Eigenverbrauch: Welche Entnahmen sind durch die Pauschbeträge abgedeckt?
-
Zwischen dem Inhaber zweier Supermärkte und dem Finanzamt kam es hinsichtlich der Höhe der gewinnerhöhend anzusetzenden Sachentnahmen und der unentgeltlichen Wertabgaben bei der Umsatzsteuer zu Streitigkeiten. Inzwischen liegt der Fall beim Bundesfinanzhof.
Der Supermarkt-Betreiber hatte keine Aufzeichnungen über der getätigten Sachentnahmen geführt, sondern in seiner Gewinnermittlung die Pauschbeträge der amtlichen Richtsatzsammlung (Pauschbeträge für den Eigenverbrauch) angesetzt.
Die Höhe der Pauschbeträge für den Eigenverbrauch kann Auswirkungen auf die Höhe der Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer haben.
Da das Warensortiment der Supermärkte neben Lebensmitteln, Getränken und Genussmitteln auch sog. Non-Food-Artikel wie etwa Hygieneartikel und Waschmittel umfasste, war das Finanzamt mit der Höhe der angesetzten Entnahmen nicht einverstanden.
Übersicht/Tabelle: Pauschbeträge für den Eigenbedarf 2023
Keine Berücksichtigung von Non-Food-Artikeln bei Pauschbeträgen
Im Rahmen einer Betriebsprüfung erhöhte das Finanzamt die Entnahmen. Denn – so die Betriebsprüfer – die Pauschbeträge der Richtsatzsammlung würden lediglich die Entnahmen von Nahrungs- und Genussmitteln sowie Getränken enthalten. Deshalb müsse eine weitere Entnahme für die in den Supermärkten erhältlichen Non-Food-Artikel erfasst werden.
Mangels Aufzeichnungen des Supermarktbesitzers schätzte das Finanzamt die Höhe dieser Entnahme unter Zugrundelegung von Werten des Statistischen Bundesamtes.
Urteil des FG Münster: Erhöhung nicht zulässig
Das Finanzgericht Münster erteilte der vorgenommenen Erhöhung der Entnahmen über die Pauschbeträge hinaus eine klare Absage (FG Münster, Urteil vom 29.4.2022, Az. 10 K 1297/20 G, U, F).
Die Begründung der Richter: Durch die amtliche Richtsatzsammlung hat sich die Finanzverwaltung selbst gebunden. Eine Hinzuschätzung weiterer Beträge wie etwa für die Entnahme von Non-Food-Artikeln für private Zwecke ist nicht zulässig. In der amtlichen Richtsatzsammlung des BMF ist von »Einzelhandel für Nahrungs- und Genussmitteln« die Rede, wozu insbesondere Alkohol, Tabak, Kaffee, Tee und Süßigkeiten zu zählen sind. Da in den Vorbemerkungen zu der Tabelle der Pauschbeträge nur die Entnahme von Tabakwaren ausdrücklich vom Ansatz der Pauschbeträge ausgenommen ist, sind andere Genussmittel in der Höhe der Pauschbeträge einbezogen. Sie decken folglich das typische Warensortiment eines Lebensmitteleinzelhändlers – mit Ausnahme von Tabakwaren – ab. Da die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, dass zum normalen Warensortiment solcher Geschäfte auch Wasch- und Putzmittel, Hygieneartikel, Kosmetikprodukte, Tiernahrung und weitere Drogerieartikel zählen, ist die Entnahme solcher Artikel durch Ansatz der Pauschbeträge abgegolten und eine weiter gehende Schätzung der Entnahme vonseiten des Finanzamts nicht zulässig.
PDF-Ratgeber: Anlage EÜR 2022 – Ausfülltipps
Revision beim BFH anhängig
Das Finanzamt will diese Niederlage allerdings nicht hinnehmen und hat beim BFH Revision eingelegt (Az. III R 28/22).
Wenn das Finanzamt bei Ihnen ebenfalls Entnahmen über die Pauschbeträge der amtlichen Richtsatzsammlung hinaus ansetzt, legen Sie auf jeden Fall Einspruch gegen die entsprechenden Steuerbescheide (bzw. Gewerbesteuer-Messbescheid) ein und beantragen Sie das Ruhen des Verfahrens.
(AI)