Aufteilung der Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen - ein schwieriges Unterfangen

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Seit dem Jahr 2002 ist die Erklärung von Dividenden und Erträgen aus Aktienfonds für die Steuerpflichtigen noch komplizierter geworden, weil die Dividendenbesteuerung vom Anrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren umgestellt wurde.

Diese Umstellung hat auch Auswirkungen auf den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen: Für Aktien und Aktienfonds inländischer Investmentgesellschaften, deren Dividenden nach dem Halbeinkünfteverfahren nur noch mit dem halben Betrag steuerpflichtig sind, können Anleger auch nur die halben Werbungskosten steuerlich geltend machen. Dagegen sind Werbungskosten in voller Höhe abzugsfähig, sofern sie auf die nach wie vor voll steuerpflichtigen Zinserträge und Ausschüttungen von Rentenfonds entfallen oder auf Dividenden, die noch nach dem Anrechnungsverfahren besteuert werden. Wegen der unterschiedlichen Besteuerungsverfahren, müssen Steuerpflichtige, die voll und halb steuerpflichtige Kapitalanlagen halten, ihre Werbungskosten aufteilen. Aber wie?

Unser Geldtipp:

Die Aufteilung können Sie sich ersparen, wenn Ihre Werbungskosten nicht mehr als ? 51,-/? 102,- (Alleinstehende/Eheleute) betragen. Wenn Sie nämlich keine Angaben zu den Werbungskosten machen, berücksichtigt das Finanzamt diesen Betrag als Werbungskostenpauschale automatisch.

Zur Aufteilung von Werbungskosten hat das Bundesfinanzministerium (BMF) in seinem Erlass vom 12.6. 2002 (Az. IV C 1 - A 2252 - 184/02) Folgendes klargestellt:

  • Grundsätzlich sind die Werbungskosten, die durch eine einzelne Kapitalanlage veranlasst sind, der jeweiligen Kapitalanlage zuzuordnen. Die Reisekosten für den Besuch einer Hauptversammlung ordnen Sie deshalb den aus diesen Aktien erzielten Dividenden zu.
  • Werbungskosten, die sich nicht direkt zuordnen lassen, wie z. B. Depotgebühren, Kosten für die Erträgnisaufstellung, Beratungsgebühren, Entgelte für eine Vermögensverwaltung, Schuldzinsen sind gruppenweise zu verteilen. Dazu unterteilen Sie Ihre Kapitaleinkünfte in zwei Kategorien: die nur zur Hälfte steuerpflichtige Einkünfte ("Halbeinkünfteverfahren" Gruppe 1) und die voll steuerpflichtigen ("übrige" Gruppe 2).
  • Werbungskosten, die auf ertragslose Wertpapiere entfallen, sind nicht abzugsfähig, z. B. die Reisekosten zur Hauptversammlung eines Unternehmens, das für das abgelaufene Geschäftsjahr keine Dividende ausschüttet. Ausnahme: Sind in den Ausschüttungen eines Investmentfonds auch steuerfreie Erträge enthalten, können Sie dennoch den vollen Kurswert des Fonds in die beiden Gruppen (s. o.) aufteilen.
  • Werbungskosten für Wertpapiere, die zur Veräußerung bestimmt sind (z. B. Vermögensverwaltungsgebühren, Schuldzinsen), sind ebenfalls nicht abzugsfähig. Ausnahme: Die Wertpapiere wurden innerhalb der Ein-Jahres-Frist wieder verkauft. Die Werbungskosten können Sie dann aber nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (Anlage KAP) abziehen, sondern vom privaten Veräußerungsgewinn (Anlage SO). Haben Sie einen privaten Veräußerungsverlust erzielt, erhöht sich dieser durch die Werbungskosten.

Unser Geldtipp:

Bei der gruppenweisen Aufteilung Ihrer Kapitaleinkünfte können Sie auch die Investmentfonds mit dem vollen Wert aufführen, aus denen Sie neben Zins- oder Dividendeneinkünften auch steuerfreie Erträge erzielt haben. Den Kurswert, der auf die steuerfreien Erträge entfällt, müssen Sie nicht herausrechnen.

  • Betragen Ihre Werbungskosten genau oder weniger als ? 500,-/? 1.000,- Alleinstehende/Eheleute (2001: DM 500,-/DM 1.000,-) ist ein vereinfachtes Aufteilungsverfahren zugelassen: Die Werbungskosten dürfen Sie dann "schlüssig" aufteilen. Schlüssig aufgeteilt sind die Werbungskosten nach Auffassung des BMF dann, wenn Sie sie im Verhältnis der Kurswerte zum Abrechnungsstichtag oder - falls Ihnen die Zusammensetzung eines Investmentfonds nicht bekannt ist - im Verhältnis der Erträge aufteilen.

Unser Geldtipp:

Betragen die nicht direkt zuordenbaren Werbungskosten weniger als ? 500,-/? 1.000,- Alleinstehende/Eheleute (2001: DM 1.000,-/DM 2.000,-), müssen die Finanzbehörden der von Ihnen vorgenommenen Aufteilung Ihrer Werbungskosten folgen. Sie können also wählen, ob Sie die Werbungskosten nach Kurswerten oder nach Erträgen aufteilen und brauchen nicht mit Nachfragen Ihres Finanzamts rechnen. Offensichtliche Fehler, wenn Sie z. B. halb abzugsfähige Werbungskosten voll abgezogen haben, werden aber korrigiert.

Bei höheren Werbungskosten teilen Sie Ihre Kapitalanlagen ebenfalls auf nach Kurswerten oder Erträgen, müssen aber umfangreiche Unterlagen vorlegen, die die Aufteilung rechtfertigen (z.B. den Vermögensverwaltungsvertrag, den Rechenschaftsbericht des Vermögensverwalters, eine vollständige Erträgnisaufstellung, Depotauszüge zum 31.12. des Vorjahres und zum 31.12. des Erklärungsjahres, Angaben zu den Anschaffungsdaten, Übersicht über die getätigten privaten Veräußerungsgeschäfte).

Beispiel:

Zum Stichtag 31.12. belastet das Kreditinstitut insgesamt ? 168,- an Depotgebühren. Der Depotbestand mit einem Gesamtwert von ? 21.000,- setzt sich zusammen aus

Festverzinslichen Anleihen (Kurswert per 31.12. ? 5.000,-),
Geldmarktfonds (Wert per 31.12. ? 3.000,-),
Aktien (Kurswert per 31.12. ? 9.000,-) und
Investmentfondsanteilen (Wert per 31.12. ? 4.000, ).

Der Aktienbestand verteilt sich im Verhältnis von zwei zu eins auf Aktien, die nach dem Halbeinkünfteverfahren und nach dem Anrechungsverfahren versteuert werden.
In den Ausschüttungen des Investmentfonds von ? 200,- im Veranlagungszeitraum sind steuerpflichtige Erträge in Höhe von ? 40,- enthalten. Davon entfallen ? 15,- auf Erträge, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, und ? 25,- auf sonstige steuerpflichtige Erträge.

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