Das Finanzamt hat Ihren Einspruch ganz oder teilweise mit einer Einspruchsentscheidung abgelehnt. Wer jetzt zu seinem Recht kommen will, muss den nächsten Schritt gehen: Das ist die Klage vor dem Finanzgericht. Aber: Dieser Schritt will gut überlegt sein!
Vor einem Finanzgericht müssen Sie sich nicht zwangsläufig von einem Steuerberater oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen – Sie dürfen die Sache auch allein in Angriff nehmen. Allerdings gibt es viele Stolperfallen und Risiken, die man als Laie kaum überschauen kann. Deshalb empfehlen wir Ihnen, sich vor einer Klage auf jeden Fall den Rat eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts einzuholen. Die Kosten für eine solche Erstberatung sind überschaubar und Sie können dann die Erfolgschancen Ihrer Klage besser einschätzen.
Wer klagen will, braucht einen langen Atem. Ein Klageverfahren dauert durchschnittlich 18 Monate, manchmal auch deutlich länger.
Was kann das kosten?
Wer vor Gericht verliert, muss die Kosten des Verfahrens tragen. Um die Kosten zu ermitteln, müssen Sie drei Werte kennen:
- den Streitwert,
- die Gebühr abhängig vom Streitwert,
- den Gebührensatz.
Gebührentabelle (Auszug)
Achtung: Es gibt einen Mindeststreitwert von 1.500 Euro. Das bedeutet: Auch wenn Sie zum Beispiel nur um 300 Euro streiten, werden die Gerichtsgebühren auf der Basis des Mindeststreitwerts berechnet
Wie hoch die zu zahlende Gebühr ist, hängt davon ab, was das Gericht für Sie getan hat: für verschiedenen Tätigkeiten gibt es unterschiedliche Gebührensätze. Diese ergeben sich aus dem Kostenverzeichnis.
Beispiel: Sie streiten mit dem Finanzamt um 5.000 Euro (= Streitwert). Die Gebühr bei diesem Streitwert beträgt 146 Euro. Wenn das Finanzgericht durch Urteil entscheidet, betragen die Gerichtsgebühren 584 Euro (= 146 Euro × 4,0). Wenn Sie die Klage zurücknehmen, betragen die Gebühren 292 Euro (=146 Euro × 2,0).
Dazu kommen jeweils noch die Auslagen. Das sind vor allem Schreib-, Fax-, Postgebühren, Entschädigungen für Zeugen und Sachverständige, die Vergütung der Reisekosten und Auslagenersatz für Gerichtspersonen. Hier stellt das Finanzgericht meistens die tatsächlich entstandenen Kosten in Rechnung.
Tipp: Haben Sie eine Rechtsschutzversicherung? Dann prüfen Sie zunächst, ob diese auch die Kosten eines Finanzgerichtsprozesses abdeckt. Wenn ja, können Sie zu einem Steuerberater oder Rechtsanwalt Ihres Vertrauens gehen, der dann für Sie weiterkämpft. Egal, wie die Sache ausgeht, die Rechtsschutzversicherung zahlt – bis auf eine eventuelle Selbstbeteiligung, die Sie selbst tragen müssen.
Ihre Klage: Das müsse Sie schreiben
Der Kläger – das sind Sie: Nur der, der Einspruch eingelegt hat, kann auch klagen. Geben Sie in Ihrer Klageschrift also Ihren Namen und die Anschrift an. Zusammen veranlagte Ehegatten haben in der Regel gemeinsam Einspruch eingelegt und werden jetzt auch gemeinsam klagen.
Beklagter ist die Behörde, die die Einspruchsentscheidung oder den ablehnenden Bescheid erlassen hat. Das ist in den meisten Fällen Ihr Finanzamt. Schauen Sie sich einfach den Absender auf der Einspruchsentscheidung oder dem Bescheid an, dort finden Sie den richtigen Beklagten. Die Klageschrift müssen Sie übrigens immer an das zuständige Finanzgericht adressieren - auch wenn Sie sie direkt in den Briefkasten werfen und nicht per Post schicken.
In der Klageschrift muss außerdem stehen, um welche Steuerart welchen Jahres es geht, wann der Bescheid ergangen ist und wann die Einspruchsentscheidung gefällt wurde. Geben Sie also zum Beispiel an: "Einkommensteuerbescheid 2013 vom 1.4.2014 und Einspruchsentscheidung vom 8.12.2014".
Das Finanzgericht muss von Anfang an wissen, was Sie wollen. Sie wollen zum Beispiel, dass die Werbungskosten, die Sonderausgaben, die außergewöhnlichen Belastungen oder die höher angesetzt, der Freibetrag für ... berücksichtigt, die Einnahmen niedriger angesetzt oder das Kindergeld für ... ausgezahlt werden. Das ist das Klagebegehren. Hier sagen Sie deutlich, was Sie möchten.
Diese Punkte muss Ihre Klageschrift beinhalten. Später reichen Sie dann noch den ausformulierten Klageantrag und die Klagebegründung nach.
- Den Klageantrag sollten Sie so klar wie möglich formulieren. Denn: Was Sie nicht beantragen, darüber kann das Gericht nicht entscheiden.
- In der Klagebegründung sagen Sie dem Finanzgericht, was an der Einspruchsentscheidung des Finanzamts Ihrer Meinung nach nicht stimmt.
Ganz wichtig: Unterschrift nicht vergessen! Mit der Unterschrift erklären Sie sich verantwortlich für die Klageschrift und dass Sie es sind, der tatsächlich Klage erheben will und es kein Versehen ist, dass die Klage beim Finanzgericht landet. Ohne Unterschrift ist Ihre Klage unzulässig. Die Klage von zusammen veranlagten Ehegatten muss von beiden unterschrieben werden. Achten Sie darauf, dass die Unterschrift möglichst lesbar ist oder zumindest einzelne Buchstaben erkennbar sind.
Die Klageschrift drucken Sie zweimal aus oder Sie machen eine Kopie und schicken beide Exemplare an das Finanzgericht. Außerdem sollten Sie dem Gericht eine Kopie Ihres Steuerbescheids und der Einspruchsentscheidung, gegen die Sie klagen, zukommen lassen.
Klagefrist: So viel Zeit haben Sie
In den meisten Fällen werden Sie die Einspruchsentscheidung, gegen die Sie sich mit Ihrer Klage wenden, mit einem einfachen Brief per Post erhalten haben. Für die Berechnung der Klagefrist müssen Sie dann wissen: Die Einspruchsentscheidung gilt am dritten Tag, nachdem das Finanzamt den Brief zur Post gegeben hat, als bekannt gegeben (Dreitagesfrist) – auch dann, wenn der Brief schon früher bei Ihnen eintrifft. Haben Sie die Einspruchsentscheidung nicht innerhalb der Dreitagesfrist, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt erhalten, ist der Tag der Bekanntgabe der Tag, an dem Ihnen die Einspruchsentscheidung zugestellt wird. Fällt der letzte Tag der Dreitagesfrist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, gilt die Einspruchsentscheidung erst am darauffolgenden Werktag als bekannt gegeben.
Die Klagefrist selbst beginnt dann am darauffolgenden Tag.
Tipp: Als Postaufgabedatum gilt eigentlich das Datum des Poststempels. Das suchen Sie auf den amtlichen Briefen aber mittlerweile vergeblich. Orientieren Sie sich deshalb am Datum der Einspruchsentscheidung.
Wird die Einspruchsentscheidung ausnahmsweise förmlich (z.B. mit Postzustellungsurkunde) zugestellt, ist der Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung. Die Klagefrist beginnt auch in diesem Fall am darauffolgenden Tag.
Sie wissen jetzt, wann die Frist beginnt – aber wie lange haben Sie ab Fristbeginn Zeit, um Ihre Klage einzureichen? Die Antwort lautet: einen Monat (das ist übrigens nicht das gleiche wie "vier Wochen"!). Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, läuft die Frist erst mit Ende des darauffolgenden Werktags ab.
Ihre Klage muss am letzten Tag der Frist – spätestens bis 24:00 Uhr – eingegangen sein. Es reicht also nicht, wenn Sie Ihre Klage nur innerhalb der Klagefrist abschicken.