Unterschrift darf bei Testament unleserlich sein
Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Doch wann ist eine Unterschrift gültig? Nicht bloß bei vielen Ärzten besteht die Unterschrift aus Schlangenlinien.

Unterschrift darf bei Testament unleserlich sein

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Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Doch wann ist eine Unterschrift gültig? Nicht bloß bei vielen Ärzten besteht die Unterschrift aus Schlangenlinien. 

Genauso verhielt es sich auch in einem Fall, über den das Oberlandesgericht (OLG) Köln am 18.5.2020 befand. Nur: Hier war die strittige Unterschrift nicht berufs-, sondern krankheitsbedingt schlecht leserlich. Doch sie zählt – befand das OLG (Az. 2 Wx 102/20).

In dem verhandelten Fall hatte eine Frau nach dem Tod ihres Mannes ihren Großcousin zu ihrem Alleinerben eingesetzt. Nachdem auch sie verstorben war, zweifelten die Geschwister des Ehemanns das Testament an und beantragten selbst einen Erbschein.

Als Argument führten sie an, die Witwe sei krankheitsbedingt testierunfähig gewesen. Zudem sei die notarielle Niederschrift des Testaments von ihr nicht vollständig unterschrieben worden.

Beide Argumente wies das OLG zurück. Dass die Witwe bei der Aufsetzung des Testaments testierunfähig gewesen sei, sei nicht nachgewiesen worden, im Zweifelsfall müsse sie deshalb als testierfähig gelten. Originalton OLG: "Insoweit gilt der Grundsatz, dass die Testierfähigkeit die Regel und eine Testierunfähigkeit die Ausnahme ist, weshalb die Feststellungslast denjenigen Beteiligten trifft, der sich auf Testierunfähigkeit beruft. Lässt sich eine Testierunfähigkeit nicht mit hinreichender Gewissheit feststellen, ist davon auszugehen, dass der Erblasser testierfähig war".

Die von den Geschwistern für nicht hinreichend angesehene Unterschrift sah folgendermaßen aus: Die Witwe hatte zunächst den ersten Buchstaben ihres Familiennamens "D" geschrieben, anschließend folgte eine geschlängelte Linie. 

Aufgrund der besonderen Umstände des entschiedenen Falls ging das Gericht davon aus, dass die Witwe damit nicht lediglich eine Paraphierung beabsichtigte, sondern eine volle Niederschrift ihres Familiennamens. Das sei ihr vor dem Hintergrund ihrer Schwächung durch ihre schwere Erkrankung nach der glaubhaften Darstellung des Notars nicht vollständig gelungen.

Eine Unterzeichnung eines notariellen Vertrags sei nur dann nicht ausreichend, wenn sie "nicht zumindest den Versuch zum Ausdruck bringt, den Familiennamen auszuschreiben". Ein Versuch liege hier jedoch vor.

Vor allem habe die Unterschrift im Falle einer notariellen Beurkundung lediglich die Funktion einer "Bekundung der Verantwortungsübernahme". Die Identifizierung des Betroffenen werde hier schon vom Notar gewährleistet. Und an der Verantwortungsübernahme bei der Unterzeichnung des Testaments könne kein Zweifel bestehen.

Anders wäre die Entscheidung möglicherweise ausgefallen, wenn es sich um ein ohne Hinzuziehung eines Notars zu Hause verfasstes Testament gehandelt hätte.

Hier wären wohl an die Unterschrift höhere Anforderungen gerichtet worden. Zudem hätte in diesem Fall die Testierfähigkeit möglicherweise mit größeren Erfolgschancen angezweifelt werden können. 

Generell gilt: Je schlechter der Zustand des Vererbenden bei der Aufsetzung des Testaments ist, desto eher sollte notarielle Unterstützung in Anspruch genommen werden. Gerade wenn es darum geht, ob und inwieweit der Vererbende bei Aufsetzung des Testaments dement war, sind Notare allerdings nicht quasi als Experten anzusehen. Vermerke des Notars wie "auf Grundlage eines längeren Gesprächs habe ich mich von der Testierfähigkeit überzeugt" werden im Streitfall die Gerichte nicht in jedem Fall überzeugen. Sinnvoller ist in jedem Fall, wenn ein Notar konkrete und aussagefähige Notizen über das Gespräch mit seinem Mandanten vorlegen kann.

(MS)

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