Geschiedene Eltern: Wann liegt Anspruch auf BEA-Freibeträge vor?
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Das FG Niedersachsen hat sich mit der Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag) und der Frage der Bestimmung der Wesentlichkeitsgrenze in zeitlicher Hinsicht auseinandergesetzt. Das Urteil dürfte für viele Eltern interessant sein.
Was für Freibeträge sind das und wo lag das Problem?
Es gibt zwei Freibeträge für ein Kind:
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den Kinderfreibetrag für die Abdeckung der materiellen Grundbedürfnisse des Kindes (Existenzminimum) und
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den Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.
Aktuell erhalten Eltern zusätzlich einen dritten Freibetrag, den sogenannten Kinderbonus (auch: Kindergeldbonus oder Coronabonus), den die Regierung bislang für die Steuerjahre 2020 und 2021 bewilligt hat. Er soll den zusätzlichen Betreuungsauswand im privaten Rahmen kompensieren, der auf viele Eltern im Zuge der Corona-Pandemie und damit einhergehenden Schulschließungen und Lockdowns zukam. Dieser Corona-Kindergeldbonus fand aufgrund seiner Vorläufigkeit keine Berücksichtigung beim hier genannten FH-Urteil und Fallbeispiel.
Die Freibeträge werden vom Einkommen der Eltern bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens abgezogen. Das ist fast ganz am Ende des einkommensteuerlichen Ermittlungsschemas. Damit werden die Beträge erst dann berücksichtigt, wenn alle anderen Beträge, wie Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen, bereits abgezogen sind.
Mit den Freibeträgen für Kinder sind alle Aufwendungen für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung abgegolten. Dies umfasst vor allem die Bereiche Kost, Logis und die Schulausbildung Ihrer minderjährigen Kinder. Dies gilt selbst dann, wenn Ihre tatsächlichen Aufwendungen höher sind als die Freibeträge. Aufgrund eindeutiger Rechtsprechung gibt es auch keinen Diskussionsspielraum mit dem Finanzamt.
Bei geschiedenen Eltern gilt: Jedes Elternteil hat zunächst Anspruch auf die halben Freibeträge für Kinder. Damit kommt auch ein barunterhaltspflichtiger Elternteil in den Genuss der Freibeträge. Schließlich ist seine Leistungsfähigkeit durch die Zahlung des Unterhalts auch gemindert.
Ein Elternteil kann den halben Kinderfreibetrag, der eigentlich dem anderen Elternteil zusteht, beim Finanzamt geltend machen, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Die Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf erfolgt in aller Regel ebenfalls.
Aber: Der Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf kann der Elternteil, bei dem ein minderjähriges Kind nicht gemeldet ist, in bestimmten Fällen widersprechen, etwa wenn er zwar keinen Barunterhalt leistet bzw. leisten kann, aber das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.
Und genau das war hier umstritten.
Reicht es, wenn das Kind jedes 2. Wochenende beim Vater verbringt?
Im Streitfall hatte der Vater des Kindes mit seiner geschiedenen Ehefrau vor dem Familiengericht ein Umgangsrecht dergestalt vereinbart, dass er seinen Sohn in einem wöchentlichen Rhythmus jedes zweite Wochenende samstags um 10.00 Uhr abholt und sonntags um 16.00 Uhr zurückbringt. Die einfache Entfernung zwischen den Wohnorten betrug 163 km.
Der Vater war der Meinung, dass er den halben BEA-Freibetrag bekommen müsste, da er sein Kind in einem dafür ausreichenden Maß betreut habe. Das Finanzamt war der Meinung, der vom Vater geltend gemachte Betreuungsumfang (2016: 45 Tage; 2017: 55 Tage) sei nicht ausreichend.
Das Finanzgericht stellte sich auf die Seite des Vaters und sprach diesem den halben BEA-Freibetrag zu. Die Richter folgten dabei den Grundsätzen der neuen BFH-Rechtsprechung zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der »nicht unwesentlichen« Betreuung: Danach bestehen grundsätzlich aus Vereinfachungsgründen keine Bedenken, bei einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10% von einem ausreichenden Betreuungsumfang auszugehen (BFH-Urteil vom 8.11.2017, Az. III R 2/16).
Ergänzend wiesen die Richter des Finanzgerichts Niedersachsen darauf hin, dass im vorliegenden Fall zwar bei einer stundengenauen Abrechnung die Wesentlichkeitsschwelle unterschritten wird. Trotzdem sei von einem wesentlichen Betreuungsumfang auszugehen, denn angesichts der großen Entfernung zwischen den Wohnorten der Eltern erscheine der Betreuungsanteil auch in diesem Fall als nicht unwesentlich. Zudem hatte die Mutter selbst einen höheren Betreuungsanteil des Vaters wegen der Arbeitsverpflichtung unter der Woche erschwert und die Treffen zwischen Vater und Sohn in der Regel auf die Wochenenden, Feiertagen und Urlaubszeiten beschränkt (FG Niedersachsen, Urteil vom 19.02.2020, Az. 9 K 20/19).
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(MB)