Doppeltes Plus bei Grundsicherung im Alter
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Neben dem neuen Rentenfreibetrag, der Betroffenen ein Grundsicherungsplus von bis zu 223,– € pro Person bringt, gibt es auch einen – wenig bekannten –, bereits seit 2018 geltenden Grundsicherungsfreibetrag für Privatrenten. Dieser alte Freibetrag kann genauso hoch sein wie der neue Rentenfreibetrag. Die Freibeträge werden nicht miteinander verrechnet, können also eine zweifache Aufstockung der Grundsicherung im Alter bringen.
Die genaue Höhe des alten Freibetrags wird folgendermaßen ermittelt: Zunächst werden alle Einkünfte aus zusätzlicher privater Altersvorsorge addiert. Von dieser Summe sind die ersten 100,– € bei der Grundsicherung im Alter anrechnungsfrei. Übersteigen die zusätzlichen Alterseinkünfte 100,– €, so sind 30 % des darüber hinausgehenden Betrags anrechnungsfrei.
Der Gesamtfreibetrag darf allerdings – auch bei hohen Zusatzeinkünften – maximal 50 % des Eckregelsatzes betragen. Dieser liegt 2021 bei 446,– €. 50 % hiervon sind 223,– €.
Privatvorsorge muss zusätzlich sein
Voraussetzung für den Freibetrag ist, dass die Einkünfte aus privater Vorsorge tatsächlich zusätzlich sind. Daneben oder hauptsächlich müssen also (Pflicht-)Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung bestehen.
Selbstständige, die beispielsweise lebenslang nur privat vorgesorgt haben, können hiervon also nicht profitieren, wohl aber gesetzliche Rentner mit zusätzlicher privater Vorsorge. Der Freibetrag gilt nicht nur für Riester-Renten, sondern auch für Betriebs-, und Basisrenten sowie sonstige private Renten.
Doch nicht nur das: Privilegiert ist durch diese Regelung auch der durch freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung erworbene Teil der Altersrente. Dabei kann es sich auch um Beiträge handeln, die ggf. in den 70er- oder 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts gezahlt wurden.
Damit gibt es also zwei Freibeträge, die nach identischer Methode berechnet werden, und verschiedene Formen der Altersvorsorge betreffen. Es stellt sich daher die Frage, ob die Freibeträge miteinander verrechnet werden.
Das ist nicht der Fall, erklärt das Bundesarbeitsministerium: "Der Freibetrag nach § 82 Abs. 4 und 5 SGB XII steht neben dem neuen Freibetrag nach § 82a SGB XII, sodass grundsätzlich beide Freibeträge nebeneinander einschlägig sein können".
Diese verschwurbelte Behördensprache bedeutet übersetzt: Im Einzelfall können Senioren bei der Grundsicherung im Alter durchaus Freibeträge von bis zu 446,– € (2 × 223,– €) geltend machen.
Beispiel: So wirken die Freibeträge zusammen
Ein Senior erhält eine gesetzliche Rente in Höhe von brutto 510,– € (netto: 454,– €) und zusätzlich eine Riester-Rente in Höhe von 87,– €, eine Betriebsrente in Höhe von 120,– € sowie eine Privatrente in Höhe von 100,– €.
Insgesamt sind dies Privatrenten in Höhe von 307,– €, die er zusätzlich zur gesetzlichen Rente erhält.
Hiervon sind die ersten 100,– € bei der Grundsicherung im Alter anrechnungsfrei und von den 207,– €, die darüber hinausgehen, sind es 30 %, also 62,10 €. Der Freibetrag für die private Zusatzvorsorge beträgt in diesem Fall 162,10 €.
Hinzu kommt – wenn der Betroffene 33 Jahre mit Grundrentenzeiten nachweisen kann – ein Rentenfreibetrag in Höhe von 223,– €, der ihm von seiner gesetzlichen Rente eingeräumt wird. Insgesamt belaufen sich die Freibeträge damit auf 385,10 €. Als Renten erhält er insgesamt (454,– € + 307,– € =) 761,– € ausgezahlt.
Wenn er Grundsicherung im Alter beantragt, gelten hiervon nur (761,– € ./. 385,10 € =) 375,90 € als anrechenbares Einkommen. Diese dürften noch nicht einmal zur Begleichung der Mietkosten ausreichen. Damit hätte er in jedem Fall einen beträchtlichen Grundsicherungsanspruch, dessen Höhe von den Unterkunftskosten abhängt, aber in der Regel deutlich über 500,– € monatlich hinausgehen dürfte.
Wer bereits deutlich jenseits der 50 ist, kann sich schon in etwa ausrechnen, wie sich seine finanzielle Situation im Alter darstellen wird. Gerade für viele Menschen, die davon ausgehen, dass ihre Alterseinkünfte kaum das Grundsicherungsniveau erreichen werden, kann die Gestaltung der beiden Freibeträge durch den Gesetzgeber Ausgangspunkt für eine strategische Grundsicherungsoptimierung sein.
Für Riester-Sparer kann es sinnvoll sein, einen Riester-Vertrag gerade so zu besparen, dass im Alter mindestens die 100-Euro-Marke erreicht wird. Eine Riester-Rente in dieser Höhe wäre dann bei der Grundsicherung im Alter anrechnungsfrei. Hinsichtlich der gesetzlichen Rente bietet es sich an, alles zu unternehmen, um die für den neuen Rentenfreibetrag erforderlichen 33 Jahre mit Grundrentenzeiten zu erreichen. Dazu reicht es gegebenenfalls, einen versicherungspflichtigen Minijob aufzunehmen.
(MS)