie oder er diese Steuerersparnis von grob geschätzt je nach Verdienst 20 Euro € bis 200 Euro monatlich auch noch fürs Alter zurücklegen sollte.

Was von der Rechnung zu halten ist, hatte bereits der Sozialbeirat 2016 – er berät die Bundesregierung in Rentenfragen – in seinem jährlichen Gutachten kritisiert: Die Berechnung, hieß es darin, sei allzu »optimistisch«. Denn es liege nahe, »dass nicht alle Versicherten in dem in den Modellrechnungen unterstellten Umfang vorsorgen«. Auch erscheine »die Annahme optimistisch, dass die durch die ansteigende Steuerfreistellung der Beiträge zur Rentenversicherung verfügbar gemachten Einkommen überhaupt oder gar vollständig zu einem zusätzlichen Altersvorsorgesparen verwendet werden«. Geändert hat dieser Einwand allerdings nichts.

Unrealistische Annahmen sorgen für eine Rendite-Illusion

Die Rechnung der Bundesregierung dürfte aber nicht nur wegen der fiktiven Heranziehung einer zweiten »Privat-Rente« auf wackligem Boden stehen. Auch andere Variablen beruhen auf äußerst optimistischen Annahmen. So sollen die zukünftigen Modellrentner seit 2002 ununterbrochen »geriestert« und stets die staatlichen Zulagen voll ausgeschöpft haben. Tatsächlich wird laut Bundesarbeitsministerium in fast jeden fünften Riester-Vertrag gar nichts mehr eingezahlt.

Außerdem unterstellt die Regierung stets, dass die Sparer die volle staatliche Zulage erhalten. Bei den meisten ist dies aber nicht der Fall, da sie selbst nicht genug sparen. Bei den Verwaltungskosten für die Riester-Rente kalkuliert die Regierung mit 10 % der jährlichen Prämien. Diese Kosten können jedoch auch höher ausfallen. Darauf hatte der Sozialbeirat bereits 2012 hingewiesen, ohne dass deshalb in den Berichten eine Änderung erfolgt wäre.

Außerdem wird im Alterssicherungsbericht unterstellt, dass die Riester-Rente und auch die »Privat-Rente« – sobald sie ausgezahlt werden – jedes Jahr genauso steigen wie die gesetzliche Rente. Das wäre ein Plus von durchschnittlich gut 2 % im Jahr. Das aber müssen die Anbieter erst einmal schaffen, wenn es an den Kapitalmärkten weiter so turbulent zugeht und alte Anleihen im Portfolio der Versicherer wegen des Zinsanstiegs deutliche Kursverluste verzeichnen. Das aber ist noch nicht alles. Auch bei den Zinsen handelt es sich, wie Kritiker sagen, um eine Schönwetter-Kalkulation. Es lohnt sich, auch hier das Kleingedruckte einmal genauer anzuschauen.

Selbst der Lobbyverband der Versicherungsbranche, GDV, hatte schon vor Jahren in einem Brandbrief davor gewarnt, dass die Riester-Rente Gefahr laufe, unter anderem wegen der historisch niedrigen Zinsen »für die Kunden renditeschwach und für die Anbieter unwirtschaftlich zu werden«.

Die Bundesregierung hält aber seit Jahren daran fest, dass der Sparanteil der Riester-Rente im Normalfall mit 4 % verzinst wird. Nur für einige Jahre werden niedrigere Renditen unterstellt, für 2015: 3,5 %, 2016: 3 % und für 2017 bis 2024 genau 2,5 %. Danach wird »ein schrittweiser Anstieg auf 4 % bis 2030« angenommen. So steht es – wie schon seit Jahren – auch wieder im jüngsten Rentenversicherungsbericht 2022 in einer winzigen Anmerkung unter einer Tabelle.

Der Sozialbeirat hatte aber schon 2016 angemerkt, dass die langfristigen Zinsannahmen, verglichen mit der prognostizierten Entwicklung der Löhne und des Wachstums, »nicht zwingend« seien. Schon bei einer Verzinsung von 3 % würde das Versorgungsniveau niedriger ausfallen. Die Bundesregierung möge doch deshalb »eine zusätzliche Variante mit einer auch langfristig niedrigeren Renditeannahme« in ihren Bericht aufnehmen – ohne Erfolg.

Kein Wunder, dass der Sozialbeirat zu dem Schluss kam, »sowohl die tatsächliche Inanspruchnahme der Riester-Förderung als auch die zu erwartenden Renditen der marktüblichen Riester-Produkte« sprächen dafür, »dass das dargestellte Versorgungsniveau vor Steuern für einen beachtlichen Teil der Versicherten im Vorausberechnungszeitraum auf diesem Weg nicht erreicht wird«.

Im Rentenversicherungsbericht wird unterstellt, dass ein Standardrentner, der 45 Jahre lang wie der Durchschnitt der Versicherten verdient hat, entsprechend Beiträge in die Rentenkasse gezahlt hat und erstmals 2025 eine Riester-Rente bezieht, 171 Euro im Monat aus seinem Riester-Vertrag bekommt. 2030 sollen es bereits 258 Euro sein, 2035 sogar 357 Euro. Tatsächlich dürfte es in den meisten Fällen deutlich weniger sein.

Wir können aber nur davor warnen, sich die Riester-Rente schönzurechnen. Was wirklich herauskommen könnte, erfahren Sie in den jährlichen Standmitteilungen Ihres Versicherers.

Nun ist der Sozialbeirat, in dem Vertreter der Arbeitgeber, Gewerkschaften, der Bundesbank und drei Wissenschaftler sitzen, in seinen Urteilen sehr zurückhaltend. Jedes Wort wird in dem Gremium abgewogen. Auf den Punkt gebracht, könnte man stattdessen auch sagen: Die Bundesregierung baut eine Illusion mit Modellrechnungen auf, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Dabei kommt heraus, dass sich der Durchschnittsrentner mit seinen drei Renten fast auf dem Niveau eines Pensionärs bewegt. Das aber, Sie wissen es selbst, ist völlig abwegig.

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Was sollten Sie mit einem bestehenden Riester-Vertrag unternehmen?

Was aber bedeutet das für Sie (falls Sie noch nicht in Rente sind und einen Riester-Vertrag haben) oder für Ihre Enkel oder Kinder, die zusätzlich fürs Alter vorsorgen? Was können Sie tun, um einen Riester-Vertrag zumindest optimal zu nutzen?

  • Vergessen Sie zunächst die von der Bundesregierung unterstellte zweite »Privat-Rente« und legen Sie kein Geld an in eine teure und schlecht verzinste private Rentenversicherung. Wenn Sie monatlich etwas übrig haben, investieren Sie 50 Euro, 100 Euro oder auch mehr in einen oder mehrere ETF-Sparpläne mit börsennotierten Indexfonds, die weltweit anlegen. Sie sollten dann aber mindestens zehn Jahre lang einzahlen und geduldig einfach weitersparen, auch wenn es mit den Kursen zwischendrin mal runtergeht.

  • Wenn Sie oder einer Ihrer Angehörigen in einen Riester-Vertrag einzahlen und von den Steuervorteilen oder den staatlichen Zulagen weiter profitieren wollen, achten Sie penibel darauf, dass stets so viel selbst eingezahlt wird, dass die volle Förderung gewährleistet ist. Das ist immer dann der Fall, wenn der Eigenbeitrag plus Zulagen 4 % des rentenversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens erreicht. Wenn Sie weniger einzahlen, werden die Zulagen entsprechend gekürzt.

  • Bei klassischen Riester-Rentenversicherungen sollten Sie auf keinen Fall den Vertrag kündigen, Sie profitieren ja weiter von der Förderung. Das ist vor allem dann zu empfehlen, wenn Sie einen älteren Vertrag haben mit vergleichsweise hohen Garantiezinsen, die über die gesamte Laufzeit noch eine relativ gute Verzinsung bieten.

  • Vielleicht haben Sie aber auch einen Riester-Fondsvertrag: Dabei wandert ein Teil des Sparbeitrags in Investmentfonds. Umso wichtiger ist es für Sie zu wissen, ob die Fonds im Vergleich zu anderen Fonds mit dem gleichen Anlageschwerpunkt gut laufen. Falls Sie oder Ihr Versicherer danebengegriffen haben, sollten Sie prüfen, ob innerhalb Ihres Vertrags ein Wechsel des oder der Fonds möglich ist. Dabei müssen Sie aber auf die Kosten achten.

Sie können dabei den Fondspolicen-Optimierer der Stiftung Warentest im Internet nutzen. Anhand von Vertragsnamen sowie der im Vertrag genannten Zertifizierungsnummer können Sie Ihre Versicherung identifizieren. Sie finden dann für etliche Riester-Tarife aus dem Angebot des Versicherers die jeweils besten Fonds.

 

    

 

 

Diesen Text haben wir dem »GeldBerater« entnommen.

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(AI)

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