Verkauf des Miteigentumsanteils am Haus an geschiedenen Ehepartner steuerpflichtig?
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Der Bundesfinanzhof muss in einer für die Praxis bedeutsamen Revision die Frage beantworten, ob der nach Trennung und Scheidung erfolgte Verkauf des hälftigen Miteigentumsanteils am gemeinsamen Einfamilienhaus an den geschiedenen Ehepartner, der darin weiter wohnt, ein privates Veräußerungsgeschäft ist und daher der Verkaufsgewinn innerhalb der Spekulationsfrist zu versteuern ist.
Die Besonderheiten des Streitfalls liegen darin, dass
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die geschiedene Ehefrau ihrem Ex-Mann mit einer Zwangsversteigerung drohte, wenn er im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung nicht seine Eigentumshälfte am während der Ehe gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus auf sie übertrug,
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und sie mit dem gemeinsamen Kind (neun Jahre alt) das Haus nach dem Auszug ihres Mannes weiter bewohnte.
Der geschiedene Ehemann klagte gegen die Besteuerung seines Veräußerungsgewinns mit der Begründung, es läge wegen der angedrohten Zwangsversteigerung mangels Freiwilligkeit gar kein Veräußerungsgeschäft vor. Außerdem habe er das Haus seit dem gemeinsamen Kauf mit seiner Ehefrau im Dezember 2008 bis zum Verkauf seines Miteigentumsanteils im August 2017 selbst genutzt, weil er seinen Eigentumsanteil nach seinem Auszug aus dem Haus seinem Kind, für das er einen Kindergeldanspruch habe, bis zum Verkauf unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen habe.
Das Finanzgericht verwarf diese Einwendungen mit folgenden Begründungen (FG München, Urteil vom 11.3.2021, Az. 11 K 2405/19):
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Die Drohung mit einer Zwangsversteigerung sei nicht mit einer drohenden Enteignung zu vergleichen. Folglich läge keine Zwangslage, sondern ein aufgrund einer Scheidungsfolgenvereinbarung freiwillig vorgenommenes Veräußerungsgeschäft vor.
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Der Ehemann habe seinen Miteigentumsanteil nicht allein seinem Kleinkind, sondern – steuerschädlich in Bezug auf § 23 EStG – als Unterhaltspflichtiger auch seiner von ihm dauernd getrennt lebenden Ehefrau zur Nutzung überlassen, sodass ab seinem Auszug keine Selbstnutzung des Hauses durch ihn mehr vorliege. Es sei ja schlicht nicht vorstellbar, dass ein Kleinkind allein einen Haushalt führe.
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Daher habe der Ehemann das Haus vor dem Verkauf seines Anteils nicht über einen zusammenhängenden Zeitraum von drei Jahren selbst genutzt, wie es gesetzlich für die Steuerfreiheit verlangt wird. Denn sein Auszug erfolgte 2015 und der Verkauf erst 2017.
Der Ehemann hatte sich vor dem Verkauf seines Anteils steuerlich beraten lassen, um die Steuerpflicht seines Veräußerungsgewinns zu vermeiden. Doch er konnte den Ablauf der 10-Jahres-Frist nicht abwarten, weil seine Ex-Frau nach der im Juni 2017 erfolgten Ehescheidung mit der Zwangsversteigerung des Hauses drohte, wenn er nicht alsbald an sie verkaufen würde. Da bei einer Zwangsversteigerung ein niedrigerer Verkaufserlös zu erwarten gewesen wäre, hatte er nachgegeben und noch innerhalb der Frist an seine Ex-Frau verkauft.
Der BFH muss nun in der Revision mit dem Aktenzeichen IX R 11/21 klären, ob eine angedrohte Zwangsversteigerung einer bevorstehenden Enteignung gleichkommt und ob die Überlassung der eigenen Immobilie an die getrennt lebende Ehefrau zur Weiternutzung mit dem gemeinsamen minderjährigen Kind noch als »steuerunschädliche« Selbstnutzung des ausgezogenen Ehemanns einzustufen ist.
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(AI)