Tödlicher Unfall am Bahnübergang: Die Bahn trifft eine Mitschuld
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Unbeschrankte Bahnübergänge bergen Gefahren. Immer wieder geschehen tödliche Unfälle. So auch in einem Fall, den das Landgericht Frankfurt am 23.2.2022 entschieden hat.
Es ging um den schlimmstmöglichen Ausgang eines Unfalls: Eine 16-jährige Schülerin verunglückte tödlich. Dabei handelte es sich um einen versicherten Wegeunfall, für den die zuständige Berufsgenossenschaft eintrat. Sie zahlte den Eltern das ihnen zustehende Sterbegeld.
Darum ging es im Prozess auch nicht. Klage hatte die Berufsgenossenschaft erhoben, die einen Teil ihrer Zahlungen von der Bahngesellschaft erstattet bekommen wollte, weil diese eine gewisse Mitschuld am Unfall zu tragen habe. Deshalb wurden im Prozess Kriterien für die Sicherung von unbeschrankten Bahnübergängen thematisiert. Leser der Geldtipps können aufgrund der Kriterien, die im Prozess diskutiert wurden, kontrollieren, ob auch bei ihnen vor Ort Bahnübergänge Mängel aufweisen.
Pardon: Der folgende Text ist etwas technisch, doch es geht dabei darum, Menschenleben zu retten.
Wozu dienen Drängelgitter?
Der Bahnübergang war mit Drängelgittern in Form einer Umlaufsperre gesichert. So konnte er nur von Fußgängern und von Personen, die ihr Zweirad schieben, passiert werden.
Hiergegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden.
Wurde der Mindestabstand der Umlaufsperre zur Gleismitte eingehalten?
Der wohl der gravierendste Mangel, den das Gericht feststellte, war, dass der Mindestabstand zwischen Sperre und Gleismitte nicht eingehalten wurde.
Nach der "Vorschrift für die Sicherung der Bahnübergänge bei nichtbundeseigenen Eisenbahnen" muss der Abstand zwischen dem Standort eines Fußgängers am "Ausgang" des Drängelgitters zur Gleismitte mindestens drei Meter betragen.
Wohlgemerkt: Hier wird nicht der dann zwangsläufig kürzere Abstand zum Gleis, sondern der zur Gleismitte gemessen. Tatsächlich betrug der Abstand zur Gleismitte hier nur 2,60 m. Nach Überzeugung des Gerichts "sind die fehlenden 40 cm auch nicht unerheblich und nicht zu vernachlässigen". 40 cm seien bei einem langsamen Lauftempo in etwa ein kleinerer Schritt. Bedenke man, dass die Gefahr für einen Fußgänger nicht erst in der Gleismitte, sondern bereits an dem ihm zugewandten Gleisstrang besteht, wirkten sich die fehlenden 40 cm noch massiver aus.
Gab es Sichthindernisse?
Ferner ergab das von einem Sachverständigen verfasste Gutachten, dass beim Begehen der Umlaufsperre für die passierenden Fußgänger die Sicht beeinträchtigt sei, zum einen durch eine Hecke und zum anderen durch eine unglücklich angebrachte Beschilderung. Zwei über- bzw. untereinander angebrachte Verkehrszeichen (Warnschilder) befänden sich danach in der Sichtachse der herannahenden Züge.
Die Schilder seien – so die Überzeugung des Gerichts – so angebracht, dass die Sicht für Personen unterschiedlicher Größe eingeschränkt wird, also sowohl für Erwachsene als auch für Kinder.
Wie lautet das Urteil des Gerichts?
"Die Gesamtschau dieser Faktoren führt zur Überzeugung der Kammer dazu, dass der betreffende Bahnübergang sehr gefährlich ist und jedenfalls hinsichtlich des Abstandes der Umlaufsperre zu den Gleisen gegen die einschlägigen Vorschriften verstößt" (Az. 2-01 S 168/17).
Dem Bahnbetreiber wurde daher eine Ein-Drittel-Teilschuld am tödlichen Unfall zugesprochen – für die Eltern und Freunde des Mädchens wohl kaum ein Trost.
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(MS)