Miteigentumsanteil an einer Immobilie geerbt? Dieses Urteil müssen Sie kennen!
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Bei der Bewertung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück für Erbschaftsteuerzwecke muss vom anteiligen Verkehrswert des Grundstücks ein Marktanpassungsabschlag abgezogen werden, der die niedrigere Verkehrsfähigkeit eines Miteigentumsanteils abbildet. Das hat das FG Münster entschieden.
Erwerb eines Miteigentumsanteils ist für Dritte mit Risiken verbunden
Der vor dem FG Münster verhandelte Fall betraf einen Kläger, der einen hälftigen Miteigentumsanteil an einem Grundstück geerbt hatte. Auf dem Grundstück befand sich ein baufälliges Gebäude, das abgerissen werden musste.
Um die Erbschaftsteuer zu berechnen, wurde ein Wertgutachten des Gutachterausschusses eingeholt, aus dem sich ein Verkehrswert für das gesamte Grundstück von 150.000 Euro (Bodenwert abzüglich Abrisskosten) und ein Verkehrswert für den hälftigen Miteigentumsanteil von 60.000 Euro ergab.
Im Gutachten wird ausgeführt, dass vom hälftigen Verkehrswert im Wege der Marktanpassung ein Abschlag vorzunehmen sei, weil der Erwerb eines Miteigentumsanteils für Dritte mit erheblichen Risiken verbunden sei. Diesen Abschlag bezifferte der Gutachterausschuss wegen Erfahrungen aus Zwangsversteigerungsverfahren und Beleihungswertgrenzen von Banken mit etwa 20 %.
Das Finanzamt erkannte diesen Abschlag jedoch nicht an und stellte den Grundbesitzwert für den Miteigentumsanteil auf 75.000 Euro fest, da die Marktgängigkeit eines Miteigentumsanteils bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen sei.
Dagegen wehrte sich der Kläger.
So entschied das Gericht
Das FG Münster folgte dem Gutachten und bewertete den Miteigentumsanteil für die Erbschaftsteuer mit 60.000 Euro.
So begründeten die Richter ihre Entscheidung:
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Der Kläger hat den Nachweis gemäß § 198 Satz 1 Bewertungsgesetz (BewG) erbracht, dass der gemeine Wert des Miteigentumsanteils niedriger ist als der nach §§ 182 ff. BewG ermittelte (Bedarfs-)Wert.
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Das Gesetz beschränkt sich nicht auf den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts des Volleigentums, sondern lässt auch eine Bewertung unterhalb des rechnerischen Bruchteils des Werts des Volleigentums zu.
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Das vom Kläger eingereichte Sachverständigengutachten entspricht den Vorgaben der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertVO) und ist im Ergebnis plausibel. Es ist dazu geeignet, den niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.
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Die modifizierte rechnerische Ableitung des gemeinen Werts des Miteigentumsanteils ist ebenfalls plausibel und nachvollziehbar. Die Berücksichtigung eines Marktanpassungsabschlags entspricht den Vorgaben des § 7 Abs. 2 der ImmoWertVO. Für die spezielle Bewertung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück liegen keine spezifischen Daten vor, sodass ein marktüblicher Abschlag zu schätzen ist.
»Risiko für Dritte« ist wichtiges Argument
Das FG Münster ist zwar der Begründung des Gutachterausschusses in Bezug auf die Bewertung von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren und auf die Beleihungswertgrenzen von Banken nicht gefolgt, weil nicht erkennbar sei, dass sich hieraus Rückschlüsse auf den Verkehrswert ziehen ließen.
Allerdings – so das Gericht – sei die weitere Begründung, dass der Erwerb eines Miteigentumsanteils für Dritte mit erheblichen Risiken verbunden sei und deshalb zu einem geringeren Verkehrswert führe, in der Sache nachvollziehbar: Schon der Umstand, dass die Verwaltung eines gemeinschaftlichen Gegenstands grundsätzlich allen Beteiligten einer Bruchteilsgemeinschaft gemeinschaftlich zusteht, erfordere einen hohen Abstimmungsbedarf und bärge damit einhergehend ein erhebliches Streitrisiko.
Im Streitfall kam dann außerdem noch, dass die vorhandene Bausubstanz wirtschaftlich wertlos war: Eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung durch Abriss und Neubau hing also maßgeblich von der Mitwirkung der anderen Miteigentümer ab.
Die Höhe des Abschlags von 20 % war für das Gericht nachvollziehbar, »weil der Gutachterausschuss einschlägige Fachliteratur hierzu ausgewertet habe«, so die Pressemitteilung des Gerichts (FG Münster, Urteil vom 24.11.2022, Az. 3 K 1201/21 F).
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
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(MB)