Keine Steuer auf Scheinrenditen aus Schneeballsystemen
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Scheinrenditen aus Schneeballsystemen müssen nicht versteuert werden – das gilt jedenfalls dann, wenn der Betrüger die Kapitalertragsteuer einbehalten, aber nicht an das Finanzamt abgeführt hat. Das geht aus einem aktuell veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs hervor.
Schneeballsystem: So war es hier aufgebaut
Wir behalten in der folgenden Beschreibung des Sachverhalts die Namensabkürzungen des BFH bei – wenn Sie sich das Urteil komplett durchlesen möchten, können Sie dies hier auf der Internetseite des Bundesfinanzhofs kostenlos tun.
B hatte unter der Firma der C ein Schneeballsystem mit fingierten Aktiengeschäften betrieben, das im Jahr 2013 aufflog. C hatte bis dahin auf Verlangen der Anleger die Gewinne ausgezahlt.
Der späteren Klägerin bescheinigte C im Streitjahr einen Gewinn aus dem fingierten Ankauf und Verkauf von Aktien (Berechnung: Verkaufspreis abzügl. Anschaffungskosten und Bankkosten).
Auf dieser Abrechnung wurde die korrekte Kapitalertragsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag ausgewiesen und einbehalten. Was die spätere Klägerin nicht wusste: Die Kapitalertragsteuer wurde von C weder beim Finanzamt angemeldet noch an das Finanzamt abgeführt.
Die spätere Klägerin gab die erzielten Scheinrenditen aus den Aktienverkäufen nicht in der Einkommensteuererklärung an.
Nach einer Mitteilung der Steuerfahndung änderte das Finanzamt den Steuerbescheid der Anlegerin und unterwarf den Erlös aus der Veräußerung der Aktien als Kapitaleinkünfte i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Besteuerung.
News zum Urteil der Vorinstanz im hier geschilderten Fall: Abgeltungssteuer in betrügerischen Schneeballsystemen
Besteuerung bei Schneeballsystemen: Das sagt der Bundesfinanzhof (BFH)
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH unterliegen auch Kapitaleinkünfte aus vorgetäuschten Gewinnen im Rahmen eines Schneeballsystems der Besteuerung. Voraussetzung: Der Anleger kann über die Gewinne verfügen, z.B. durch eine Wiederanlage (Novation), und der Schuldner der Kapitalerträge ist zu diesem Zeitpunkt leistungsbereit und leistungsfähig ist (BFH-Urteil vom 11.2.2014, Az. VIII R 25/12).
Das gilt auch dann, wenn das Schneeballsystem zu einem späteren Zeitpunkt zusammenbricht und der Anleger sein Geld verliert.
Nach Auffassung des BFH ist jedoch nicht nur bei der Besteuerung der Scheinrenditen auf die subjektive Sicht des Anlegers abzustellen, sondern auch bei der Frage, ob die Abgeltungswirkung für die von dem Betreiber des Schneeballsystems einbehaltene Kapitalertragsteuer (§ 43 Abs. 5 Satz 1 EStG) eintritt. Und genau das war hier der Fall, denn C hatte ja in der Abrechnung die Kapitalertragsteuer zzgl. Soli korrekt ermittelt und ausgewiesen.
In einem solchen Fall, so der BHF, gilt folgendes:
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Konnte der Anleger davon ausgehen, dass die Scheinrenditen dem Steuerabzug unterlegen haben, ist die Einkommensteuer abgegolten.
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Dies gilt auch dann, wenn die Kapitalertragsteuer von dem Betrüger nicht beim Finanzamt angemeldet und abgeführt wurde und dieser keine Genehmigung nach § 32 des Kreditwesengesetzes hatte.
Dies hat zur Folge, dass Kapitaleinkünfte aus einem betrügerischen Schneeballsystem in diesem Fall grundsätzlich nicht mehr der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde zu legen sind.
Die Scheinrenditen sind dem Anleger in diesem Fall allerdings in voller Höhe, also auch unter Berücksichtigung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer zugeflossen, da der Einbehalt für Rechnung des Steuerpflichtigen als Gläubiger der Kapitalerträge erfolgte (BFH-Urteil vom 29.9.2020, Az. VIII R 17/17).
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(MB)