Verbraucherkreditverträge: Banken müssen Informationspflichten einhalten
Ein aktuelles EuGH-Urteil schützt Verbraucher vor missbräuchlichen Kreditverträgen. -Symbolbild-

Verbraucherkreditverträge: Banken müssen Informationspflichten einhalten

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Eine aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stellt klar, dass Banken ihren Anspruch auf Zinsen verlieren können, wenn sie gegen ihre Informationspflichten verstoßen. Das gilt auch dann, wenn die Schwere des Verstoßes und die Folgen für den Verbraucher unterschiedlich ausfallen können.

 

Inhalt

 

Informationspflichten verletzte: Banken verlieren Zinsanspruch

Im konkreten Fall hatte ein polnisches Inkassounternehmen namens Lexitor die Rechte eines Verbrauchers aus einem Kreditvertrag übernommen und die Bank verklagt. Lexitor meint, dass die Bank gegen ihre Verpflichtung verstoßen habe, dem Verbraucher beim Abschluss des Vertrags bestimmte Informationen zu erteilen, und hat sie deshalb bei einem polnischen Gericht auf Erstattung der vom Verbraucher gezahlten Zinsen und Kosten verklagt.

Lexitor argumentierte, dass die Bank den effektiven Jahreszins zu hoch angegeben habe und die Vertragsklauseln missbräuchlich seien. Zudem seien die Bedingungen für die Erhöhung von Entgelten im Vertrag nicht klar beschrieben.

Das polnische Gericht wandte sich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und wollte wissen, ob die Bank gegen die im Unionsrecht vorgesehene Informationspflicht verstoßen hat und ob der Verlust des Anspruchs auf die Zinsen und Kosten mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Der EuGH stellte fest, dass der effektive Jahreszins klar und prägnant angegeben werden muss. Außerdem müssen die Bedingungen für Änderungen der Entgelte verständlich beschrieben sein.

Wenn diese Informationspflichten nicht erfüllt sind, kann die Bank ihren Anspruch auf Zinsen und Kosten verlieren, so der EuGH (EuGH-Urteil vom 13.2.2025, Az. C-472/23).

Gilt das Urteil auch für Verbraucher in Deutschland?

Der Fall spielt in Polen, da könnte man überlegen: Was haben deutsche Kreditnehmer von dem Urteil, gilt das hier überhaupt?

Ja: Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind in Deutschland anwendbar, weil das EU-Recht Vorrang vor nationalem Recht hat. Offiziell heißt das »Anwendungsvorrang des Unionsrechts«.

Alle Mitgliedstaaten der EU sind verpflichtet, die Urteile des EuGH zu befolgen. So soll sichergestellt werden, dass das EU-Recht einheitlich angewendet wird und die Rechte der Bürger in allen Mitgliedstaaten geschützt werden.

Was ist ein Verbraucherkreditvertrag?

Ein Verbraucherkreditvertrag ist ein Vertrag, bei dem ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit gewährt.

Die Verträge sind in der Regel für den Kauf von Konsumgütern oder Dienstleistungen gedacht und unterliegen strengen gesetzlichen Regelungen, um die Verbraucher zu schützen.

Kredit: Informationspflichten der Banken

Die Informationspflichten sollen sicherstellen, dass Verbraucher umfassend und verständlich über die Bedingungen und Kosten eines Kredits informiert werden.

Zu den Informationspflichten bei Verbraucherkrediten gehört:

  • Der effektive Jahreszins (oft abgekürzt mit APR für »annual percentage rate«) muss klar und prägnant angegeben werden. Dieser Zinssatz umfasst alle Kosten des Kredits Zinsen, Gebühren und Kosten), ausgedrückt als jährlicher Prozentsatz des Gesamtkreditbetrags.

  • Alle Bedingungen, insbesondere die, die sich auf die Kosten und Entgelte des Kredits beziehen, müssen klar und verständlich beschrieben werden. Das schließt auch die Bedingungen für mögliche Änderungen der Entgelte ein.

  • Die Informationen müssen so formuliert sein, dass ein Durchschnittsverbraucher sie nachvollziehen und überprüfen kann. Das bedeutet, dass die Kriterien für Änderungen der Entgelte transparent und nachvollziehbar sein müssen.

Was sind »vorvertragliche Informationspflichten« und das »Europäische Standardisierte Merkblatt« (ESIS)?

Bevor ein Verbraucherkreditvertrag abgeschlossen wird, muss der Kreditgeber bzw. die Bank dem Verbraucher einige Informationen bereitstellen. Diese Informationen sind in § 491a BGB und Art. 247 EGBGB geregelt und umfassen:

  • Allgemeine Angaben: Name und Anschrift des Kreditgebers, Art des Darlehens.

  • Finanzielle Details: Effektiver Jahreszins, Sollzinssatz, Nettodarlehensbetrag, Vertragslaufzeit.

  • Rateninformationen: Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen.

  • Gesamtbetrag: Summe aus Nettodarlehensbetrag und Kreditkosten.

  • Widerrufsrecht: Informationen über das Bestehen eines Widerrufsrechts und die Bedingungen dafür.

  • Vorzeitige Rückzahlung: Rechte des Verbrauchers zur vorzeitigen Rückzahlung und mögliche Entschädigungen.

  • Verzugszinsen: Anwendbare Sätze der Verzugszinsen und deren Anpassung.

  • Sicherheiten: Informationen zu eventuell verlangten Sicherheiten.

Der potenzielle Kreditnehmer muss diese Informationen schriftlich erhalten, und zwar ausdrücklich bevor(!) er eine verbindliche Willenserklärung abgibt, also den Vertrag abschließt.

Der Kreditgeber muss die Informationen rechtzeitig bereitstellen, sodass der Verbraucher sie bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen kann.

Zur Erfüllung dieser Informationspflichten wird das Europäische Standardisierte Merkblatt (ESIS) verwendet. Dieses Merkblatt enthält alle erforderlichen Informationen in einer strukturierten Form, die es dem Verbraucher erleichtern soll, verschiedene Angebote zu vergleichen.

Die Verwendung des ESIS-Merkblatts schafft aber auch eine Sicherheit für die Bank, denn die Informationspflichten gelten als erfüllt, wenn der Kunde dieses Merkblatt erhalten hat.

Darlehensvertrag muss schriftlich geschlossen werden

Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge müssen schriftlich abgeschlossen werden. Es reicht aber aus, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien auf getrennten Papieren schriftlich erklärt werden. Auch der Abschluss in elektronischer Form unter Verwendung einer elektronischen Signatur ist möglich.

(MB)

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