Wie funktioniert die Erwerbs­minderungs­rente?

Eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung kannst du erhalten, wenn bei dir eine wirklich schwerwiegende Erwerbsminderung vorliegt, bevor du die Altersgrenze für die normale Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erreichst.

 

Allerdings kommt es nicht allein darauf an, wie schwer eine Krankheit ist: Die Gutachter der Rentenversicherung müssen vielmehr über deine (Rest-)Arbeitsfähigkeit urteilen. Die höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung gibt es, wenn du nur noch Jobs mit täglich weniger als 3 Stunden ausüben kannst.

Wann kann man Erwerbs­minderungs­rente bekommen?

Das sind die Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente:

 
  • du bist noch nicht im gesetzlichen Rentenalter,
  • du kannst aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit gar nicht mehr oder nur noch wenige Stunden am Tag arbeiten,
  • deine Arbeitsunfähigkeit lässt sich durch Krankenbehandlung, Therapien oder Rehabilitation nicht wiederherstellen,
  • du bist schon seit mindestens 5 Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert und hast davon mindestens 3 Jahre regelmäßig Beiträge in die Rentenkasse gezahlt.

Wichtig Wenn du erst seit Kurzem rentenversichert bist und die Vorversicherungszeit nicht erfüllst, kannst du nur dann eine Erwerbsminderungsrente bekommen, wenn du einen Arbeitsunfall hattest oder eine anerkannte Berufskrankheit hast.

Es gibt verschiedene Arten der Erwerbsminderungsrenten. Welche infrage kommt, hängt vor allem von deiner verbliebenen »Restarbeitsfähigkeit« auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Konkret heißt das: Es kommt darauf an, wie viele Stunden du täglich noch arbeiten kannst.

Rente wegen voller Erwerbsminderung

Diese Rente kannst du bekommen, wenn du wegen einer Erkrankung oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit (d.h. mehr als 6 Monate) unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr mindestens 3 Stunden täglich arbeiten kannst.


Wichtig Welchen Beruf du gerade ausübst oder gelernt hast, spielt keine Rolle! Es geht nur darum, ob du noch irgendeine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu den üblichen Bedingungen (also z.B. im üblichen Tempo und ohne sehr viele notwendige betriebsunübliche Pausen) mindestens 3 Stunden am Tag im Rahmen einer 5-Tage-Woche ausüben kannst.

Bist du dazu nicht mehr in der Lage, kommt für dich die Rente wegen voller Erwerbsminderung infrage.


Aber wie stellt man fest, ob jemand täglich noch 2,9 oder 3,1 Stunden am Tag erwerbstätig sein kann? Das ist tatsächlich wohl nicht möglich. Die genauen gesetzlichen Grenzen von 3 bzw. 6 Stunden bedeuten in der Praxis »weniger starke« bzw. »starke« Erwerbsminderung.

Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung

Wenn du (noch) mehr als 3 Stunden täglich arbeiten kannst, kommt für dich möglicherweise die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung infrage. Das ist der Fall, wenn du wegen einer Erkrankung oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit (d.h. mehr als 6 Monate) nicht mehr in der Lage bist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich zu arbeiten.


Wichtig Wenn du noch über 6 Stunden pro Tag irgendeine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben kannst, hast du in aller Regel keine Chance auf eine Erwerbsminderungsrente.

Ist eine Erwerbsminderung gleichzeitig eine Schwerbehinderung?

Um eine Erwerbsminderungsrente zu beantragen, musst du nicht als »schwerbehindert« anerkannt sein. Und es gilt auch: Wer als »erwerbsgemindert« anerkannt ist, ist damit noch nicht unbedingt als schwerbehindert anzusehen!


Wichtig Falls du allerdings so große gesundheitliche Einschränkungen hast, dass eine Schwerbehinderten-Anerkennung (mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50) wahrscheinlich ist, solltest du beim zuständigen Versorgungsamt einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung stellen. Das kann dann auch deine Chancen auf eine Erwerbsminderungsrente verbessern.

Wie hoch ist die Erwerbs­minderungs­rente?

Wie hoch deine Erwerbsminderungsrente zu einem bestimmten Stichtag ausfallen würde, steht in deiner Renteninformation. Diese erhältst du von der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn du 27 Jahre oder älter bist und mindestens 5 Jahre lang Beiträge in die Deutsche Rentenversicherung eingezahlt hast.

 

Die Werte in der Renteninformation beziehen sich immer auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist nur halb so hoch.


Tipp In diesem Beitrag erklären wir dir, was die Renteninformation und die Rentenmitteilung sind und was du tun kannst, wenn du (noch) nicht jedes Jahr eine Renteninformation bekommst.

Antrag auf Erwerbs­minderungs­rente stellen

Nur etwa die Hälfte der Anträge auf Erwerbsminderungsrente wird ohne Widerspruch und Klage bewilligt. Oft werden Anträge abgelehnt, weil der Gutachter der Meinung ist, dass noch gar keine Erwerbsminderung vorliegt.

 

Damit hat er allerdings nicht immer Recht... Oft waren die Antragsteller einfach nur unzureichend vorbereitet und haben in der Vorbereitung bzw. beim Antrag einen falschen Schwerpunkt gesetzt. Oder die eingereichten Unterlagen waren unvollständig. Mit unserer Checkliste vermeidest du fehlende Unterlagen.


Tipp Eine Erwerbsminderungsrente bekommst du nur auf Antrag. Beim Ausfüllen der Anträge helfen dir zum Beispiel die Auskunfts- und Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung oder die ehrenamtlich tätigen Versichertenberater und Versichertenältesten.

Die Adressen findest du über das kostenlose Servicetelefon der Rentenversicherung (Tel. 0800 1000 4800) oder unter: www.deutsche-rentenversicherung.de im Bereich »Beratung & Kontakt«.


In den Vordrucken wird unter anderem nach deinem letzten Arbeitsverhältnis, deiner Ausbildung, deinem beruflichen Werdegang, dem Krankheitsverlauf, ärztlicher Behandlung, Krankenhausaufenthalten, Rehabilitationen und einer Schwerbehinderung gefragt.

 

Wenn du schon ärztliche Atteste, Entlassungsberichte, Gutachten und Ähnliches hast, solltest du diese beim Rentenversicherungsträger vorlegen.

 

Auf eigene Kosten Atteste erstellen zu lassen, lohnt sich nicht. Denn im weiteren Verfahren wenden sich die sozialmedizinischen Gutachter sowieso an die von dir angegebenen behandelnden Ärzte und holen dort Stellungnahmen ein. Dazu ist es allerdings wichtig, der Rentenversicherung Namen und Adressen der Ärztinnen und Ärzte oder Krankenhäuser zu benennen, die dich bereits behandelt haben, und diese von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden.

 

Tipp Dazu bist du nicht verpflichtet. Lehnst du es allerdings ab, kann das dazu führen, dass dein Antrag auf Erwerbsminderungsrente abgelehnt wird.


Checkliste zum Rentenantrag

Diese Unterlagen solltest du zur Antragsbesprechung für deine EM-Rente mitbringen:

 
  • Personalausweis,
  • Krankenversicherungskarte,
  • Bankverbindung,
  • Rentenversicherungsnummer,
  • persönliche Steueridentifikationsnummer,
  • falls vorhanden: Geburtsurkunde eines Kindes,
  • letzte Rentenauskunft oder Renteninformation,
  • Unterlagen über Berufsausbildung/Fortbildungen,
  • chronologische Aufstellung der beruflichen Tätigkeiten,
  • Anschrift des letzten Arbeitgebers,
  • letzte Lohnabrechnung,
  • Auflistung der Gesundheitsstörungen,
  • Namen und Anschriften der behandelnden Ärztinnen oder Ärzte,
  • alle Angaben zu ärztlichen Untersuchungen durch öffentliche Stellen wie Krankenkasse, Agentur für Arbeit oder Berufsgenossenschaft,
  • Angaben zu Krankenhaus- und Reha-Aufenthalten der letzten Jahre,
  • falls vorhanden: weitere ärztliche / medizinische Unterlagen,
  • Vordruck R0210 (am besten schon ausgefüllt),
  • Vordruck R0215 (am besten schon ausgefüllt) und
  • falls vorhanden: Bescheid über Schwerbehinderung.

Hinzuverdienst bei der Erwerbs­minderungs­rente

Bei den gesetzlichen Renten bei Erwerbsminderung wurden die Hinzuverdienstgrenzen deutlich angehoben.

 

Bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung ist 2024 ein jährlicher Hinzuverdienst von 18.558,75 Euro anrechnungsfrei. Verdienst du mehr, wird der Mehrverdienst zu 40% an die Rente angerechnet. Du bekommst dann also die Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht mehr als Vollrente ausgezahlt, sondern dann als Teilrente.

 

Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist als Kombirente gedacht, also als Ergänzung zum Arbeitseinkommen. Darum ist die Hinzuverdienstgrenze hier deutlich höher: Beziehst du eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, darfst du 2024 mindestens 37.117,50 Euro hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Auch hier gilt: Überschreitet der Hinzuverdienst die jeweils geltende Hinzuverdienstgrenze, so wird der überschreitende Betrag zu 40% auf die Rente angerechnet.


Tipp Die Deutsche Rentenversicherung überprüft regelmäßig, ob die von Erwerbsminderungsrentnern ausgeübte Erwerbstätigkeit im Rahmen des der Bewilligung der Rente zugrunde liegenden Restleistungsvermögens erfolgt – also, wie viele Stunden der Rentenbezieher einer Erwerbstätigkeit nachgeht.


Wenn du eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehst, musst du damit rechnen, dass sich die Rentenversicherung für die tägliche Arbeitszeit in der ausgeübten Erwerbstätigkeit interessiert. Das gilt insbesondere dann, wenn du eine selbstständige Tätigkeit ausübst: Mitunter unterstellt die Rentenversicherung, dass für eine selbstständige Tätigkeit mindestens 3 Stunden täglich (oder eher mehr) aufgewandt werden müssen. Selbstständigkeit und volle Erwerbsminderungsrente schließen sich damit aus.

Erwerbs­minderungs­rente und Steuern

Seit 2005 werden alle Erwerbsminderungsrenten und Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich gleich behandelt. Erwerbsminderungsrenten werden deshalb wie Altersrenten in der Steuererklärung in der Anlage R eingetragen.


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Was ist die Arbeits­markt­rente?

In etlichen Fällen, in denen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt – also nur noch zwischen 3 und unter 6 Stunden am Tag gearbeitet werden kann –, können die Betroffenen keinen täglich von ihrer Wohnung aus erreichbaren Arbeitsplatz finden, der ihrer Restarbeitsfähigkeit entspricht. Sie sind dann arbeitslos, weil ein entsprechender Teilzeitarbeitsplatz nicht vorhanden ist.

 

In einem solchen Fall kannst du wegen des »verschlossenen« Teilzeitarbeitsmarktes eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bekommen, obwohl du aus medizinischen Gründen eigentlich nur teilweise erwerbsgemindert bist. Diese Rente heißt »Arbeitsmarktrente«.


Wichtig Ob der regionale Arbeitsmarkt auch für leichte Teilzeittätigkeiten verschlossen ist, wird von den Arbeitsagenturen geprüft.


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