Außergewöhnliche Belastung: Familien-Aufnahme aus Kriegsgebiet wird nicht anerkannt
Unterhalt an Geschwister ist nur in wenigen Ausnahmefällen absetzbar.

Außergewöhnliche Belastung: Familien-Aufnahme aus Kriegsgebiet wird nicht anerkannt

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Nimmt ein deutsches Ehepaar Geschwister aus der Ukraine auf, die ausländerrechtlich »geduldet« werden, so können die Eheleute den finanziellen Aufwand, den sie dafür betreiben, nicht als außergewöhnliche Belastung in der Steuererklärung angeben.

Das hat aktuell der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden und damit dem erstentscheidenden Finanzgericht (FG) Köln widersprochen. Dieses wollte die Kosten in der Steuererklärung anerkennen – sogar dann, wenn keine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht, denn: Es werde als selbstverständlich angesehen, dass Verwandte aufgenommen werden.

Der BFH machte dieser steuerzahler-freundlichen Auffassung nun einen Strich durch die Rechnung.

BFH: Kosten für Aufnahme von Geschwistern nicht steuerlich abziehbar

Konkret entschieden die Richter des BFH:

1. Unterhaltsleistungen an in Deutschland (lediglich) geduldete (= Aussetzung der Abschiebung), nicht unterhaltsberechtigte Angehörige sind weder nach § 33a Einkommensteuergesetz (EStG) noch nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

2. Dies gilt auch dann, wenn sich der Steuerpflichtige gemäß § 68 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gegenüber der Ausländerbehörde/Auslandsvertretung verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt seiner Angehörigen zu tragen (BFH-Urteil vom 2.12.2021, Az. VI R 40/19).

Aufnahme von Schwester/Schwägerin und Familie

Konkret ging es hier um die Schwester der Ehefrau plus deren Mann und ihr minderjähriges Kind, die in der Ukraine lebten – einem Land, »welches sich im Kriegszustand befindet«, wie das Finanzgericht in seinem Urteil vom 9.4.2020, Az. 15 K 2965/16, betonte. Eine Aussage, die heute leider so aktuell ist wie damals.

Ursprünglich hatte das Ehepaar in seiner Steuererklärung 15.827 Euro für Anwaltskosten (wegen des Aufenthaltstitels), Lebensmittel, (freiwillige) Sprachkurse und die Zurverfügungstellung von Wohnräumen geltend gemacht. Der Betrag wurde nicht komplett als außergewöhnliche Belastung anerkannt: Vor Gericht einigte man sich schließlich darauf, dass jedenfalls Aufwendungen i.H.v. 5.000 Euro zu berücksichtigen waren. Die Aufwendungen für die Sprachkurse und den Rechtsanwalt wurden vor Gericht nicht mehr geltend gemacht.

Die Finanzverwaltung hatte gegen die positive Entscheidung die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Warum sind Kosten für die Unterbringung der Schwester und ihrer Familie nicht abzugsfähig?

Die von § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG vorausgesetzte gesetzliche Unterhaltsberechtigung richtet sich nach dem Zivilrecht, hier also nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Gesetzlich unterhaltsberechtigt sind danach diejenigen Personen, denen gegenüber der Steuerpflichtige nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unterhaltsverpflichtet ist. Dies sind nach § 1601 BGB Verwandte in gerader Linie i.S. des § 1589 Satz 1 BGB, wie z.B. Kinder, Enkel, Eltern und Großeltern, nicht hingegen Verwandte in der Seitenlinie, wie etwa Geschwister, Nichten und Neffen.

Nicht jede Unterhaltszahlung ist steuerlich begünstigt. Die gesetzliche Unterhaltspflicht spielt hier eine große Rolle, ist aber nicht immer Voraussetzung für den Abzug Ihrer Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen.

Einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person ausnahmsweise gleichgestellt ist eine Person, wenn bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden (§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG). Zu diesen »öffentlichen Mitteln« gehören vor allem das Arbeitslosengeld II oder die Sozialhilfe.

Diese Ausnahme kommt hier allerdings nicht zur Anwendung, denn der Schwester der Klägerin, deren Ehemann und Tochter sind keine zum Unterhalt bestimmten inländischen öffentlichen Mittel mit Rücksicht auf etwaige Unterhaltsleistungen des Klägers gekürzt worden. Denn ein Ausländer ist ungeachtet einer Verpflichtungserklärung berechtigt, öffentliche Leistungen wie insbesondere Sozialleistungen nach den Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetzes oder des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch oder Zweites Buch in Anspruch zu nehmen, sofern der Verpflichtete nicht oder nicht mehr für seinen Lebensunterhalt aufkommt.

Die Gewährung von Sozialleistungen darf auch seitens der Behörde gar nicht wegen ihres grundsätzlichen Nachrangs gegenüber anderen Hilfsmöglichkeiten unter Hinweis auf die Verpflichtungserklärung verweigert werden. Folglich kommt eine Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen der Kläger gemäß § 33a Abs. 1 EStG nicht in Betracht.

Auch aus dem Umstand, dass der Kläger eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben hat, um der Schwester der Klägerin sowie deren Ehemann und Tochter die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, ergibt sich keine steuerliche Anerkennung der Kosten. Denn durch eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG werden keine unmittelbaren Ansprüche des Ausländers gegen den Verpflichteten begründet.

Zahlen Sie einer Person Unterhalt, können Sie die Unterstützungszahlungen unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Dabei ist zu unterscheiden, ob Sie

  • einem unterhaltsberechtigten Angehörigen Hilfe zur Deckung seines normalen Lebensunterhaltes gewähren, also Unterkunft, Kleidung, Ernährung usw. gewähren oder

  • eine Ihnen nahestehende Person, der Sie besonders verpflichtet sind, in einer besonderen Lebenslage unterstützen, zum Beispiel bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit.

Mehr dazu im Ratgeber (PDF) »Unterhalt an bedürftige Personen: Hier winken Steuerentlastungen«

Aktuell: Aufenthaltserleichterungen und vereinfachte Einreise für Geflüchtete aus der Ukraine

Die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung wird bis zum 31. August 2022 verlängert. Dies hat der Bundesrat mit seiner am 8. April 2022 beschlossenen Zustimmung ermöglicht.

Geflüchtete aus der Ukraine, die noch keine Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz erhalten haben, können sich weiterhin legal in Deutschland aufhalten. Diejenigen, die noch nach Deutschland kommen, können vereinfacht in das Bundesgebiet einreisen.

Hintergrund: Die aktuell geltende, allerdings bis 23. Mai 2022 befristete Ausnahmeverordnung befreit einen weiten Kreis von Kriegsflüchtlingen vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels und bestimmt, dass diese einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen können. Sie erleichtert Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, die nicht ohne weiteres die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, unbürokratisch Einreise nach und Aufenthalt in Deutschland. Zugleich verhindert sie eine Überlastung insbesondere der Ausländerbehörden.

Durch die nun beschlossene Änderungsverordnung gelten die aktuellen Ausnahmeregelungen bis zum 31. August 2022 fort. Zur Begründung führt die Bundesregierung an, dass die Ausländerbehörden die eingereichten Anträge nicht bis zum 23. Mai 2022 abarbeiten können. Außerdem sei ein hohes Aufkommen an Einreisen auch über den 23. Mai 2022 hinaus zu erwarten (Quelle: Bundesrat, Mitteilung vom 08.04.2022).

(MB)

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