Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG)
II. – Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren → R 4 – Zulässigkeitsvoraussetzungen
Abschnitt R 4.5.1 DA-KG – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
(1) 1Ist der Einspruchsführer unverschuldet daran gehindert, die Einspruchsfrist einzuhalten, ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO zu gewähren. 2Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. 3Die Monatsfrist beginnt nach Ablauf des Tages, an dem das Hindernis beseitigt ist, z. B. Urlaubsrückkehr. 4Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(2) 1Der Einspruchsführer muss darlegen, dass er ohne eigenes Verschulden daran gehindert war, die Rechtsbehelfsfrist einzuhalten. 2Schuldhaft handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig die gesetzliche Frist nicht einhält. 3Dabei ist die Sorgfalt maßgebend, die dem Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falls und seiner persönlichen Verhältnisse zugemutet werden kann. 4Der Einspruchsführer muss alles ihm Zumutbare unternehmen, um die Frist zu wahren. 5Der Einspruchsführer muss sich das Verschulden seines Vertreters zurechnen lassen. 6An die Sorgfaltspflicht des Vertreters sind erhöhte Anforderungen zu stellen.
(3) 1Krankheit kann eine Wiedereinsetzung rechtfertigen, wenn sie so schwer und unvermutet war, dass der Einspruchsführer außerstande war, das Schriftstück selbst oder durch einen Dritten einzureichen (BFH vom 17.9.1987, III R 235/84, BStBl 1988 II S. 249). 2Das Versäumen einer Frist ist nicht schuldhaft, wenn diese aufgrund einer fehlenden erforderlichen Begründung des Verwaltungsakts (§ 121 AO) oder aufgrund einer fehlenden erforderlichen Anhörung (§ 91 AO) versäumt wurde (vgl. § 126 Abs. 3 AO). 3Geht das Schriftstück, welches die Frist in Gang setzt, während einer höchstens sechs Wochen andauernden urlaubsbedingten Abwesenheit zu und wird aus diesem Grund die Frist versäumt, handelt der Einspruchsführer i. d. R. nicht schuldhaft. 4Wenn dem Einspruchsführer der Verwaltungsakt zu einem Zeitpunkt zugeht, zu dem er entweder noch vor oder nach Urlaubsantritt in der Lage ist, Einspruch einzulegen, handelt er schuldhaft. 5Ebenfalls gilt Arbeitsüberlastung grundsätzlich nicht als Entschuldigungsgrund (BFH vom 24.11.1970, II B 42/70, BStBl 1971 II S. 110). 6Befindet sich der Einspruchsführer im Irrtum über die Erfolgsaussichten seines Einspruchs und legt daher verspätet Einspruch ein, rechtfertigt dies eine Wiedereinsetzung nicht. 7Sprachschwierigkeiten von Ausländern entschuldigen eine Fristversäumnis nicht, wenn sie sich nicht rechtzeitig um eine Übersetzung bemüht haben (BFH vom 9.3.1976, VII R 102/75, BStBl II S. 440).
(4) 1Dem Einspruchsführer steht das Recht zu, die gesamte Frist auszunutzen. 2Allerdings muss er die gewöhnlichen Postlaufzeiten beachten. 3Schuldhaft handelt derjenige, der den Einspruch ohne Rücksicht auf Postlaufzeiten erst am letzten Tag der Frist zur Post gibt. 4Kann die Frist auf normalem Postweg nicht mehr gewahrt werden, muss der Zugang anderweitig, z. B. durch Telefax, elektronische Übermittlung oder Boten, sichergestellt werden, um die schuldhafte Fristversäumnis zu verhindern.
(5) 1Der jeweilige Hinderungsgrund ist glaubhaft zu machen. 2Der Einspruchsführer muss z. B. bei Erkrankung darlegen, in welcher Zeit er erkrankt war und wann er wieder in der Lage war, zur Fristwahrung etwas zu unternehmen. 3Außerdem sollte er ein ärztliches Attest vorlegen, aus dem sich ergibt, dass ihn die Krankheit an der Wahrung der Frist gehindert hat; Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit allgemein gehaltenen Diagnosen genügen i. d. R. nicht.
(6) Die Entscheidung über die Wiedereinsetzung ist unselbständiger Bestandteil der Entscheidung über den Einspruch und somit kein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt.