Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG)
II. – Kinder → A 15 – Volljährige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden
Abschnitt A 15.10 DA-KG – Beginn, Ende und Unterbrechung der Ausbildung
(1) 1Die Schulausbildung und die schulische Berufsausbildung beginnen mit dem offiziellen Beginn des Schuljahres. 2Sie enden mit Ablauf des Schuljahres (zur Ausnahme siehe Abs. 7). 3Für allgemeinbildende Schulen ist das Ende des Schuljahres in den meisten Ländern auf den 31.7. festgesetzt; Beginn des neuen Schuljahres ist danach der 1.8. 4Dies gilt regelmäßig auch für berufsbildende oder berufliche Schulen (Fach- und Berufsfachschulen). 5Kinder, die eine solche Schule besuchen, sind daher ohne Rücksicht darauf, ob sie die Abschlussprüfung (z. B. das Abitur) bereits zu einem früheren Zeitpunkt abgelegt haben, auch im letzten Jahr des Schulbesuchs bis zum Ende des Schuljahres zu berücksichtigen.
(2) 1Sofern das offizielle Ende des Schuljahres an Gymnasien wegen der Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe und der damit verbundenen Verlegung der Prüfungstermine oder aus sonstigen Gründen auf einen anderen Zeitpunkt festgelegt ist, endet das jeweilige Schuljahr zu dem abweichend festgelegten Termin. 2Das Gleiche gilt für Abweichungen des Schuljahres an berufsbildenden oder anderen Schulen von der Regel.
(3) 1Die Berufsausbildung endet, wenn das Kind einen Ausbildungsstand erreicht hat, der es zur Berufsausübung nach dem angestrebten Berufsziel befähigt, oder wenn einem Kind mit Behinderung eine seinen Fähigkeiten angemessene Beschäftigung möglich ist; A 15.1 ist zu beachten. 2Schließt die Berufsausbildung mit einer Prüfung ab, z. B. in Handwerksberufen mit der Gesellenprüfung, endet die Berufsausbildung mit Bestehen der Abschlussprüfung (zur Ausnahme siehe Abs. 1 und 7). 3Eine Abschlussprüfung gilt als in dem Zeitpunkt bestanden, in dem das festgestellte Gesamtergebnis dem Prüfling offiziell schriftlich mitgeteilt wird. 4Die Berufsausbildung ist bereits vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses beendet, wenn das Kind nach objektiven Maßstäben sein Ausbildungsziel erreicht hat, z. B. wenn das Kind nach Erbringung aller Prüfungsleistungen bereits eine Vollzeiterwerbstätigkeit im angestrebten Beruf aufnimmt (vgl. BFH vom 24.5.2000, VI R 143/99, BStBl II S. 473).
(4) 1Wird die vorgeschriebene Abschlussprüfung vor Ablauf der vertragsmäßigen Ausbildungszeit bestanden, endet das Ausbildungsverhältnis bereits mit Bestehen der Abschlussprüfung. 2Dies gilt grundsätzlich auch für Berufe, in denen die Ausübung von einer staatlichen Erlaubnis oder Anerkennung abhängig ist. 3In diesen Fällen kann ein Kind für den Kindergeldanspruch ungeachtet der vertragsmäßigen Ausbildungszeit nur bis zum Ablauf desjenigen Monats berücksichtigt werden, in dem es Kenntnis vom Bestehen der Abschlussprüfung erlangt hat.
(5) 1Wird die Abschlussprüfung nicht bestanden, so wird das Kind weiter für einen Beruf ausgebildet, wenn sich das Ausbildungsverhältnis auf sein Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung verlängert, es zur Prüfung erneut zugelassen wird und den erfolgreichen Prüfungsabschluss weiterhin ernsthaft verfolgt. 2Wird das Ausbildungsverhältnis lediglich mündlich verlängert, ist regelmäßig vom Fortbestehen des Ausbildungsverhältnisses auszugehen, weil die Wirksamkeit eines Berufsausbildungsvertrages nicht davon abhängig ist, dass der wesentliche Inhalt schriftlich niedergelegt ist. 3Der Vertrag kann formlos, also auch mündlich, abgeschlossen werden (BAG vom 22.2.1972, BAGE 24, 133).
4Wird das Ausbildungsverhältnis nicht verlängert und besucht das Kind nicht weiter die Berufsschule, so ist es zu berücksichtigen, wenn es sich ernsthaft auf die nächstmögliche Wiederholungsprüfung vorbereitet. 5Die ernsthafte Vorbereitung ist durch geeignete Nachweise zu belegen (z. B. die Anmeldung zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung). 6Nimmt das Kind an der erstmaligen Wiederholungsprüfung teil und besteht diese, ist i. d. R. zu unterstellen, dass sich das Kind ernsthaft und nachhaltig auf diese Prüfung vorbereitet hat (BFH vom 2.4.2009, III R 85/08, BStBl 2010 II S. 298).
(6) 1Endet das Berufsausbildungsverhältnis durch Insolvenz des Ausbildungsbetriebes, ist zu prüfen, ob die sich daran anschließenden Maßnahmen noch dem Grundtatbestand nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zugeordnet werden können. 2Davon kann ausgegangen werden, wenn die zuständigen Kammern das Kind ohne Nachweis eines anschließenden Ausbildungsverhältnisses zur Prüfung zulassen und es bis zur Abschlussprüfung die Berufsschule besucht. 3Trifft dies nicht zu, kommt eine Berücksichtigung unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. c EStG in Betracht.
(7) 1Wenn die Dauer der Berufsausbildung durch Rechtsvorschrift festgelegt ist, endet die Ausbildung nicht bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung, sondern erst mit Ablauf der Ausbildungszeit (BFH vom 14.9.2017, III R 19/16, BStBl 2018 II S. 131). 2Beispiele sind die Berufsausbildungen zum Gesundheits- und (Kinder-)Krankenpfleger nach dem KrPflG, zum Altenpfleger nach dem AltPflG sowie zur Hebamme und zum Entbindungspfleger nach dem HebG; in diesen Fällen dauert die Ausbildung grundsätzlich drei Jahre.
(8) 1Wird ein in Ausbildung stehendes Kind in Untersuchungs- oder Strafhaft genommen, tritt eine Unterbrechung der Ausbildung ein, es sei denn, eine Ausbildung wird während der Haft fortgesetzt. 2Eine Unterbrechung tritt auch dann nicht ein, wenn im Falle eines Freispruchs eine vor der Untersuchungshaft durchgeführte Ausbildung unmittelbar im Anschluss an die Untersuchungshaft fortgesetzt oder neu begonnen wird (BFH vom 18.1.2018, III R 16/17, BStBl II S. 402). 3Wird das Kind nicht freigesprochen oder erfüllt es im Anschluss an die Untersuchungshaft keinen Ausbildungstatbestand, entfällt ggf. rückwirkend der Anspruch auf Kindergeld (Änderung nach § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG, vgl. V 14).
(9) 1Die Hochschulausbildung beginnt mit offiziellem Beginn des Semesters. 2Sie beginnt hingegen nicht bereits mit der Bewerbung für dieses Studium, wenn zu diesem Zeitpunkt noch keine Ausbildungsmaßnahme durchgeführt wird. 3Sie endet regelmäßig mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. 4Das Prüfungsergebnis ist dem Kind bekanntgegeben, sobald es eine schriftliche Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss und die erzielten Abschlussnoten erhalten hat oder objektiv die Möglichkeit hat, eine solche schriftliche Bestätigung über ein Online-Portal der Hochschule erstellen zu können. 5Entscheidend ist, welches Ereignis früher eintritt (BFH vom 7.7.2021, III R 40/19, BStBl II S. 864). 6Ein Kind wird auch darüber hinaus für einen Beruf ausgebildet, wenn sich ein ergänzendes Studium oder ein nach der maßgebenden Ausbildungs- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenes Dienstverhältnis oder Praktikum anschließt.
(10) 1Für die Berücksichtigung von Prüfungszeiten ist es nicht erforderlich, dass das Kind weiterhin immatrikuliert ist. 2Muss eine Prüfung wiederholt werden, so ist - wie auch bei der Regelung nach dem BBiG - die erneute Vorbereitungszeit als Hochschulausbildung anzusehen. 3Das Kind muss sich jedoch nachweislich für den auf die nicht bestandene Prüfung folgenden Prüfungstermin, zu dem es erstmals wieder zur Prüfung zugelassen werden kann, gemeldet haben. 4Eine längere Vorbereitungszeit nach nicht bestandener Prüfung zählt nur dann zur Hochschulausbildung, wenn sich das Kind nachweislich auf Anraten der Prüfungskommission erst zu einem späteren als dem nächstfolgenden Prüfungstermin meldet.
(11) 1Wird das Studium abgebrochen, gilt die Ausbildung mit Ablauf des Monats als beendet, in dem die Abbruchentscheidung von dem Studierenden tatsächlich vollzogen wird, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem die Exmatrikulation erfolgt. 2Diese ist durch eine Exmatrikulationsbescheinigung nachzuweisen.
(12) Die Ausbildung zum Arzt endet mit dem Bestehen der Ärztlichen Prüfung, siehe Abs. 3 Satz 2 und 3. Für die anschließende Zeit bis zur Erteilung der Approbation kann das Kind nicht berücksichtigt werden.
(13) 1Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist bei Beginn und grundsätzlich am Ende der Ausbildung zu prüfen. 2Die Dauer der Schulausbildung eines volljährigen Kindes hat der Berechtigte durch Vorlage einer Schulbescheinigung nachzuweisen. 3Eine abschließende Prüfung des Zeitraums der Schulausbildung ist abweichend von O 2.10 Abs. 2 Satz 3 nur erforderlich, falls weder ein Studium noch eine Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf (vgl. A 15.6 Abs. 1 Satz 1) lückenlos anschließt. 4Ein Studium oder eine Ausbildung i. S. v. Satz 3 schließen lückenlos an, wenn das Kind nach Abschluss seiner Schulausbildung spätestens im Anschluss an eine Übergangszeit nach § 32 Abs. 4 Satz 2 Buchst. b EStG ein Studium oder eine Ausbildung i. S. v. Satz 3 aufnimmt. 5Für Studenten ist alle zwei Jahre eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen durchzuführen. 6Hierfür sind Studienbescheinigungen anzufordern, aus denen die Anzahl der geleisteten Fachsemester ersichtlich ist; Satz 3 und O 2.10 Abs. 2 und 3 sind zu beachten.