Verwahrentgelt: Die böse Überraschung für Sparer
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Noch vor Jahren völlig undenkbar: Eine Bank verlangt Zinsen vom Kunden. Wie können sich Sparer wehren?
Negativzinsen, ein anderes Wort für Verwahrentgelt, sind inzwischen keine Seltenheit mehr. So ermittelte das Vergleichsportal Verivox, dass von 1.300 befragten Banken und Finanzdienstleistern schon 430 von ihren Kunden für Geldeinlagen Verwahrentgelte verlangen. Die Anzahl dürfte weiter steigen.
Die korrekte rechtliche Bezeichnung ist Verwahrentgelt, da Zinsen nur auf Darlehen gezahlt werden. Allerdings meinen einige Spötter, dass der Begriff Negativzinsen sehr wohl richtig ist, da der Kunde der Bank ein unfreiwilliges Darlehen gibt.
Auch ein anderer Aspekt ist in diesem Zusammenhang wichtig: Mit deutlich steigenden Lebenshaltungskosten – wie zurzeit – verliert das Geld auf Sparkonten durch die Inflation zunehmend an Wert, selbst wenn keine Verwahrentgelte anfallen. Deshalb lohnt es, sich nach Anlagealternativen umzusehen, um die Folgen der Inflation zumindest zu mildern.
Warum verlangen viele Banken Verwahrentgelte?
Betroffen hiervon sind Gelder auf Girokonten, Sparkonten und Tagesgeldkonten. Die Banken agieren hier meist flexibel. Manchmal gelten die Regelungen auch nur für Neukunden. Die Spanne der berechneten Verwahrentgelte liegt im Regelfall zwischen 0,25 % und 0,6 % jährlich auf die Geldeinlage. Eigentlich alle Banken haben Freibeträge, bis zu denen Geldeinlagen von der Berechnung von Verwahrentgelten verschont bleiben. Diese Freibeträge schwanken zwischen 5.000,– € und 50.000,– €, einige liegen auch höher. Zusätzlich kann es noch Staffelgrenzen geben, beispielsweise 100.000,– € oder 500.000,– €. Bei Überschreiten dieser Grenzen werden für Einlagen noch höhere Verwahrentgelte berechnet.
Da es immer noch Banken gibt, die keine Verwahrgebühr nehmen, könnte sich ein Bankwechsel auszahlen. Wie lange diese Ausnahmen jedoch bestehen, ist unklar. Wer weniger als 50.000,– € auf dem Konto hat, kann natürlich zu einer Bank wechseln, die erst ab 50.000,– € eine Verwahrgebühr erhebt. Allerdings könnten diese Banken bald auf die Idee kommen, die Freigrenzen herabzusetzen.
Die rechtliche Situation
Grundsätzlich dürfen Banken für Dienstleistungen auch ein Entgelt verlangen. Doch wie sieht es mit Geld auf Girokonten aus? Was hat sich an der Dienstleistung in den letzten Jahren verändert? Das wollte die Verbraucherzentrale Bundesverband wissen und klagte dagegen, dass Neukunden, die mehr als 10.000,– € auf ihren Girokonten hatten, hierfür 0,5 % Verwahrentgelt pro Jahr zahlen sollten.
Das Landgericht Düsseldorf befand, dass die Kontoführungsgebühr bereits die Dienstleistung der Verwahrung beinhaltet, und gab der Klage gegen die Volksbank Rhein-Lippe statt. Ein Verwahrentgelt ist also unzulässig, das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Dennoch dürfen Kunden darauf hoffen, dass Verwahrentgelte als nicht zulässig angesehen werden. Ein ähnliches Urteil wurde gegen die Spardabank Berlin erwirkt (Giro- und Tagesgeld). Ob so ein Urteil, sofern es rechtskräftig würde, sehr viel ändert, ist unklar. Denn Banken sind in diesem Punkt erfindungsreich und würden wahrscheinlich als Konsequenz einfach die Kontoführungsgebühren erhöhen.
Das Vorgehen der Banken beim Verwahrentgelt
Viele Bankkunden bekommen gleichzeitig zur Meldung, dass ein Verwahrentgelt eingeführt wird, auch den Hinweis auf ein Beratungsgespräch, um das Verwahrentgelt zu vermeiden. Angeboten werden dann meistens hauseigene, aktiv gemanagte Investmentfonds.
Das mag im Einzelfall sinnvoll sein, aber in der Regel erfüllen diese Gelder einen bestimmten Zweck und werden nicht selten für spätere Anschaffungen oder die Hausrenovierung, manchmal auch als Eigenkapital für einen geplanten Hauskauf benutzt. In jedem Fall sollten die Angebote, selbst wenn sie sinnvoll erscheinen, gründlich geprüft werden.
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Welche Anlage-Alternativen gibt es?
Die Anlagealternativen sind abhängig davon, wie lange die Haltedauer des Geldes auf dem Konto sein soll. Ist geplant, das Kapital in wenigen Wochen bis wenigen Monaten einzusetzen, lohnt sich meist nicht der Aufwand mit der Suche nach Alternativen. Eine Alternative könnte auch eine Bank sein, die noch kein Verwahrentgelt erhebt. Hier gilt es zu bedenken, dass auch die anderen Konditionen wie Kontoführungsgebühr stimmen müssen. Der Aufwand bei der Suche nach einer neuen Bank lohnt sich meist nur bei höheren Anlagesummen. Wer der Situation misstraut und sich nicht dem Risiko aussetzen will, doch irgendwann in die Falle des Verwahrentgeltes zu tappen, muss andere Lösungen suchen.
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Die Anlage in Festgelder
Festgeldkonten sind bislang kaum von den Strafzinsen betroffen. Allerdings ist der Zinssatz gering und liegt weit unterhalb der derzeitigen Inflationsrate. Ein schleichender Kapitalverlust ist so nicht zu vermeiden, aber immer noch besser als gar keine Zinsen zu erhalten und Verwahrentgelte zu zahlen. Festgelder gibt es mit unterschiedlichen Laufzeiten ab drei Monaten.
Die Konten müssen aktiv gemanagt werden, das heißt, eine Kündigung muss vorgenommen werden, auch ein Laufzeitwechsel zum Ende des Anlagezeitraums. Ansonsten geht das Geld in die nächste Runde mit der gleichen Laufzeit.
Die Anlage in Kündigungsgelder
Kündigungsgeld gehört wie auch das Festgeld zu den Termineinlagen, wird aber (noch) seltener nachgefragt. Es ist von der Art und Weise ein Mittelding zwischen Tagesgeld und Festgeld. Eine vertraglich vereinbarte Laufzeit wie beim Festgeld gibt es nicht. Stattdessen einigen sich Bank und Sparer auf eine Kündigungsfrist, die lediglich 30 Tage, aber auch 18 Monate betragen kann.
Wenn der Kunde den Vertrag kündigt und die Frist verstrichen ist, wird der Anlagebetrag samt Zinsen ausgezahlt. Die Zinsen liegen häufig auf einem ähnlichen Niveau wie beim Festgeld. Der Vorteil ist die höhere Flexibilität.
Die Anlage in Sparbriefe
Mit einem Sparbrief legen Sie einen Geldbetrag für eine bestimmte Laufzeit (1–10 Jahre) zu einem fest vereinbarten Zinssatz für die gesamte Laufzeit an. Für die Dauer der vereinbarten Laufzeit liegt das Geld fest und kann nicht gekündigt werden.
Es gibt drei Varianten von Sparbriefen:
→ 1) Beim aufgezinsten Sparbrief werden die Zinsen angesammelt und dem Guthaben gutgeschrieben. Hierdurch entsteht ein Zinseszinseffekt über die gesamte Laufzeit des Papiers.
→ 2) Beim abgezinsten Sparbrief wird zunächst ein um den Zinssatz reduzierter Einzahlungsbetrag notwendig. Bis zum Laufzeitende wird durch die angesammelten Zinsen der vollständige Nennwert des Sparbriefes erreicht.
→ 3) Bei Sparbriefen mit jährlicher Auszahlung werden die angefallenen Zinsen jährlich ausbezahlt.
Durchschnittlich liegen die Zinsen für einen Sparbrief oberhalb von herkömmlichen Festgeldanlagen, sind aber vor allem bei längeren Laufzeiten unattraktiv.
Es gibt dubiose Anbieter, die sich auf den Vertrieb von Sparbriefen spezialisiert haben. Seien Sie wachsam, wenn der Anbieter im Ausland sitzt. Dort gelten andere Regeln für diese Anlageform. Charakteristisch für solche fiesen Angebote ist ein hoher Zinssatz von jährlich mindestens 3 % oder 4 %. Aufgrund der derzeitigen Marktsituation ist dies ein unrealistischer Zinssatz in Europa.
Alternativen wie Weltsparen, Zinspilot und Co.
Einen Blick wert ist Weltsparen, ein Zinsportal, das sich auf besser verzinste Anlagen in Europa spezialisiert hat. Weltsparen ist eine Marke der Raisin Bank in Berlin. Seit 2013 sind über diesen Weg Tages- und Festgelder und verschiedene Sparformen auf dem Markt. Die Raisin Bank unterliegt der deutschen Einlagensicherung mit einer Mindestabsicherung von 100.000,– €. Die Raisin Bank ist dabei nur Vermittler der Geldanlagen, bietet also keine eigenständigen Produkte an.
Vermittelt werden über die Plattform Tages-, Fest- und Kündigungsgelder. Die Laufzeit der Anlagen reicht dabei von einem Monat bis zu zehn Jahren. Zurzeit können Kunden zwischen 92 Banken aus dem europäischen Ausland wählen. Diese bieten für die Anlageformen meist eine deutlich höhere Verzinsung an als deutsche Banken. Zusätzlich fällt kein Verwahrentgelt an. Beim Festgeld liegen die Spitzenzinsen bei 0,7 % bei einjähriger Laufzeit und bei 1,2 % bei fünfjähriger Laufzeit. Die höchsten Zinsen für Tagesgelder liegen aktuell bei rund 0,15 %.
Weltsparen finden Sie im Internet unter www.weltsparen.de. Ein vergleichbares Angebot wie Weltsparen weist das ebenfalls zur Raisin Bank gehörende Portal Zinspilot (www.zinspilot.de) auf. Bei allen Portalen ist darauf zu achten, welcher nominelle Zinssatz ausgewiesen wird. Bei einigen Ländern sollte die eventuell anfallende Quellensteuer miteinkalkuliert werden. Grundsätzlich sind die Angebote von osteuropäischen Banken schwierig einzuschätzen. Diese Angebote sollten Sie in jedem Fall gründlich überprüfen.
Anteile bei Genossenschaftsbanken, Spar- und Bauvereinen
Wenn Genossenschaftsanteile als Geldanlage diskutiert werden, stehen meist Baugenossenschaften und Genossenschaftsbanken (Volks- und Raiffeisenbanken, Sparda-Banken) im Vordergrund. Genossenschaftsanteile sind nichts Anderes als Geschäftsanteile an einer Genossenschaft. Aus den Gewinnen der Genossenschaft kann eine jährliche Dividende ausgezahlt werden, welche Mitglieder anteilig für ihre Genossenschaftsanteile erhalten. Wie bei Aktien ist die Dividende nicht garantiert und kann unabhängig von der wirtschaftlichen Situation einer Genossenschaft ausgesetzt werden. Fast alle Genossenschaftsbanken begrenzen die Maximalsumme, die ein Mitglied zeichnen kann.
Außerdem sollten Interessenten darauf achten, welche Kündigungsfristen für ihre Anteile gelten und ob die Bank bei der Zeichnung von Anteilen darauf besteht, ein womöglich vergleichsweise teures Girokonto bei ihr zu eröffnen. Bei einer geringen möglichen Maximalsumme bleibt so von der schönen Dividende nicht mehr viel übrig.
Viele Genossenschaften legen Wert auf das Regionalprinzip. Genossenschaftsanteile können so nur von im Geschäftsgebiet wohnenden Privatkunden erworben werden.
Ein interessanter Kandidat, um Genossenschaftsanteile zu zeichnen, ist die Raiffeisenbank im Hochtaunus (www.meinebank.de). Diese Bank engagiert sich vor allem in der gewerblichen bundesweiten Immobilienfinanzierung und sucht bundesweit nach neuen Mitgliedern. Pro Person können Genossenschaftsanteile in Höhe von maximal 50.000,– € erworben werden. Für das Geschäftsjahr 2020 hat die Vertreterversammlung wie in den Vorjahren auch eine Dividende von 2,5 % beschlossen. Wer seinen Anlagebetrag zurückhaben möchte, kündigt mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende. Die Auszahlung an Sie erfolgt dann mit Ablauf der darauffolgenden Vertreterversammlung.
(MS)